Einseitiger WM-AchtelfinalNeymar ist zurück, Brasilien spielt Zirkusfussball
Der WM-Favorit spielt im Achtelfinal gegen Südkorea bis zur Pause gross auf und nutzt danach die zweite Halbzeit schon zur aktiven Regeneration. Am Ende heisst es 4:1.
Was ist das jetzt? Noch Weltklasse-Fussball? Oder schon Zirkus?
Ziemlich sicher ist es beides. Weltklasse-Zirkus-Fussball.
29 Minuten sind im Stadion 974 in Doha zwischen Brasilien und Südkorea gespielt, als Richarlison den Ball zuerst viermal mit dem Kopf jongliert, dann mit den Füssen einen Südkoreaner umdribbelt, abspielt, vors Tor läuft, den Ball wieder erhält und zum 3:0 in die Ecke schiebt.
Der 25-jährige Mittelstürmer hat schon im ersten Match beim 2:0 gegen Serbien doppelt getroffen, einmal davon spektakulär mit Seitfallzieher. Das 3:0 in diesem Achtelfinal ist nicht viel schlechter. Und es kommt sehr bald mehr. Neymar passt zu Vinicius, Vinicius lobt den Ball vors Tor und dort steht Paqueta bereit, um in der 36. Minute zum 4:0 zu treffen.
Neymars cooler Penalty
Ja, Neymar ist zurück bei den Brasilianern. Nach der im ersten Gruppenspiel gegen die Serben erlittenen Bänderverletzung am Knöchel hat sich der 222-Millionen-Euro-Stürmer unter anderem mit Wassergymnastik fit gehalten. Er verpasst in der 7. Minute einen Querpass Raphinhas, was den dahinter bereitstehenden Vinicius freut – 1:0 für Brasilien. Kurz danach hat auch Neymar sein erstes WM-Tor 2022. Richarlison ist im Strafraum gefoult worden, Neymar schiebt den Ball locker an Südkoreas Goalie Seung-gyu Kim vorbei.
2:0 in der 13. Minute. Die Brasilianer haben diesem Achtelfinal bereits die Luft abgelassen und spielen jetzt so, als ob sie an der Copacabana kurz vor dem Heimweg noch ein Mätschli spielten.
Mit einem 2:1 im letzten Gruppenspiel gegen das bereits qualifizierte Portugal haben sich die Südkoreaner unter die letzten 16 WM-Mannschaften gespielt. Sie schiessen bis zur Pause einmal gefährlich aus der Distanz und einmal gefährlich aus der Nähe, werden aber zweimal vom starken brasilianischen Goalie Alisson gestoppt. Daneben sind die Asiaten vor allem recht bemitleidenswert. Sie haben Glück, vor der Pause drei nächste Chancen der Brasilianer ohne zusätzlichen Schaden zu überstehen.
Es ist so etwas wie das letzte blau-gelbe Feuerwerk in diesem Spiel. Brasilien nutzt die zweite Halbzeit schon zum regenerativen Auslaufen, Neymar lässt sich den Ball von Moon-Hwan Kim durch die Beine schieben und Alisson muss das 1:4 zulassen, weil Seung-ho Paik mit einem Distanzschuss schön in die Ecke trifft (76.). Es ist für den Keeper der Abschluss des Spiels, in der letzten Matchphase erhält Ersatzgoalie Weverton noch ein paar Einsatzminuten. Damit sind an dieser WM bereits alle 26 Spieler im brasilianischen Kader zum Einsatz gekommen.
Das Stadion hat bereits ausgedient
Seit 20 Jahren ist Brasilien nicht mehr Weltmeister geworden, nur einmal an vier Turnieren seit dem Titelgewinn 2002 kam die Seleçao über den Viertelfinal hinaus: 2014 an der Heim-WM, die im Halbfinal mit einem 1:7 gegen Deutschland brutal zu Ende ging.
Jetzt heisst es wieder Aufbruch in den Viertelfinal, es wartet Kroatien. Und es heisst Abbruch für das Stadion, das aus Stahlträgern und 974 alten Schiffscontainern gebaut ist. Ein weiteres WM-Spiel wird hier nicht mehr stattfinden. Die Arena soll auf Kosten von Katar in einem anderen Land wieder aufgebaut werden. Noch fehlt allerdings ein Abnehmer, der nicht nur ein neues Stadion braucht, sondern sich auch die Betriebskosten des besonderen Baus leisten kann.
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Pelé meldet sich
Brasiliens Fussball-Legende Pelé hat sich aus dem Krankenhaus mit einer Botschaft an die Spieler der Seleção gewandt. Er wisse, dass viele von ihnen ihre erste Weltmeisterschaft gewinnen wollten, schrieb der 82-Jährige auf Instagram. «Ich will euch inspirieren, meine Freunde», schrieb Pelé weiter. «Ich werde das Spiel hier aus dem Krankenhaus verfolgen und werde jeden einzelnen von euch anfeuern. Wir sind gemeinsam auf diesem Weg.» Die Brasilianer wollen beim Turnier in Katar ihren sechsten WM-Titel gewinnen.
In den vergangenen Tagen hatten sich unter anderen Nationaltrainer Tite und viele Spieler der Seleção Sorgen um den Gesundheitszustand Pelés gemacht. Der einstige Ausnahmefussballer befindet sich seit mehreren Tagen in São Paulo im Krankenhaus. Medien berichteten davon, dass die Chemotherapie bei ihm nicht mehr anschlage. Pelé selbst meldete sich darauf bei Instagram und versicherte, dass er stark sei und Hoffnung habe.
In einem TV-Interview am Sonntagabend dementierte auch seine Familie die Gerüchte, wonach Pelé auf die palliative Abteilung verlegt worden und dem Tod nahe sei. «Er ist krank, er ist alt. Aber sobald es ihm besser geht, wird er wieder nach Hause gehen», sagte Pelés in den USA lebende Tochter Kely Nascimento dem brasilianischen Sender TV Globo.
Brasilien klarer Favorit
Die Rollen sind in diesem sechsten WM-Achtelfinals verteilt. Brasilien ist klarer Favorit, ihre Quote beim Schweizer Wettanbieter Sporttip lautet 1:1,22 (für 1 Franken Einsatz gibt es 1,22 zurück). Ungleich mehr verdienen lässt sich mit einem Sieg der Südkoreaner – 1:13,32.
Die beiden Teams sind sich an einer WM noch nie begegnet, haben aber schon sieben Freundschaftsspiele gegeneinander bestritten. Sechs davon haben die Brasilianer gewonnen. Den einzigen Sieg konnte Südkorea im März 1999 in Seoul verbuchen – vor 60'000 Zuschauern.
Südkorea dank der Nachspielzeit
Für Südkorea ist der Match gegen Brasilien das grosse Bonus-Spiel. Acht von zehn Mal waren die Asiaten vor dem Katar-Turnier an Weltmeisterschaften bereits in der Vorrunde ausgeschieden, nun erreichten sie durch ein Tor in der Nachspielzeit gegen Portugal den Achtelfinal gegen Brasilien.
Natürlich wäre ein Weiterkommen eine Sensation, aber die Mannschaft von Paulo Bento war auch in der Gruppenphase schon so gut wie abgeschrieben – und ist trotzdem noch dabei.
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