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Schweizer Strassenverkehr
Roadpricing ist viel besser als sein Ruf

Ein fast alltägliches Bild im Wankdorf bei Bern: Ein Stau in beide Richtungen. 

Der Bundesrat will künftig auch Elektroautos besteuern. Diese neue Steuer lanciere die Diskussion um das Thema Roadpricing neu, ist das wirtschaftsnahe Prüfungs- und Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PWC) überzeugt. Seine noch unveröffentlichte Studie versucht deshalb aufzuzeigen, wie Roadpricing in der Schweiz funktionieren könnte. Was die Studie zu den drei zentralen Vorbehalten sagt:

Es gibt gar keinen Bedarf für die Einführung von Strassenzöllen.

Die Städte und Agglomerationen klagen über mehr Stau, verstärkte Luft- und Lärmverschmutzung. Der Handlungsbedarf ist unbestritten. Das Rezept des Bundes: Mobility-Pricing. Die Städte sollen dieses System in Pilotprojekten testen. 

Sie tun sich schwer damit, Zürich und Solothurn haben sich nach einer ersten Runde zurückgezogen. Die PWC-Studie hat den Fall Solothurn genauer unter die Lupe genommen. Mobility-Pricing sei zu kompliziert und diene vor allem der Verkehrslenkung, so das Fazit. Solothurn möchte vor allem auch Geld für seine Infrastrukturen generieren, das sei mit dem vom Bund angestrebten Vorgehen jedoch nicht möglich. Ganz im Gegensatz zu einem Roadpricing, so Studienautor Gabriele d’Achille: «Selbst mit Roadpricing-Systemen, die den Verkehr besser lenken und somit Staus verhindern, lassen sich signifikante finanzielle Einnahmen generieren.» Die Strassenfinanzierung sei in einzelnen Kantonen und Gemeinden prekär: Roadpricing könnte für sie eine interessante Finanzierungsquelle darstellen.

Strassenzölle erzielen nur einen geringen Effekt.

Das widerlegen die Studienautoren anhand mehrerer Beispiele. «So konnte in London, Stockholm und Singapur das Verkehrsaufkommen innerhalb der gebührenbelasteten Zonen signifikant reduziert werden.» In Stockholm, wo im August 2007 eine sogenannte Staugebühr eingeführt wurde, konnte der Verkehr um 25 Prozent reduziert, die Stauzeiten um bis zu 50 Prozent gesenkt werden. Das spült der Stadt jährlich Einnahmen von rund 150 Millionen Franken in die Kasse bei jährlichen Ausgaben von rund 7 Millionen Franken für die Strasseninfrastrukturen. Wichtiges Kriterium für eine erfolgreiche Einführung von solchen Strassenzöllen ist gemäss der Studie die Akzeptanz. In Manchester scheiterte die Einführung eines Roadpricing am fehlenden politischen Engagement und an einer zu komplizierten Gebührenausgestaltung. Zudem sind die Leute im Gegensatz zu London häufiger auf das Auto angewiesen, weil der ÖV in der Hauptstadt Nordenglands nicht so gut ausgebaut ist.

Roadpricing ist politisch nicht umsetzbar.

Davon sind vor allem bürgerliche Politiker überzeugt, ein reines Roadpricing werde man bekämpfen. «Damit würden wieder einmal nur Autofahrende zur Kasse gebeten.» Die Studie listet auf, wie man vorgehen müsste, damit eine Einführung von Strassenzöllen erfolgreich sein könnte. Die Gewinner eines Roadpricing müssten in der Mehrheit sein, so d’Achille: «Die grösste Hürde wird wohl sein, die Landbevölkerung davon zu überzeugen.» Diese möchte in der Regel nicht noch Gebühren zahlen, wenn sie ab und zu mit dem Auto in die Stadt fährt.

Für Leute in städtischen Agglomerationen ist hingegen wichtig, dass sie auf ein gut ausgebautes ÖV-Angebot ausweichen können. Zudem müssten die Gebühren gemäss der Studie einfach ausgestaltet sein – den Bürgerinnen und Bürger müsse klar sein, was prioritär sei: die Verkehrslenkung oder die Infrastrukturfinanzierung. Letztlich müssten die Einnahmen zweckgebunden sein, und zwar so, dass die Stimmberechtigten davon profitieren – beispielsweise über einen reduzierten Benzinpreis.

Jetzt sei der Bund gefragt

Es sei Zeit zu handeln, bilanzieren die Studienverfasser: Trotz des pandemiebedingten Einbruchs und gesellschaftspolitischer Forderungen, die eigene Mobilität einzuschränken, wachse die Nachfrage nach Mobilität immer weiter. Gemäss «Verkehrsperspektiven 2050» geht das Bundesamt für Raumentwicklung von einer Verkehrszunahme von 11 Prozent aus. Das Resultat wären Überlastung und Engpässe im Schweizer Verkehrsnetz – sprich Stau, Lärm und Kosten von bis zu zwei Milliarden Franken jährlich. «Der Bund müsste das Heft stärker in die eigene Hand nehmen, klare Leitplanken definieren und sich auch stärker öffentlich für einen Systemwechsel einsetzen, sei es nun für ein Roadpricing oder allenfalls ein Mobility-Pricing,» ist d’Achille überzeugt.