Video des slowakischen PremiersFico «vergibt» dem Täter und warnt vor weiteren Opfern
Drei Wochen nach den Schüssen auf ihn äussert sich Robert Fico erstmals. Er beschuldigt gleichzeitig Opposition, Medien und «grössere Demokratien».
Robert Fico ist wieder da. Das ist die Hauptbotschaft des Videos, das der slowakische Premierminister am frühen Mittwochabend auf seinem Facebook-Account veröffentlicht. «Ein Aktivist der slowakischen Opposition» habe ihn wegen seiner politischen Ansichten ermorden wollen, sagt Fico im ersten Satz des 14 Minuten langen Videos. Die Ärzte im Spital in Banská Bystrica hätten das Schlimmste verhindert. Wenn er sich nun weiterhin gut erhole, dann könne er zum nächsten Monatswechsel Ende Juni, Anfang Juli wieder arbeiten. Vor einer Woche war der 59-Jährige in seine Wohnung in Bratislava zurückgekehrt, wo er ambulant weiter behandelt wird.
Vor genau drei Wochen, am 15. Mai, war Fico bei einem Besuch in der kleinen Bergbaustadt Handlová angeschossen worden. Ein direkt nach der Tat verhafteter 71-Jähriger hatte fünf Schüsse auf den Premier abgefeuert. In einem kurz darauf veröffentlichten Video, das auf dem Flur einer Polizeistation aufgenommen worden war, hatte der Mann gesagt, dass er mit Ficos Politik unzufrieden sei und die Auflösung der öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehanstalt RTVS ablehne. Robert Fico regiert seit Oktober das Land in einer Koalition mit der linkspopulistischen Partei Hlas und der rechtsnationalistischen SNS. Er ist zum vierten Mal Ministerpräsident seines Landes.
«Ein Bote des Bösen»
Der 71-Jährige ist in Untersuchungshaft, ihm droht eine Haftstrafe von mindestens 25 Jahren. Die Waffe hatte er legal besessen. Er war in einem Literaturzirkel aktiv gewesen, hatte sich in seinen Texten unter anderem abwertend über Roma geäussert. Zudem soll er in einer nationalistischen, prorussischen, paramilitärischen Vereinigung aktiv gewesen sein. Anfängliche Hinweise, er könnte nicht allein gehandelt haben, haben sich bisher nicht bestätigt.
«Ich vergebe ihm», sagt Fico in dem Video. Es sei offensichtlich, dass der Täter nur «ein Bote des Bösen und des politischen Hasses» gewesen sei, die von einer «politisch erfolglosen und frustrierten Opposition» in der Slowakei in einem ungekannten Ausmass verbreiten würden. Es sei zu erwarten, dass die «Anti-Regierungs-Medien, aus dem Ausland finanzierte Nicht-Regierungsorganisationen und die Opposition» nun beginnen würden, den Anschlag als die Tat eines verwirrten Einzeltäters herunterzuspielen, der mit ihnen nichts zu tun habe. Sicher würden sie versuchen, die Schwere seiner Verletzungen zu verharmlosen. Zur Art seiner Verletzungen äussert sich auch Fico selbst nicht. Es sei ihm sehr wichtig, seine Privatsphäre zu schützen.
Oppositionspartei weist Vorwürfe zurück
In den weiteren Minuten wirft Fico der Fraktion der Europäischen Sozialdemokraten im Europaparlament vor, seine Partei ausgeschlossen zu haben. Sein Land sei «absurderweise» Angriffen vonseiten der EU und Nato ausgesetzt, weil es die Ukraine nicht mit Waffen unterstützen wolle. Konkret kritisiert Fico auch die Regierungen der Nachbarländer Tschechien und Polen. Einige «grössere Demokratien» akzeptierten die Souveränität der Slowakei nicht.
Die Opposition müsse über ihr Verhalten nachdenken und demokratischen Meinungsaustausch üben. «Wenn es so weitergeht wie jetzt, wird es weitere Opfer geben», sagt Fico am Ende des Videos.
Fico selbst hatte etwa Anfang des Jahres bei einer Pressekonferenz gesagt, in Kiew spürten die Menschen nichts vom Krieg. Er hatte wiederholt die Präsidentin vulgär beschimpft, etwa als «amerikanische Hure». Auch den Vorsitzenden der liberalen Partei Progresívne Slovensko Michal Simecka hatte Fico immer wieder persönlich beleidigt.
Simecka hatte nach dem Attentat zu 100 Tagen politischer Ruhe und zu Zusammenarbeit aufgerufen. Zu dem Video teilte er am Abend mit, es tue ihm leid, dass Fico das Angebot zur Versöhnung ablehne. Die wirtschaftsliberale Oppositionspartei SaS wies die Vorwürfe, es gebe Verbindungen zum Attentäter scharf zurück.
An diesem Samstag sind die Slowakinnen und Slowaken zur Europawahl aufgerufen. Im Rennen um die 15 Sitze in Brüssel liegt Ficos Partei Smer der jüngsten Ipsos-Umfrage zufolge mit 24,6 Prozent vorn, gefolgt von der liberalen Partei Progresívne Slovensko mit 21,9 Prozent.
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