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Prozess in New York
Sänger R. Kelly wegen sexuellen Missbrauchs schuldig gesprochen

Verdeidigung spricht von Enttäuschung: Das Urteil nahm der Sänger Beobachtern zufolge bewegungslos mit heruntergebeugtem Kopf auf. (27. September 2021)
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Vom gefeierten Pop-Superstar zum verurteilten Sexualstraftäter: Im Missbrauchsprozess gegen R. Kelly hat eine Jury den Musiker in allen neun Anklagepunkten für schuldig befunden. Das verkündeten die sieben Männer und fünf Frauen am Montag an einem Gericht in New York, nachdem sie zuvor nur knapp zwei Tage lang beraten hatten. Der 54-Jährige war unter anderem wegen sexueller Ausbeutung Minderjähriger, Kidnapping und Bestechung angeklagt.

«Dieses Urteil brandmarkt R. Kelly für immer als Raubtier.»

Staatsanwältin Jacquelyn Kasulis

Das Urteil nahm der «I Believe I Can Fly»-Sänger, gekleidet in blauem Anzug und weisser Maske, Beobachtern zufolge bewegungslos mit heruntergebeugtem Kopf auf. Dem Sänger, der seit seiner Festnahme im Sommer 2019 im Gefängnis sitzt, droht nun eine jahrzehntelange Gefängnisstrafe bis hin zu lebenslanger Haft. Das Strafmass soll am 4. Mai 2022 verkündet werden.

«Dieses Urteil brandmarkt R. Kelly für immer als Raubtier, das seinen Ruhm und seinen Reichtum genutzt hat, um junge, verletzliche und stimmlose Menschen für seine eigene sexuelle Befriedigung auszubeuten», sagte die zuständige Staatsanwältin Jacquelyn Kasulis nach der Verkündung. Die Jury habe eine «starke Botschaft» an Männer wie R. Kelly gesendet: «Egal wie lange es dauert, die Justiz wird euch kriegen.» Vor dem Gericht im Stadtteil Brooklyn hatten sich auch einige Unterstützer von Kelly versammelt.

Sänger von Schuldspruch überrascht

Kellys Anwalt Deveraux Cannick sagte, der Sänger sei von dem Urteil überrascht und enttäuscht. Die Zeugenaussagen seien voller Widersprüche gewesen, erklärte Cannick. Sie wollten gegen das Urteil Berufung einlegen, stellte der Anwalt in Aussicht.

Das Verfahren ist – nach Fällen wie denen von Filmproduzent Harvey Weinstein und Komiker Bill Cosby – eine weitere viel beachtete juristische Aufarbeitung der #MeToo-Ära. Wegen der Coronavirus-Pandemie war der eigentlich für Mai 2020 geplante Prozess zuvor mehrfach verschoben worden. #MeToo-Begründerin Tarana Burke twitterte gleich nach der Verkündung des Urteils ein kurzes Video von einer tanzenden Frau mit dem Untertitel «Kannst du einen völlig neuen Tag fühlen?».

Frauenrechtsanwältin Gloria Allred, die mehrere Klägerinnen in dem Verfahren vertrat, erklärte am Montag, dass Gerechtigkeit gesiegt habe. Von den vielen Sexualstraftätern, die sie in ihrer Laufbahn verfolgt habe, sei Kelly der «Schlimmste» gewesen. Er habe seine Berühmtheit dazu benutzt, Minderjährige zu missbrauchen, einzuschüchtern und zu demütigen.

Unangreifbar auf dem Pop-Thron

Rund sechs Wochen lang hatten Staatsanwaltschaft und Verteidigung an dem Gericht vor Richterin Ann Donnelly die Missbrauchsvorwürfe gegen Kelly aus mehreren Jahrzehnten detailliert ausgebreitet, auseinandergenommen und ihre Argumente dargelegt. Dutzende Zeugen hatten sich zu Wort gemeldet und Hunderte Beweisstücke waren gesichtet worden.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Sänger, mit bürgerlichem Namen Robert Sylvester Kelly, in ihrem Schlussplädoyer vorgeworfen, «Lügen, Manipulation, Drohungen und körperlichen Missbrauch» eingesetzt zu haben, um jahrzehntelang ungestraft Frauen und Mädchen sexuell zu missbrauchen. Kelly habe einen Ring an Unterstützern gehabt, die für ihn systematisch Opfer rekrutiert und ihn geschützt hätten. «Ohne sie hätte der Angeklagte sein Verbrechensmuster nicht fast drei Jahrzehnte lang ausüben können.»

Der Musiker sei selbst Opfer – von ausgedachten Geschichten und ausgeschmückten Erzählungen über Misshandlungen, hatte Kellys Anwalt Deveraux Cannick erklärt. Die Verteidigung stellte den Sänger in seinem Schlussplädoyer als «Sexsymbol» dar, das einfach nur ein «Playboy-Leben» gelebt habe. Kellys mutmassliche Opfer stellte der Verteidiger als enttäuschte Groupies dar, die nur auf Geld aus seien.

Der Sänger selbst hatte auf nicht schuldig plädiert und während des Prozesses auf eine Aussage verzichtet.

«Surviving R. Kelly»

Erste Anschuldigungen gegen den 1967 in Chicago als Robert Sylvester Kelly geborenen Musiker wurden bereits vor rund 25 Jahren bekannt. 2008 stand er wegen des Besitzes von Bildern schweren sexuellen Kindesmissbrauchs vor Gericht – und wurde freigesprochen. Der Musik-Koloss schien unangreifbar auf seinem Pop-Thron – mit mehr als 50 Millionen verkauften Alben, mehreren Grammys und anderen Auszeichnungen gehörte er zu den erfolgreichsten Musikern des späten 20. Jahrhunderts.

Aber spätestens als 2019 die aufsehenerregende Dokumentation «Surviving R. Kelly» die Anschuldigungen zusammenfasste, wurde es um den Sänger immer einsamer. Stars distanzierten sich von ihm, zudem Radiosender, Streaming-Dienste und dann auch sein Musiklabel RCA, das zu Sony Music gehört.

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Nach dem Urteil in New York drohen Kelly nun zudem noch weitere juristische Auseinandersetzungen: Auch in den US-Bundesstaaten Illinois und Minnesota liegen Anklagen gegen den Musiker vor.

SDA//aru