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Bolsonaro positiv getestet
«Schaut mich an, es geht mir gut»

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Es ist Dienstagmittag Ortszeit, als Jair Bolsonaro die Bombe platzen lässt. Brasilien hat da schon eine lange Nacht mit Gerüchten und Mutmassungen hinter sich. In den Nachrichtensendungen des südamerikanischen Landes gibt es kaum ein anderes Thema als eine mögliche Coronavirus-Infektion des Präsidenten.

Die Fernsehsender übertragen dann auch live, als Bolsonaro am Dienstag in der Hauptstadt Brasília vor ein paar ausgewählte Reporter tritt. Am Sonntag habe er sich bereits unwohl gefühlt, sagt der Präsident, sein Zustand habe sich dann am Montag verschlechtert, er habe Fieber bekommen und Muskelschmerzen.

Im Netz wünschen ihm viele baldige Genesung, andere dagegen einen möglichst schweren Verlauf oder gar schlimmeres: Am 7. Juli verkündete Jair Bolsonaro seine Ansteckung mit dem Coronavirus.

Er sei darum auf das Virus getestet worden und ja: «Der Test war positiv», erklärt Bolsonaro den Journalisten. Immerhin: Er hat eine Maske auf. Das aber wird sich noch ändern.

Mindestens 65’000 Tote in Brasilien

Brasilien war das erste Land in Lateinamerika, in dem Ende Februar bei einem Patienten eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus festgestellt wurde. Inzwischen sind mehr als 1,6 Millionen Brasilianer mit dem Erreger infiziert worden, 65'000 sind an oder im Zusammenhang mit Covid-19 schon gestorben. Das sind nur die offiziellen Zahlen, Experten gehen davon aus, dass die Dunkelziffer bis zu 15 Mal so hoch sein dürfte.

Brasilien ist nach den USA das Land mit den meisten Infektionen weltweit, dennoch spielt Präsident Jair Bolsonaro die Gefahren des Erregers weiterhin herunter. Covid-19 nennt er eine «kleine Grippe», er spricht sich gegen eine Maskenpflicht aus und hat sich Hygienevorschriften und Abstandsregeln widersetzt.

Eine Aktivistin der Frauenbewegung hält ein Schild mit der portugiesischen Aufschrift "Völkermord 60 Tausend Tote, Bolsonaro raus" während eines Protests gegen die Ineffizienz der Regierung angesichts der  Coronavirus-Pandemie in Brasília am 2. Juli 2020.

Die Gouverneure der brasilianischen Bundesstaaten, die auf eigene Faust Quarantänen und Ausgangsbeschränkungen erlassen haben, hat Bolsonaro als «Arbeitsplatzvernichter» bezeichnet. Laut dachte er darüber nach, Geschäfte per Dekret wieder öffnen zu lassen.

Das Gesundheitsministerium wird nun seit Wochen provisorisch von einem Militär geführt, ohne medizinische Ausbildung oder Erfahrung auf dem Gebiet.

Dem brasilianischen Präsidenten hat das viel Kritik eingebracht, sowohl aus dem Ausland als auch in Brasilien selbst. Mitte April feuerte Bolsonaro seinen Gesundheitsminister, weil dieser sich öffentlich gegen seine Politik gestellt hatte. Der Nachfolger im Amt schmiss dann nach nur einem Monat entnervt wieder hin, nachdem Bolsonaro über seinen Kopf hinweg Fitnessstudios und Schönheitssalons als systemrelevant eingestuft hatte. Das Gesundheitsministerium wird nun seit Wochen provisorisch von einem Militär geführt, ohne medizinische Ausbildung oder Erfahrung auf dem Gebiet.

Mit Töpfen und Pfannen gegen die Regierung

In der Bevölkerung sind die Zustimmungswerte des Präsidenten seit dem Beginn der Pandemie gesunken. Wochenlang schlugen Menschen in Grossstädten wie São Paulo oder Rio jeden Abend auf Töpfe und Pfannen, um gegen die Politik ihrer Regierung in der Pandemie zu demonstrieren.

Gleichzeitig aber veranstalten Anhänger Bolsonaros so gut wie jedes Wochenende Demonstrationen zur Unterstützung des Präsidenten. Bolsonaro hat die Kundgebungen in der Vergangenheit immer wieder persönlich besucht, Hände geschüttelt und Selfies mit Fans geknipst. Der Mundschutz hing dabei meist nur lose von einem Ohr herunter, wenn überhaupt.

Am 3. Mai nimmt Bolsonaro ohne Maske an einem Protest-Umzug teil, der gegen den Kongress und das Bundesgericht gerichtet ist – da hatte Covid-19 das Land schon getroffen und 96’000 Menschen infiziert.

Es sei eigentlich nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sich Bolsonaro selbst infiziert, erklärte sein ehemaliger Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta. Die eigentliche Frage ist nun also, wie es weitergeht in Brasilien und mit der Gesundheit des Präsidenten.

Umstrittenes Anti-Malariamittel

Im Netz wünschen ihm viele baldige Genesung, andere dagegen einen möglichst schweren Verlauf oder gar schlimmeres. So würde sich ein Problem lösen, glauben radikale Gegner. Andere hoffen, gesundheitliche Probleme durch eine Covid-19-Erkrankung würden den rechtsextremen Politiker zum Einlenken bewegen.

«Das Leben geht weiter.»

Jair Bolsonaro, Präsident Brasilien

Wie gefährdet der 65-Jährige wirklich ist, bleibt aber die Frage. Der Präsident selbst hat immer wieder betont, dass seine Vergangenheit als Athlet ihn vor Schlimmeren bewahren würde. Dazu habe er bereits am Montagnachmittag begonnen, Hydroxychloroquin einzunehmen, ein Anti-Malariamittel, dessen Nutzen gegen Covid-19 höchst umstritten ist. Brasiliens Präsident aber betont am Dienstag, sein Zustand habe sich verbessert, seit er das Mittel nehme.

Es bestehe kein Grund zur Panik, erklärt Bolsonaro vor laufender Kamera. Er wolle seinen Aufgaben als Präsident weiterhin nachkommen: «Das Leben geht weiter». Am Ende der Pressekonferenz tritt er dann noch ein paar Schritte zurück, nimmt seine Maske ab und lächelt die Journalisten an: «Schaut mich an, es geht mir gut!»