Finanzen bei Terror-AbwehrTrotz neuer Bedrohungslage – der Nachrichtendienst muss Geld sparen
Politiker warnen vor einer Sicherheitslücke, weil der Bundesrat keine zusätzlichen Stellen für den Geheimdienst plant und sogar eine Million Franken pro Jahr sparen will.
Die Schweiz befindet sich mitten in einem Sturm – und beim Nachrichtendienst des Bundes ist das Personal müde. Der NDB hat zunehmend Schwierigkeiten, auf die neue Bedrohungslage mit den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten, der Spionage durch Russland und China sowie der von Jihadisten ausgehenden Terrorgefahr zu reagieren. NDB-Chef Christian Dussey verlangt deshalb mehr Personal.
In der Politik kommt das vielerorts gut an. Für FDP-Ständerat Josef Dittli ist die Forderung «nachvollziehbar», wie er sagt. «Die Sicherheitslage hat sich verschärft. Wenn der NDB nicht reagiert, steigt die Gefahr, dass etwas Schlimmes in der Schweiz passiert.»
Kampfjets für die Armee, weniger Geld für den NDB
SP-Ständerätin Franziska Roth hat schon im Juni in der SonntagsZeitung mehr Personal für den NDB gefordert. «Die Sicherheit der Schweiz wird hauptsächlich durch Terrorismus, Spionage, Cyberangriffe und Desinformation bedroht. Wir brauchen mehr spezialisiertes Personal und nicht neue Panzer und Artillerie», sagt sie jetzt. Roth spricht damit die geplante Erhöhung des Armeebudgets an.
Die unterschiedliche Gewichtung ist frappant. Bis 2028 will der Bundesrat die Ausgaben für die militärische Landesverteidigung von 5,6 auf 7 Milliarden pro Jahr erhöhen. So steht es im neuen Finanzplan, der diese Woche veröffentlicht wurde. Das zusätzliche Geld soll hauptsächlich für den Kauf von Rüstungsgütern verwendet werden: neue Kampfjets des Typs F-35, Boden-Luft-Raketen oder Mörser.
Dem Nachrichtendienst hingegen steht nicht nur viel weniger Geld zur Verfügung. Der Bundesrat möchte beim NDB sogar sparen. Die jährlichen Ausgaben sollen bis 2028 von heute 124 auf 123 Millionen sinken. «Diese Budgetkürzung ist ein grobes Problem für unsere Sicherheit», sagt SP-Politikerin Roth.
Massives Stellenwachstum beim NDB
Auch die Grünen orten eine falsche Prioritätensetzung. «Sicherheit erreichen wir nicht allein mit Kriegsmaterial», sagt Nationalrat und Ex-Bundesratskandidat Gerhard Andrey. Es sei falsch, die Armee so stark hochzufahren und deshalb den Nachrichtendienst oder die zivile Cyberabwehr vernachlässigen zu müssen. «Der NDB braucht genügend Ressourcen, um sich selbst ein Bild der Sicherheitslage zu machen.»
Allerdings zieht Andrey auch eine Grenze: «Wenn es nur darum geht, mit dem zusätzlichen Personal die Massenüberwachung auszubauen, sind wir dagegen.» Erst Anfang Jahr wurden Vorwürfe laut, im Inland werde die digitale Kommunikation flächendeckend überwacht. Der NDB bestritt dies.
Der Bundesrat hat erst vor ein paar Jahren eine Aufstockung des NDB-Personals um 100 Stellen bewilligt. Diese ist mittlerweile vollzogen, sodass der Nachrichtendienst aktuell mit 434 Vollzeitstellen dotiert ist. 2010, als der NDB in der heutigen Form entstanden ist, waren es noch halb so viele. Auch der Frauenanteil hat zugenommen. Dieser liegt gemäss Angaben des NDB derzeit bei 41 Prozent.
In Anbetracht der Personalaufstockung der letzten Jahre stösst die jüngste Forderung des NDB-Chefs auch auf Widerstand. SVP-Nationalrat Mauro Tuena zeigt sich «skeptisch» – trotz veränderter Sicherheitslage. «Für noch mehr Stellen braucht es triftige Gründe. Diese hat der NDB bisher nicht vorgelegt», sagt er. «Eine flächendeckende Überwachung wäre nicht zielführend.»
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