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Hinrichtung in Missouri
Sie will ihrem Vater auf dem Weg in den Tod beistehen

Der Todeskandidat wird auf eine Liege geschnallt, wo ihm so lange Gift in seine Adern gepumpt wird, bis er tot ist: Hier werden Häftlinge im Bundesstaat Texas mit Giftspritzen hingerichtet. 
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An diesem Dienstag soll sein Leben enden, sie wäre gerne dabei. Er sei der wichtigste Mensch in ihrem Leben, sagt Khorry Ramey. «Wenn mein Vater im Spital im Sterben läge», erklärte sie dem Gericht, «würde ich an seinem Bett sitzen, seine Hand halten und bis zu seinem Tod für ihn beten – sowohl als Unterstützung für ihn als auch als Unterstützung für mich, als notwendiger Teil meines Trauerprozesses und für meinen Seelenfrieden.» Aber ihr Vater sitzt im Todestrakt.

Am 5. Juli 2005 erschoss Kevin Johnson in Kirkwood bei St. Louis den Polizisten William McEntee (43) und wurde später zum Tode verurteilt. Seine Tochter war damals zwei und ist heute 19, so alt wie er bei seinem Mord. Für den 29. November 2022 ist nun die Vollstreckung angesetzt, sofern der Termin nicht wenigstens verschoben wird. In der Haftanstalt Bonne Terre würde der 37-jährige Todeskandidat auf eine Liege geschnallt, wo ihm so lange Gift in seine Adern gepumpt würde, bis Kevin Johnson tot wäre.

Zuschauer bei Exekutionen erst ab 21

Der Oberste Gerichtshof von Missouri erteilte am 24. August in einem einseitigen Formular mit zwei Unterschriften den Hinrichtungsbefehl. Seine Tochter stellte danach einen Antrag, als Zeugin seine letzten Atemzüge begleiten zu dürfen, was die Gefängnisverwaltung des Bundesstaates verbietet. Die Behörde verweist auf einen Paragrafen, der Zuschauer bei Exekutionen erst ab 21 zulässt. Corionsa, kurz Khorry, Ramey erhob Einspruch und klagte gegen Missouris Gouverneur Michael L. Parson, einen Republikaner.

Seit sie denken kann, hat sie ihren Vater nur im Gefängnis getroffen. Und mit vier musste sie erleben, wie ihre Mutter von einem früheren Freund ermordet wurde. Kürzlich hat sie ihr erstes Kind bekommen, Johnson ist nun Grossvater. «Ich habe einen Sohn, der seinen Papa braucht, und ich bin eine Tochter, die ihren Papa braucht», wird sie von einem US-Fernsehsender zitiert, ein Foto zeigt die drei gemeinsam.

Todeskandidat Kevin Johnson (37) mit Tochter und Enkel.

Ihr Fall ist besonders tragisch, aber wieder geht es auch grundsätzlich um die barbarischste aller Strafen, den gerichtlich angeordneten Tod.

16 Menschen starben 2022 bisher im staatlichen Auftrag in den USA, wenn man die Statistik des Death Penalty Information Center zugrunde legt. Es waren Gefangene im Alter von 36 bis 78 Jahren, sie hatten zwischen 14 und 40 Jahren in Todeszellen hinter sich, alle verurteilt wegen Mordes. Sie wurden mit Lethal Injections umgebracht, mit Giftspritzen. Dabei kommen bis zu drei Medikamente zum Einsatz. Das erste soll sedieren, das zweite lähmen, das dritte das Herz zum Stillstand bringen. Es sind Mittel wie Midazolam oder Pentobarbital, je nach Ort.

Die zuletzt Getöteten waren laut Death Penalty Information Center die Nummern 1541 bis 1556 auf der Todesliste seit 1976. Fünf dieser Exekutionen ereigneten sich in Texas und Oklahoma, drei in Arizona, zwei in Alabama und eine in Missouri. Vier weitere stehen bis zum Jahreswechsel noch an, auch in Missouri, wo Kevin Johnson gut 17 Jahre nach seiner Tat seiner Hinrichtung entgegensieht.

Weltweit lassen 55 Länder Häftlinge töten

Für 2023 sind 28 Hinrichtungen vorgesehen, elf in Oklahoma, acht in Ohio, sieben in Texas und zwei in Missouri. Zwei für diesen Dezember geplante Tötungen wurden ausgesetzt. «Ich prüfe jeden Fall der Todesstrafe und halte sie für eine angemessene Strafe für abscheuliche Verbrechen», so Bill Lee, der republikanische Gouverneur von Tennessee, wo Todestermine aufgeschoben wurden. «Die Todesstrafe ist jedoch eine äusserst ernste Angelegenheit, und ich erwarte von der Strafvollzugsbehörde von Tennessee, dass sie keinen Zweifel daran lässt, dass die Verfahren korrekt eingehalten werden.»

2414 Gefangene sassen am 1. April 2022 in amerikanischen Todestrakten, darunter 42 Prozent Schwarze, 41 Prozent Weisse und 14 Prozent Latinos. Die meisten von ihnen sind in Kalifornien inhaftiert, dort allerdings gilt wie in Oregon und Pennsylvania ein Moratorium. In 24 Bundesstaaten wird die Todesstrafe im Prinzip angewendet, 23 Bundesstaaten und der Hauptstadtbezirk D.C. haben sie abgeschafft. Weltweit lassen noch 55 Länder Häftlinge töten.

Viele Amerikaner lehnen den gerichtlich verordneten Tod ab. Der vormalige Präsident Donald Trump fände es dagegen gut, wenn mit Drogenhändlern wie in China kurzer Prozess gemacht würde. Dem weissen Attentäter der Schule von Portland in Florida, der vor vier Jahren 17 Menschen erschoss, wurde die Todesstrafe vor kurzem erspart. Der schwarze Mörder Kevin Johnson muss nach seinem Todesurteil bis zuletzt auf Gnade hoffen.

Anwälte zweifeln zwar nicht an seiner Schuld, aber vermuten auch Rassismus als Motiv des Todesurteils.

«Er war ein 19-jähriger Junge, der einen schrecklichen Fehler gemacht hat, und er ist definitiv reumütig, und er verdient es zu leben», sagt Michelle Smith, die Sprecherin von Missourians for Alternatives to the Death Penalty. Auf deren Website steht: «Der Staat Missouri wird Kevin Johnson ermorden», darunter werden die Tage, Stunden, Minuten und Sekunden zurückgezählt und Unterschriften für ein weiteres Gesuch gesammelt.

Anwälte zweifeln zwar nicht an seiner Schuld, aber vermuten auch Rassismus als Motiv des Todesurteils. Seine 19-jährige Tochter fleht den Gouverneur von Missouri an und wollte ihrem Vater nun auf dem Weg in den Tod zumindest beistehen. Sie hatte ihn über all die Jahre besucht, angerufen, ihm geschrieben. Sie hätten trotz seiner Inhaftierung in 17 Jahren ein enges Verhältnis entwickelt, argumentiert die American Civil Liberties Union. «Frau Ramey hat ein bleibendes Interesse daran, die Hinrichtung ihres Vaters mitzuerleben.» Das Landesgesetz, wonach sie zu jung dafür sei, verstosse gegen die Verfassung.

Doch die Klage wurde abgewiesen. «Es bricht mir das Herz, dass ich in seinen letzten Momenten nicht bei meinem Dad sein kann», sagt Khorry Ramey. Das Herz ihres Vaters soll ohne sie aufhören zu schlagen.