Prozess zu Pariser AnschlägenSchlüsselfigur der Terroranschläge soll lebenslang hinter Gitter
Salah Abdeslam gilt als einziger Überlebender des islamistischen Terrorkommandos, das in der französischen Hauptstadt 130 Menschen tötete.

In Paris ist der Prozess zu den Anschlägen am 13. November 2015 in die letzte Phase gegangen. Seit Mittwoch trägt die Staatsanwaltschaft ihr Schlussplädoyer vor, im Anschluss daran wird in der kommenden Woche die Verteidigung ihr Plädoyer halten. Für die drei Anti-Terror-Staatsanwälte Camille Hennetier, Nicolas Braconnay und Nicolas Le Bris gestaltete sich dieses Schlussplädoyer wie eine Herkulesaufgabe. Sie setzten das «riesige Puzzle» aus Zeugenaussagen, Berichten der Hinterbliebenen, Aussagen der Angeklagten und Ermittlungsakten in einem 14-stündigen Vortrag wieder zusammen, der sich über drei Tage erstreckte.
Für den Hauptangeklagten forderte die Staatsanwaltschaft am Freitag lebenslange Haft. Salah Abdeslam sei eine Schlüsselfigur bei den Anschlägen gewesen, sagte Staatsanwältin Camille Hennetier im Pariser Justizpalast. Abdeslam gilt als einziger Überlebender des damaligen Terrorkommandos. Hennetier sagte, er selbst habe sich als Soldat der Terrororganisation Islamischer Staat dargestellt und sei seiner Ideologie bis zum Ende treu geblieben.
Treue zur IS-Terrormiliz
Seit September läuft der Prozess gegen 20 Angeklagte in der Mitte von Paris in einem eigens gebauten Saal im historischen Justizpalast. Am 13. November 2015 hatte ein islamistisches Terrorkommando in Paris in Bars und Restaurants und im Konzertsaal Bataclan 130 Menschen getötet. Vor Gericht betonte Abdeslam zwar einerseits seine Treue zu der Terrormiliz Islamischer Staat und zu seinem Bruder Brahim Abdeslam, der am 13. November zu den Tätern gehörte. Andererseits beharrte er darauf, er habe sich bewusst dagegen entschieden, Menschen zu töten.
Der Staatsanwalt Nicolas Braconnay sagte in seinem Plädoyer, dass die Täter nur eines eine: ihr Bekenntnis zu einem «islamistischen Jihad». «Soziologische und psychologische» Faktoren könnten zwar auch eine Rolle spielen, doch man urteile nicht «über die Verdammten dieser Erde» oder über Menschen, «die ein Kindheitsmartyrium» hinter sich gehabt hätten. Es sei zudem islamistische Propaganda, wenn Anhänger des IS wiederholt auch im Gericht betonten, die Attentate seien als Gegenschlag gegen das Eingreifen der französischen Armee in Syrien durchgeführt worden.

Die Planung der Attentate habe begonnen, bevor Frankreich eine aktivere Rolle im Syrien-Krieg eingenommen habe. Staatsanwalt Braconnay nannte «die Kontinuität zwischen algerischen Jihadisten der 90er-Jahre und zentralen Figuren bei der Terrormiliz IS» einen der «Schlüssel», um die tiefe Feindschaft der Attentäter gegenüber Frankreich zu verstehen.
«Die Stärke der Überlebenden»
Die Staatsanwältin Camille Hennetier wies auch auf die Grenzen dieses Prozesses hin, auf dem für einige Hinterbliebene eine Hoffnung gelegen habe, die «manchmal zu gross für diesen Prozess war». Gleichzeitig seien es die Aussagen der Opfer, die «zweifellos von diesem Prozess bleiben werden». Hinterbliebene und Überlebende hätten durch ihre Aussagen ein «entgegengesetztes Spiegelbild» geschaffen, sie hätten auf «die Finsternis» mit «Offenheit und Toleranz» reagiert. Sie hätten «die Stärke der Überlebenden der Feigheit der Mörder entgegengestellt».
Die Aufgabe der Justiz sei es, «zu rationalisieren, was irrational erscheint», sie «kanalisiere die Wut und gibt dem Undenkbaren Wörter». Während des Prozesses war den Aussagen der Hinterbliebenen und der Opfer ungewöhnlich viel Platz eingeräumt worden. Nicht alle der 1800 Nebenkläger reisten nach Paris, um auszusagen, doch sie konnten den Prozess über ein Prozess-Radio verfolgen. Zudem wurde der als historisch geltende Prozess vollständig auf Video aufgezeichnet.
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