Nach dem Sturm von Trump-AnhängernSchweizer Politiker entsetzt – und doch nicht einig
Politiker von links bis rechts verurteilen die Tumulte in Washington. Zerstritten sind sie allerdings bei der Frage, wie der Bundesrat reagieren soll. Nun hat Guy Parmelin gehandelt.
Nach dem gewaltsamen Sturm von Trump-Anhängern auf das Capitol folgt ein Sturm der Entrüstung – auch in der Schweiz. Nationalrätin Tiana Angelina Moser (GLP) zeigt sich «schwer betroffen»: «Die Fragilität der Institutionen wird uns mit den Bildern aus Washington in aller Deutlichkeit vor Augen geführt», sagt die Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission. Deutliche Worte findet auch ihr Pendant im Ständerat, Damian Müller (FDP): «Die Vorkommnisse in den USA verurteile ich zutiefst.» Auch andere Aussenpolitiker geizen nicht mit deutlichen Worten.
Von einem «Angriff auf die Demokratie» als Folge von Trumps «Hetze gegen die Institutionen» spricht Mitte-Präsident Gerhard Pfister. Es sei zynisch, dass Trump dazu aufgerufen habe, Recht und Ordnung zu beachten, obschon er selber die Verfassung und Volksentscheide nicht respektiere. Roger Köppel (SVP) redet in seinem «Weltwoche daily»-Video «von fürchterlichen Zuständen» und «Grenzüberschreitungen der inakzeptablen Art». Erstaunt zeigt sich der Nationalrat über die «Schwäche und Unvorbereitetheit» der amerikanischen Behörden. Das tut auch Christa Markwalder: «Unverständlich ist für mich, dass die Polizei sich derart überrumpeln lassen konnte», sagt die FDP-Nationalrätin, welche die Parlamentariergruppe Schweiz-USA präsidiert.
So sehr in der Beurteilung der Causa Einigkeit herrscht: Bei der Frage, wie die offizielle Schweiz darauf reagieren soll, gehen die Meinungen auseinander. «Eine Verurteilung der Vorgänge durch den Bundesrat müsste eine Selbstverständlichkeit sein», sagt Mitte-Präsident Pfister. Gerade wenn man berücksichtige, wozu der Bundesrat bei Geschehnissen im Ausland sonst jeweils Stellung nehme.
Zurückhaltender ist Tiana Moser. Sie spricht bloss davon, dass ihr eine «Stellungnahme» des Bundesrats angemessen erscheine. FDP-Ständerat Müller warnt vor schnell abgefeuerten Erklärungen, wie sie hochrangige Politiker aus anderen Ländern via Twitter bereits verbreitet haben. «Der Bundesrat sollte mit der Angelegenheit behutsam umgehen.» Seine Beurteilung solle er auf dem offiziellen Botschafterweg überbringen.
Bundesrat reagiert
Gar keine Reaktion zeigen soll der Bundesrat, wenn es nach Köppel geht. Der Bundesrat müsse sich, wie es in der Verfassung stehe, neutral verhalten – «und damit still», sagt der SVP-Politiker. «Die Schweizer Regierung hat sich in die inneren Angelegenheiten der Vereinigten Staaten nicht einzumischen.» Auch Martin Naville, CEO der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer, mahnt zur Zurückhaltung: «Es ist nichts passiert, was die Position der Schweiz in der Welt beeinflusst.»
Sosehr Köppel den Sturm aufs Capitol verurteilt: Die «gigantische Empörung» der Linken und Journalisten, die nun abermals gegen Trump aufbrande, sei heuchlerisch. Während des letzten Sommers hätten Linksradikale im Namen des Antirassismuskampfs der demokratischen Parteispitze US-Städte verwüstet – Taten, die von demokratischen Politikern und einem Teil der Medien systematisch verharmlost worden seien.
Schweigen, wie es Köppel verlangt, will der Bundesrat aber nicht. Bundespräsident Guy Parmelin, Köppels Parteikollege, hat sich heute Morgen via Twitter bereits öffentlich geäussert: Der Bundesrat sei entsetzt über die Ereignisse. Die Landesregierung zeigt sich aber zuversichtlich, dass die amerikanischen Institutionen stark seien und ein friedlicher Übergang zur neuen Regierung erfolgen könne. «Die amerikanische Demokratie ist ein kostbares Gut für unser Land und unsere Mitbürger, weil wir ihre Werte teilen.»
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