Was für einen Unterschied doch ein paar Jahrzehnte machen können. Königin Camilla, einst als ein Übel für das Haus Windsor betrachtet, die «zweite Frau» in der einstigen Ehe von Charles mit Prinzessin Diana, ist jetzt zu einer prominenten Gesandten der britischen Monarchie geworden. Sowohl König Charles III. als auch Kate, die Prinzessin von Wales, fallen krankheitsbedingt zumindest vorläufig aus, und Camilla ist prompt und bereitwillig in die Bresche gesprungen. Sie hat ihren Terminkalender mit diversen Auftritten gefüllt und die wichtige Rolle übernommen, die königliche Familie in der Öffentlichkeit präsent zu halten.

«Es ist eine bemerkenswerte Transformation», sagt der langjährige auf die Royals spezialisierte Kommentator Michael Cole. «Und ich meine, Camilla, Königin Camilla, hat gewiss den Respekt verdient, den sie erhält. Sie hat einen beachtlich guten Job hingelegt.»

König Charles hat seine öffentlichen Verpflichtungen auf unbestimmte Zeit abgesagt, während er sich einer Behandlung wegen einer nicht näher bezeichneten Krebserkrankung unterzieht. Die Nachricht kam, als die Royals bereits auf die Präsenz von Kate verzichten mussten, die sich von einer Unterleibsoperation erholt und noch mehrere Wochen lang pausieren wird. Auch Prinz William machte eine Zeit lang frei, um seine Frau zu unterstützen, aber ist jetzt wieder im offiziellen Einsatz.

Camilla hat geholfen, die Lücken zu füllen und damit die Bedeutung ihrer Rehabilitierung für Charles und die Monarchie unterstrichen. Viele Briten brauchten Jahre, um Camilla zu vergeben, nachdem ihre aussereheliche Affäre mit Charles dessen Ehe mit Diana torpediert hatte. Die glamouröse junge Mutter von Prinz William und Harry kam 1997 bei einem Autounfall in Paris ums Leben, fünf Jahre nach der spektakulären Trennung von Charles.

Aber die öffentliche Stimmung ist milder geworden, seit Charles 2005 die Frau heiratete, die seinerzeit als Camilla Parker Bowles bekannt war. Die heute 76-Jährige hat Funktionen in mehr als 100 Wohltätigkeitsorganisation übernommen, setzt sich für diverse Anliegen ein, vom Kampf gegen Analphabetismus bis hin zur Unterstützung von Opfern häuslicher Gewalt und Hilfen für ältere Menschen. Mit ihrem bodenständigen Stil und Humor, mit dem sie sich auch selbst auf die Schippe nimmt, hat sie nach und nach viele Briten für sich gewonnen.

Aber am wichtigsten ist vielleicht, dass Camillas Präsenz den König weniger distanziert, ja menschlicher gemacht hat. Anders als frühere Generationen von Royals, die sich allein ins Krankenhaus und wieder hinaus schlichen, verliess Charles nach seiner kürzlichen Behandlung die Klinik mit Camilla an seiner Seite. Sie bot ihm die Unterstützung, die wohl die meisten Menschen von ihrem Ehepartner erwarten würden. Und natürlich besuchte sie ihn im Krankenhaus, warum auch nicht?

Ein paar Tage später war sie bei einem Konzert, machte mehrere Male Halt, um mit Leuten zu sprechen, die ihre Genesungswünsche übermittelten, liess sie wissen, dass es dem König «äusserst gut» gehe. «Sie verdient eine Menge Anerkennung», sagt Sally Bedell Smith, Autorin des 2017 erschienenen Buches «Prinz Charles: The Passion and Paradoxes of an Improbable Life». Nach einer Art von traditionellem vornehmen Leben übe Camilla wirklich zum ersten Mal einen Job aus und tue das «ausserordentlich gut».

Aber nicht Jeder ist ein Fan. Harry warf Camilla in seinen Memoiren «Spare» vor, ihr eigenes Image auf seine Kosten aufpoliert zu haben. Mitgliedern der Familie lastete er an, sich «mit dem Teufel ins Bett gelegt», das heisst, Reporter mit Informationen über ihn versorgt zu haben, um eine bessere Berichterstattung über sich selbst zu erhalten. Er ging in diesem Zusammenhang besonders auf Camilla ein und ihre mutmasslichen Bemühungen um ein besseres Ansehen beim britischen Volk nach ihrer Affäre mit Charles.

«Das hat sie gefährlich gemacht, wegen der Verbindungen, die sie in der britischen Presse aufgebaut hat», sagte Harry in einem CBS-Interview zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung. «Es gab eine offene Bereitschaft auf beiden Seiten, Informationen auszutauschen.»

Aber wie auch immer Camilla ihren neuen Status erlangt haben mag, hat sie sich als einen wertvollen Gewinn für die Royals während Charles’ Auszeit herausgestellt. «Seine Abwesenheit bringt eine Menge Druck für die anderen Mitglieder der königlichen Familie, die dem gewiss gewachsen sind», sagt Smith. «William und (Prinz) Edward, (und) offensichtlich Camilla. Camilla hat in all diesem die Führung übernommen und Bewundernswertes geleistet.»

DPA/sas

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