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Urteil des EMGR in Strassburg
Schweiz verwehrt Flüchtlingen zu Unrecht Familiennachzug

Der Europäische Gerichtshof in Strassburg hat vier vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen Recht gegeben.
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Die Schweiz hat mit dem nicht gewährten Familiennachzug bei vier vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen das Recht auf Achtung des Familienlebens verletzt. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in den am Dienstag veröffentlichten Urteilen entschieden.

Der Familiennachzug bei vorläufig Aufgenommenen wird unter anderem an die Bedingung geknüpft, dass eine Person nicht von der Sozialhilfe abhängig ist. Es besteht zudem eine Wartefrist von drei Jahren, während Personen mit Asylstatus ihre Familie sofort nachziehen können.

Die vorläufig Aufgenommenen im vorliegenden Fall rügten vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dass die Abweisung ihrer Gesuche um Familiennachzug ihr Recht auf Familienleben verletze.

Der EGMR in Strassburg ist in den am Dienstag veröffentlichten Entscheiden zum Schluss gelangt, dass das Kriterium der Sozialhilfeabhängigkeit als eines von mehreren in einer Gesamtsicht zu würdigen sei. Es müsse ein sorgfältige Interessenabwägung im Einzelfall gemacht werden.

Ablehnung trotz Vollzeitjob

So wurde in einem Fall das Gesuch abgelehnt, obwohl die aus China stammende Person mit tibetischer Herkunft Vollzeit in der Pflege arbeitet. Die Behörden und anschliessend das Bundesverwaltungsgericht begründeten ihren negativen Entscheid damit, dass das Einkommen nicht für den Unterhalt der ganzen Familie reiche.

Im zweiten Entscheid, von dem zwei Personen aus Eritrea betroffen sind, war die Antragstellerin zu 100 Prozent arbeitsunfähig. Der Gerichtshof kritisiert in diesem Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht nie abgeklärt habe, ob die Frau nicht zumindest einer Teilzeitstelle nachgehen könnte.

Ein drittes Urteil des Gerichtshofs betrifft ebenfalls eine Eritreerin, die Teilzeit arbeitet und sich daneben um ihre drei minderjährigen Kinder kümmert.

Unüberwindbare Hürde

Die Tatsache, dass diese Personen durch ihre Ausreise die Ursache für die von ihnen befürchtete Verfolgung in ihrem Heimatland geschaffen haben und so laut Schweizer Recht kein Asyl erhalten, darf laut dem EGMR nicht dazu führen, dass ein Familiennachzug aufgrund der Sozialhilfe-Hürde unmöglich wird.

Gerade bei einer vulnerablen Gruppe, zu der die Flüchtlinge gehörten, sei eine sorgfältige Abwägung zwischen den Interessen der einzelnen Person und des Interesses einer Gesellschaft zu machen, die die Einwanderung kontrollieren und den Wohlstand ihres Landes schützen wolle.

In einem weiteren Fall einer Eritreerin hat der EGMR entschieden, dass keine Verletzung des Rechts auf Familienleben vorliege. Die Frau lebt ausschliesslich von der Sozialhilfe und hat nie Anstrengungen unternommen, um selbst für ihren Unterhalt aufzukommen.

(Fälle Nummer 13258/18, 15500/18, 57303/18 und 9078/20)

SDA/fal