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Hürdenlauf-Trainerin Claudine Müller
Sie ist die starke Frau hinter Europas Nummer 1

Mehrkämpferin ist sie geblieben: Als Trainerin fördert Claudine Müller Athleten, als Sportwissenschaftlerin koordiniert sie Studiengänge, und als Mutter zieht sie zwei Kinder auf.  

Sie möchte eigentlich lieber nicht. So ist Claudine Müller. Ihr ist es viel wohler im Hintergrund. Vor gut zehn Jahren war sie selber noch Leichtathletin, zweimal Schweizer Meisterin, heute bewegt sich die 43-jährige Baslerin aber auf höchstem Niveau: Sie ist die Trainerin eines Weltklasse-Athleten. Auf ihn soll das Licht fallen, er soll im Mittelpunkt stehen, um ihn sollen sich die Geschichten drehen. Aber natürlich: Die einstige Siebenkämpferin kann nicht abstreiten, dass sie ein entscheidender Teil der Geschichte von Jason Joseph ist. Der momentan schnellste Hürdensprinter Europas sagt: «Sie ist das A und O meines Erfolges, kaum jemand kennt mich so gut wie sie.»

Claudine Müller ist auf dem Weg ins Training auf der Basler Schützenmatte, es ist die Woche nach Josephs Exploit am Diamond-League-Meeting in Florenz – und wenige Tage vor seinem nächsten Start am Freitag in Paris. Er soll sich jetzt nicht übertun, am Montag eine lockere Einheit, am Dienstag ein wenig Kraft, am Mittwoch über die Hürden. «Und dann hat es sich schon», sagt sie. In 13,10 Sekunden hat der 24-Jährige in Italien seinen Schweizer Rekord verbessert und wurde unter den Stärksten der Welt Zweiter. Beide fühlten danach dasselbe. Es waren eine grosse Erleichterung und die Dankbarkeit, dass über 110 Meter endlich geklappt hat, worin sich Trainerin und Athlet schon immer sicher waren: dass Joseph auch mit den Top-Hürdensprintern mithalten kann.

Live im Stadion hat sie diesen Flug über die Hindernisse nicht miterlebt. Sie sagt: «Das ist für mich nicht einfach, da gibt es noch viele andere Verpflichtungen. Doch Jason weiss selber, was er an einem Meeting zu tun hat, das kann er allein sehr gut, auch wenn es anders optimaler wäre.» 

Den kleinen Sohn auf dem Arm, die Tochter im Schulalter daneben auf der Tribüne – so kennt und erkennt man die Trainerin Müller.

Claudine Müller ist eine Organisationskünstlerin und bewegt sich in mehreren Welten. Als Sportwissenschaftlerin ist sie zu 40 Prozent an der Uni Basel angestellt und verantwortlich für die Studienkoordination. Ihr «Trainerjob», wie sie als Berufstrainerin die Stelle am Nationalen Leistungszentrum Nordwestschweiz bezeichnet, beträgt auf dem Papier 50 Prozent, «in der Praxis ist es effektiv mehr».

Und dann sind da, last, but not least, noch ihre zwei Kinder, die schon viel von der Leichtathletik-Schweiz gesehen haben. Den kleinen Sohn auf dem Arm, die Tochter im Schulalter auf der Tribüne daneben – so kennt und erkennt man die Trainerin Müller, so beobachtet sie ihre Athletinnen und Athleten auf dem Wettkampfplatz.

Schon als Studentin (und auch als Sportlerin) hat sie gewusst, dass sie dereinst nicht vollamtlich einem Bürojob nachgehen will. «Es war damals ein nahtloser Übergang. Noch während meiner Aktivzeit als Leichtathletin habe ich erste Trainings geleitet. Beides hat mir Spass gemacht, ich habe mich immer sehr wohlgefühlt auf den Sportplätzen.» Was die Hürdentechnik betrifft, ist sie heute die ausgewiesene und gefragte Fachfrau in der Schweiz – obwohl sie selber zu den Hindernissen einst ein zwiespältiges Verhältnis hatte.

«Die Hürden gehörten in den Anfängen nicht zu meinen Vorlieben. Aber irgendwie entwickelte ich mich in dieser Disziplin mit den Jahren, und sie wurde neben dem Weitsprung zu meiner besten», sagt sie. Apropos Besten: Seit Herbst absolviert auch Ditaji Kambundji, die EM-Bronzegewinnerin, ihre Hürdentrainings in Basel. An der WM im vergangenen Jahr in Eugene (Oregon) war sie in 12,70 Sekunden persönliche Bestzeit gelaufen und nur wenig über dem Schweizer Rekord (12,61) geblieben. Den nächsten Schritt verspricht sich die 21-jährige Bernerin in der Obhut Müllers.

Das Missverhältnis schnellstens beheben

Und diese hat vor allem im vergangenen Jahr neue Erfahrungen gesammelt. Joseph, der als Nachwuchsathlet U-20- und U-23-Europameister geworden war und dessen Stärke schon damals in der Technik lag, wollte sich vorübergehend einer US-Sprintgruppe anschliessen, organisiert von seinem Ausrüster. «Er fragte mich, ob ich damit einverstanden sei. Ich sagte ihm, er solle nur gehen», erzählt sie. Sie blieben stets in enger Verbindung, sie dokumentierte, was und wie er trainierte, «damit ich Rückschlüsse ziehen konnte, was funktioniert». 

Es funktionierte einiges: Joseph wurde schneller, und er wurde physisch stärker. Es klappte dennoch nicht alles. Die Olympischen Spiele in Tokio gerieten zur grossen Enttäuschung, nicht anders die EM im letzten Sommer in München. «Er hat zwar tolle Fortschritte in der Schnelligkeit gemacht, entstanden ist aber ein Missverhältnis zur Technik, die in den USA nicht Vorrang hat», sagt Claudine Müller. Seit einem Jahr nun haben die beiden intensiv daran gearbeitet, diese Komponenten zusammenzubringen.     

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Es ist ihnen gelungen. Das hat sich bereits in der Hallensaison mit einer Bestmarke nach der anderen und dem EM-Titel gezeigt. Das Rennen von Florenz nun hat sie nur grob mit ihm analysiert: Start gut (für seine Verhältnisse), Mittelteil gut, dann leider zwei Hürden touchiert. Ausgerechnet im letzten Abschnitt, der zu seinen Stärken gehört. Und dennoch Schweizer Rekord. Sie sagt: «Es sind 13 Sekunden. Er muss auf den Punkt bereit sein, darf sich nicht ablenken lassen. Man hat nicht viel Zeit, um alles richtig zu machen.»

Das Ziel ist für beide klar: unter 13 Sekunden laufen. «Das hat er in den Beinen», sagt sie bestimmt. Claudine Müller muss weiter. Die Mehrkämpfer warten, auch für sie schreibt sie die Trainingspläne.