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Italien lockt Touristen mit «Green Pass»
Rom öffnet – und drängt Brüssel zum Handeln

Idylle im Golf von Neapel: Capri ist fast ganz durchgeimpft. 
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Plötzlich soll alles ganz schnell gehen. Italien öffnet, nach innen und nach aussen – und setzt damit Brüssel unter Druck. Bereits ab kommendem Samstag, dem 15. Mai, sollen geimpfte, genesene und negativ getestete Besucher aus Europa und Israel nach Italien fahren dürfen, ohne dann gleich eine Miniquarantäne von fünf Tagen absitzen zu müssen wie bisher. Ferien, sofort, mit einer Art «Green Pass». In allen europäischen Ländern sowie Israel sei bereits eine «hohe Impfrate» erreicht, heisst es, die Lockerung sei deshalb gerechtfertigt. Die USA wären dann im Juni dran.

«Wir haben mit viel Nachdruck darauf gedrängt, dass wir bald ein europäisches Modell haben.»

Mario Draghi, Italiens Premier

Noch braucht es für die schnelle Öffnung einen gesetzlichen Rahmen, und natürlich wäre ein Alleingang der Italiener innerhalb der Europäischen Union keine sonderlich gute Idee. Doch Italiens Premier Mario Draghi findet, Brüssel müsse sich endlich bewegen. «Wir haben mit viel Nachdruck darauf gedrängt, dass sich die Europäische Kommission und das Europaparlament mit maximalem Tempo an die Definition eines Impfpasses machen, damit wir bald ein europäisches Modell haben.»

Denn: Wenn jedes Land sein eigenes Zertifikat einführe und eigene Massnahmen festlege für den Tourismus, werde es ein grosses Chaos geben – «una grande confusione» nannte es Draghi. Es geht ihm alles viel zu langsam.

«Ziemlich ermutigend» – so beschreibt Mario Draghi die Pandemielage in Italien. 

Nun, für Konfusion sorgt zunächst mal Italien mit seinem Vorpreschen. Einige Dinge sind unklar: Reicht eine einzige Impfdosis für freies Einreisen, oder muss man dafür doppelt geimpft sein? Für die Genesenen gilt, dass die Genesung nicht länger als sechs Monate zurückliegen darf. Und Tests müssen frisch sein: nicht älter als 48 Stunden.

Unklar ist auch, wie interessant das einseitige Angebot aus Italien für Ausländer tatsächlich ist. Manche müssten, bliebe es beim aktuellen Regime, nach ihrer Rückreise mit einer Quarantäne in der Heimat bezahlen, da Italien ja vielerorts als Risikoland gilt. Und wer will oder kann das in Kauf nehmen, etwa nach Pfingsten am schönen Gardasee? Die italienischen Pandemiezahlen sind «ziemlich ermutigend», wie Draghi es beschreibt. Doch die Kriterien für die Rückkehr aus Italien legen schliesslich nicht die Italiener fest.

Die Sommersaison ist vital für den Neubeginn

Die Neuinfektionen haben sich zuletzt bei etwa 10’000 pro Tag eingependelt, die Belegung der Intensivstationen ist in den vergangenen zwei Wochen um mehr als zwanzig Prozent gesunken, was vor allem der nunmehr fast durchgeimpften Altersklasse der 70- bis über 90-Jährigen zugeschrieben wird. Auch die Zahl der Todesfälle geht zurück, ist mit mehr als 200 jeden Tag aber noch immer sehr hoch. Und die Inzidenz liegt bei deutlich über 100.

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Für Italiens Wirtschaft ist die Sommersaison vital, sie gilt als Trigger für einen Neubeginn, und darum will man den Start auf keinen Fall verspielen. Einige kleine Inseln sind schon fast durchgeimpft: Capri und Procida im Golf von Neapel zum Beispiel. «Capri ist eine globale Marke, wir heissen Gäste und Freunde herzlich willkommen», sagte Kampaniens Regionspräsident Vincenzo De Luca, bei der Gelegenheit auch auf Englisch. Ischia sei in zwei Wochen durch, man lasse sich das Geschäft doch nicht von den Griechen und den Spaniern wegnehmen.

De Luca hatte mit der Priorisierung der kampanischen Ferieninseln eine Polemik losgetreten, wird nun aber allenthalben imitiert. Auch die sizilianischen und toskanischen Inseln haben Massenimpfungen gestartet, um möglichst früh bereit zu sein für das Sommergeschäft.

Minus 74 Millionen Touristen im Jahr 2020

Im vergangenen Jahr verlor der italienische Tourismussektor 24 Milliarden Euro; es kamen 74 Millionen Gäste weniger aus dem Ausland als 2019. Da nun auch in diesem Jahr kaum mit russischen und asiatischen Touristen zu rechnen ist, die zu den spendabelsten gehören, zählt Italien vor allem auf europäische und amerikanische. Gäste aus den USA allein stehen für 0,8 Prozent des gesamten italienischen Bruttoinlandprodukts, man muss sich das mal vorstellen. Italiens Aussenminister Luigi Di Maio gab deshalb seiner Hoffnung Ausdruck, dass ab Juni eine ganze Menge «Covid-free-Flugzeuge» aus den USA in Italien landen würden.

Das Leben kehrt zurück: In Rom sind die Terrassen der Bars und Restaurants voll.

Italien öffnet auch nach innen. Ausser Sardinien, Sizilien und das Aostatal, die im italienischen Ampelsystem orange sind, also mittelmässig gefährdet, sind mittlerweile alle Regionen gelb, was für ein geringfügiges Risiko steht. Die Restaurants und Bars sind auch am Abend offen, bislang nur draussen. Doch die vorsommerlichen Temperaturen helfen: Das Leben kehrt zurück, in Rom sind die Terrassen voll. Die Lokale dürfen ihre Tische auch auf Trottoirs und Parkplätze stellen – es ist viel Platz und etwas wohltuende Anarchie.

Die nächtliche Ausgangssperre soll bald nicht mehr um 22 Uhr beginnen, sondern erst um 23 oder gar 24 Uhr. Sogar die Altersheime machen ein bisschen auf für Besuche von Verwandten, unter strengen Auflagen. Die Politik ist sich einig, quer durch die Parteien: Alle wollen öffnen. Nur die Virologen warnen vor Sorglosigkeit, weitgehend ungehört.