Mini-Lockdown und Corona-AlarmRom greift durch, Madrid ein bisschen
Ähnliche Probleme, unterschiedliche Drastik: wie Italien und Spanien auf die zweite Welle reagieren.
Überall in Europa ringt man um das richtige Mass: Wie bremst man das Virus, ohne die Wirtschaft lahmzulegen? Wie schützt man die Risikogruppen, ohne das Leben aller übermässig einzuschränken? In besonders stark betroffenen Ländern wie Italien und Spanien hatten die Regierungen im Frühling hart durchgegriffen – die wirtschaftlichen Folgen werden noch lange zu spüren sein. Seitdem gibt es in diesen Ländern zahlreiche Stimmen, die warnen, ein zweites Mal überlebten die Betriebe das nicht. Aber es gibt auch solche, die fordern, man müsse kurz und massiv eingreifen.
In Italien wird jetzt alles verboten, was Spass macht. Nach der jüngsten Verschlechterung der Zahlen schickt die Regierung das Land in einen halben Lockdown (lesen Sie hier den Kommentar zum neuen Mini-Lockdown in Italien): in einen «Lockdown der Freizeit», wie «La Repubblica» es nennt. Für einen Monat, bis 24. November, müssen Bars, Restaurants und Gelaterias schon um 18 Uhr dichtmachen. Ganz geschlossen bleiben Kinos, Theater, Konzertsäle, Wettbüros, Kasinos, Fitnesszentren, Hallenbäder und Spas. Trauungen sind weiterhin möglich, Hochzeitsfeiern aber nicht. Den Bürgern wird ausserdem «dringend» angeraten, ihren Wohnort nur in Notfällen zu verlassen (hier gehts zu unserem Corona-Ticker für das Ausland).
«Das ist ein kritischer Moment.»
So steht es im neuen Dekret, das Premier Giuseppe Conte nach langer Konfrontation mit den Regionen am Sonntag unterzeichnet hat. «Das ist ein kritischer Moment», sagte er. Das Virus zirkuliere schnell und überall im Land, darum seien «diese kleinen Opfer» unbedingt notwendig. Ziel der Massnahmen ist es, gesellschaftliche Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren, um «bis Weihnachten wieder etwas Unbeschwertheit» zu haben, wie Conte sagte. Zuletzt ist die Zahl der Neuinfektionen auf 20’000 pro Tag gestiegen.
Die Wirtschaft läuft unterdessen weiter. Auch die Schulen bleiben offen, mit Präsenzunterricht in unteren und mittleren Stufen. In der Oberstufe dagegen sollen mindestens 75 Prozent der Lektionen online stattfinden. So hofft man, den öffentlichen Verkehr in den grossen Städten etwas entlasten zu können. Am meisten trifft die neue Verfügung also die Gastbetriebe und die Unterhaltungsbranche. Die Regierung verspricht mehrere Milliarden Euro, um die Ausfälle zu kompensieren – und zwar mit Sofortzahlungen.
Doch da und dort wächst sich die soziale Verzweiflung bereits zu Zorn über den Staat aus. In Neapel ist es am Wochenende zu wüsten Ausschreitungen gekommen, nachdem ein friedlicher Protestmarsch besorgter Gewerbsleute von Hooligans, mutmasslichen Mitgliedern der Camorra sowie Rechts- und Linksextremisten infiltriert worden war. Die Angriffe auf die Polizei seien «vorsätzlich geplant» gewesen, sagte Innenministerin Luciana Lamorgese.
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Spaniens Premier Pedro Sánchez hat am Wochenende einen neuen Alarmzustand verhängt. Vielen Spaniern sitzt der erste aus dem Frühling noch in den Knochen: 43 Tage lang durfte das Haus nur verlassen, wer wichtige Besorgungen zu erledigen hatte. Kein Spaziergang, keine Laufrunde im Park. Spaniens Kinder waren eineinhalb Monate lang eingesperrt. Helikopter des Militärs kreisten über Wohnvierteln. Seit Sonntagabend gilt nun erneut der Alarmzustand – und allein das Wort ruft üble Erinnerungen wach. Sánchez weiss das und gibt sich zurückhaltend: Der neue Alarmzustand fällt sanfter aus.
Er umfasst eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 23 und 6 Uhr und das Verbot, sich in Gruppen von mehr als sechs Personen zu treffen. Zusätzlich entscheiden die Regionen selbst darüber, ob sie Gebiete abriegeln. Sánchez lässt den Regionalregierungen Gestaltungsspielraum, gibt ihren Entscheidungen aber ein juristisches Fundament. Die Ausrufung des Alarmzustandes ist notwendig, um massive Eingriffe in die Freiheitsrechte zu rechtfertigen. Zwei Wochen lang gilt das Dekret nun, danach muss das Parlament verlängern. Am Mittwoch hatte Spanien als erstes Land Westeuropas die Schwelle von einer Million Infizierten überschritten. Die Regierung hat lange zugesehen, wie die Fallzahlen stiegen. Kritiker sagen, zu lange, und verweisen auf andere europäische Länder. Auf Italien zum Beispiel, das die zweite Welle länger hinauszögerte und nun auch mit deutlich drastischeren Massnahmen zu brechen versucht.
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