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US-Handelsstreit mit China
Schweizer Drohnen-Entwickler erorbern die USA

Der gebürtige Schweizer Romeo Durscher arbeitete zuerst für die chinesische Konkurrenz, bevor er zur Schweizer Drohnen-Firma Auterion wechselte.
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Der chinesische Konzern DJI hat im amerikanischen und europäischen Drohnenmarkt eine dominante Stellung aufgebaut. Der Rückstand der Konkurrenten ist gross. Doch das über lange Zeit aufgebaute Ungleichgewicht beginnt zu kippen. Der Handelsstreit zwischen den USA und China, wachsende Sorgen um die Datenspionage sowie Menschenrechtsverstösse in China bedrohen die Spitzenposition von DJI und eröffnen jüngeren Firmen im Westen neue Absatzmöglichkeiten.

Als Gewinnerin der verschärften US-Handelspolitik sieht sich auch Auterion, eine Schweizer Firma mit Standorten in Zürich und Los Angeles, die aus einem Studentenprojekt entstanden ist und rund 65 Mitarbeiter beschäftigt. «Wir bekommen zunehmend Anfragen von Grossunternehmen und mittelständischen Firmen in den USA, die teils noch engere Grenzen als die Regierung gesteckt haben», erklärt Auterion-Gründer und Geschäftsführer Lorenz Meier. «Sie haben nicht nur die Drohnen von DJI aus ihrer Flotte verbannt, sondern gleich alle Komponenten aus China abbestellt.»

Hintertür zum Datenklau offen

Die US-Regierung hat in den letzten Monaten in einer Serie von boykottähnlichen Entscheiden versucht, DJI aufs Abstellgleis zu schieben. Zwei Gründe stünden hinter dieser Politik, sagt Romeo Durscher, ein gebürtiger Schweizer aus Domat/Ems, der zunächst für die Nasa arbeitete, dann ab 2014 für den chinesischen Hersteller, bevor er zu Beginn dieses Jahres zu Auterion wechselte.

Der Handelsstreit zwischen den USA und China sowie tiefe Missverständnisse zwischen der DJI-Zentrale in China und dem Forschungsteam in den USA hätten die Lage unhaltbar gemacht, sagt er. «DJI glaubte, dass was in China möglich und zulässig ist, auch in den USA toleriert würde.»

«Eine chinesische Firma muss dem Staat von Gesetzes wegen Daten ausliefern.»

Romeo Durscher, Auterion-Mitarbeiter

Vor allem das Misstrauen der Amerikaner gegenüber der Sicherheit der Daten habe nie beseitigt werden können. «Eine chinesische Firma muss dem Staat von Gesetzes wegen Daten ausliefern. Dem versuchten wir in den USA entgegenzuwirken, indem wir die DJI-Daten auf Servern von Amazon abspeicherten, um sie dem Zugriff in China zu entziehen. Aber das funktionierte eben nur, wenn die Kunden die Daten aktiv über die Cloud an Amazon-Server übertragen hatten.» Doch der Kunde hat die Wahl, die Daten zu übertragen. Damit bleiben Hintertüren offen, die von Regierungen ausgenützt werden können.

In den letzten Monaten kam es zusätzlich zu einem Exodus bei DJI in den USA. Dutzende von Ingenieuren wechselten zu Konkurrenten, weil sie vermuteten, dass sich DJI künftig auf Märkte mit weniger virulenten Sicherheitsbedenken konzentrieren dürfte – Brasilien zum Beispiel, oder Südostasien. Und der amerikanische Markt damit weniger interessant würde.

Zu den personellen Abgängen erklärte DJI-Gründer Frank Wang der Nachrichtenagentur Reuters, die Wechsel seien wegen «veränderter Bedürfnisse» nötig geworden. «Trotz irreführender Behauptungen von Konkurrenten wissen unsere Kunden, dass unsere Drohnen eine starke Datensicherheit haben.» Ein völliger Rückzug aus dem US-Markt stehe nicht zur Diskussion.

Risse in chinesischer Dominanz

Von heute auf morgen wird der Drohnenmarkt in den USA aber nicht auf den Kopf gestellt. Denn noch werden 75 bis 80 Prozent der kommerziellen Drohnen für Unternehmen und Regierungen von DJI produziert; im Hobbymarkt sind es gar 90 Prozent. Diese Dominanz sei lange unterschätzt worden, sagt Durscher, und habe das Entstehen einer ernsthaften Konkurrenz in den USA und Europa gebremst.

Erst die amerikanische Industriepolitik der letzten Jahre habe die Ausgangslage verändert, führt Auterion-Chef Meier aus. US-Hersteller seien zunehmend in der Lage, in die Bresche zu springen, während Europa in der Entwicklung autonomer Maschinen weit zurückliegt, wie ein Bericht des European Center for Digital Competitiveness zeigt.

«Die Kunden haben gemerkt, dass es nicht mehr um die Drohne selber geht, sondern um die lückenlose Erfassung und Bearbeitung der erfassten Daten.»

Lorenz Meier, Auterion-Gründer und Geschäftsführer

Für Auterion ergibt sich eine Chance, als Anbieterin von Drohnensoftware und eines von DJI unabhängigen Flightcontrolers eine Marktlücke zu füllen. Ähnlich wie Apple hat DJI ein geschlossenes Betriebssystem aufgebaut, das gemäss Meier hervorragend, jedoch zu wenig flexibel ist. «Die Kunden haben gemerkt, dass es nicht mehr um die Drohne selber geht, sondern um die lückenlose Erfassung und Bearbeitung der erfassten Daten, und das unabhängig vom Hersteller der Geräte.» Auterion arbeitete von Anfang an mit Open-Source-Standards, ähnlich wie Android für Smartphones.

«Neben der Sicherheit spielen das Vertrauen in die Qualität und Lieferzusagen eine grosse Rolle», sagt Meier. Gerade für Feuerwehren, Polizei und Rettungskräfte sei das ein immenser Vorteil bei Katastropheneinsätzen, so Durscher. «Sie müssen sich nicht um technische Unterschiede verschiedener Drohnen kümmern und können sich auf die Auswertung von standardisierten Drohnen, von verschiedenen Anbietern, und Datensätzen konzentrieren.»

Drohnen spielen eine wichtige Rolle bei Einsätzen der Feuerwehr. 

Imageschaden zu gross

In der US-Regierung hat der Bann gegen DJI einige Unruhe ausgelöst. So lehnten sich das Landwirtschaftsministerium und das Budget-Office gegen die harten Handelssanktionen auf, weil dies ihre Aufgabe behindere. Drohnen seien für die Aussaat und die Ernten in der Landwirtschaft unentbehrlich geworden, ebenso könnten die von Feuern bedrohten Waldbestände oder elektrische Anlagen nur mit autonomen Drohnen von DJI überwacht werden, machten sie erfolglos geltend. Das Innenministerium setzte inzwischen sämtliche DJI-Drohnen ausser Betrieb, und Bundesstaaten und Gemeinden folgen nach.

Von der Regierung Biden ist auf absehbare Zeit kein Nachgeben zu erwarten. Das hat nicht nur mit den Sicherheitsbedenken zu tun, sondern mehr noch mit den Einsätzen von DJI-Drohnen in China gegen Minderheiten. Paramilitärische Polizeikräfte führten letzten Sommer Hunderte von gefesselten Uiguren, eine muslimische Minderheit, von einem Transportzug in ein Gefangenenlager, überwacht von DJI-Drohnen im Auftrag der Regierung. Solche Verstösse gegen die Menschenrechte, so Durscher, dürften DJI schaden. «Selbst wenn der Bann in den USA gelockert würde, ist der Imageverlust zu gross.»