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Kontrolle der Onlinegiganten
Schweiz soll sich der EU anschliessen beim Kampf gegen Hetze im Netz

Wie lassen sich die digitalen Meinungsmacher regulieren? «Die Klärung dieser Fragen benötigt Zeit», heisst es vonseiten des neuen Kommunikationsministers.
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Die Vorwürfe gegen einzelne Onlinegiganten wie Twitter, Facebook oder Youtube sind schwerwiegend: Sie würden entscheiden, was man zum Lesen, Sehen oder Hören vorgesetzt bekomme. Zudem würde häufig deren interne Kontrolle versagen und sie dadurch Fake News, Propaganda oder Hetze verbreiten. Massgeschneiderte Werbung aufgrund von undurchsichtigen Algorithmen gehört zum Alltag im Netz.

Die EU-Staaten wollen sich das nicht länger gefallen lassen und machen vorwärts – sie haben den Umgang mit den Techriesen neu geregelt.

SP bemängelt das langsame Tempo

Und was macht die Schweiz? Viel zu wenig und viel zu langsam, sind der Bündner SP-Nationalrat Jon Pult und seine Zürcher Ratskollegin Min Li Marti überzeugt: «Wir haben diese Problematik in der Fraktionssitzung vom Dienstag besprochen und sind überzeugt, dass wir uns der EU-Gesetzgebung anschliessen sollten», sagen sie. In zwei soeben eingereichten Vorstössen verlangen Marti und Pult Gesetzesanpassungen, um die wesentlichen Ziele des sogenannten Digital Services Act (DSA) und des Digital Markets Act (DMA) auch in der Schweiz umzusetzen. 

Der DSA soll etwa sicherstellen, dass Plattformen illegale Inhalte auf ihren Seiten schneller entfernen als bislang. Zudem müssen sie mit Blick auf schädliche Inhalte einmal jährlich eine Risikobewertung vorlegen und Gegenmassnahmen vorschlagen. Ausserdem müssen sie Daten mit Behörden und Forschern teilen. Künftig soll dank dem DMA Onlinegiganten beispielsweise erschwert werden, ihre eigenen Dienste zu begünstigen. Dies hatte bisher zur Folge, dass sie den Wettbewerb behinderten, was zu höheren Preisen führte.

«Die Schaffung eines sicheren digitalen Raums erreichen wir nur mit Regeln, die sich am europäischen Vorbild orientieren.»

Jon Pult, SP-Nationalrat

Klar werde man hierzulande in einigen Bereichen quasi als Trittbrettfahrer von den neuen EU-Regeln profitieren, räumt Pult ein: «Aber die Schaffung eines sicheren digitalen Raums, in dem die Grundrechte aller Nutzenden geschützt sind und Hassrede oder Desinformation eingedämmt werden, erreichen wir nur mit Regeln, die sich am europäischen Vorbild orientieren.» Die SP erhöht damit den Druck auf das Departement von Albert Rösti, «endlich vorwärtszumachen».

Der Bundesrat kennt die Problematik: Verschiedene Studien im Auftrag des Bundesamtes für Kommunikation orteten Handlungsbedarf, wie der Bundesrat im Herbst 2021 zur Kenntnis nahm. Er beauftragte daraufhin das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek), aufzuzeigen, ob und wie Onlineplattformen reguliert werden könnten – und das bis Ende 2022.

Bundesrat verweist auf die Komplexität

Geschehen ist nicht viel, wie Kommunikationsminister Albert Rösti in der Fragestunde vom Montag einräumte und sich dabei auf die Komplexität der Materie berief: Beim Thema Plattformregulierung würden sich verschiedene neuartige Fragen stellen: «Die Klärung dieser Fragen benötigt Zeit.» Deshalb habe auch noch keine Aussprache im Bundesrat dazu stattgefunden, aber man werde «demnächst» über das weitere Vorgehen entscheiden.

Dieses «demnächst» kritisiert Martin Steiger, Anwalt und Sprecher des Vereins Digitale Gesellschaft schon länger. Erst kürzlich sagte er gegenüber dieser Zeitung: Zuwarten und Entscheide hinauszuzögern, sei typisch für den Umgang des Bundes mit den grossen internationalen Onlineplattformen.

Eine Regulierung nach EU-Vorbild ist in der Schweiz umstritten. So sehen etwa die Piratenpartei oder die Junge SVP darin einen «brandgefährlichen Angriff auf die freiheitliche Schweiz».