Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Reste des Konsums landen auf der Deponie

1 / 16
In der ehemaligen Kiesgrube werden Bauschutt, leicht verschmutztes Aushubmaterial und Reste von Isolationen, Beton, Glas oder Ziegeln langfristig eingelagert.
Zwischen Rickenbach und Wiesendangen soll im Gebiet Ruchegg schon bald eine neue ­Inertstoffdeponie entstehen.
In Weiach betreibt die Firma Eberhard eine solche Deponie in der ehemaligen Kiesgrube.

Lastwagen um Lastwagen fährt mit brummendem Motor vor die Schranke. Hält kurz. Bittet um Einlass und die Schranke hebt sich. Lastwagen um Lastwagen erhält so Zugang zur Inertstoffdeponie Hardrütenen in Weiach. Hügel in verschiedenen Brauntönen türmen sich in der ehemaligen Kiesgrube auf. Am Rand der von Pfützen gesäumten Deponiestrasse liegt ein Keramikteller, grosse, dicke Glasscherben und zerbrochene Ziegelsteine stechen aus dem Dreck heraus.

«Die Reste unseres Konsums», sagt Stefan Eberhard. Stellvertretender CEO der Eberhard Unternehmungen, welche die Inertstoffdeponie in Weiach sowie diejenige in Pfungen betreibt. Die Pfungemer Deponie Bruni ist schon bald voll. Seit 2001 wird dort Material eingelagert. «Darum ist dort nicht mehr so viel los», sagt Eberhard.

«Welches Material wir zur Einlagerung bekommen, können wir nicht wünschen

Stefan Eberhard, Stv. CEO Eberhard Unternehmungen

Für den Abschluss braucht es ausgewähltes Material, das die Stabilität der Böschung gewährt. «Welches Material wir zur Einlagerung bekommen, können wir nicht wünschen, darum kann man auch die Zeitspanne bis zum Abschluss der Deponie nicht genau voraussagen», erklärt Eberhard. Ein Pendant zur Deponie Bruni wird bald im Gebiet Ruchegg zwischen Rickenbach und Wiesendangen entstehen und von den Firmen Toggenburger und Aregger AG gemeinsam betrieben.

Bauschutt von früher

Zwischen den braunen Hügeln in Weiach sehen Lastwagen und Baumaschinen wie Spielzeuge aus. Ein Kipper entlädt seine Fracht, während ein gelber Bulldozer mit lautem Dröhnen fast schwarzes Deponiematerial umherschiebt und verteilt. In drei Etappen wird die Weiacher Grube seit 2010 befüllt. Inertstoffe sind gesteinsähnliche, nicht brennbare Materialien, die zum Beispiel beim Rückbau alter Häuser oder bei Altlastensanierungen anfallen sowie Erde, die mit solchen Materialien verunreinigt ist: Glas, Beton, Ziegel, Keramik, Steinwolle oder Glasfasern.

Keine «Stinkerberge» mehr

«Heute wird Aushub schnell so klassifiziert, dass er auf eine Inertstoffdeponie muss», sagt Eberhard. Vieles was vom Menschen gemacht ist, muss speziell entsorgt werden, auch wenn es an sich nicht belastet oder kontaminiert ist – keine «Schadstoffquelle» wie der Fachmann sagt. «Früher hat man Neubauten mit Bauschutt und Abfällen hinterfüllt, das ist heute verboten», sagt Eberhard. Werden solche Häuser heute abgerissen, muss der einst verwendete Schutt im Boden auch entsorgt werden.

«Das Wort Deponie ist negativ besetzt.»

Stefan Eberhard

«Das Wort Deponie ist negativ besetzt», sagt Eberhard. In den Köpfen der Leute herrsche noch oft das Bild der früheren Gemeindedeponien vor, in der vor dem Bau von Verbrennungsanlagen der Müll entsorgt wurde. «Jeder kippte jeglichen Abfall in einer Grube ab.» Das zog Tiere an, Gestank machte sich breit. Eine Umweltsünde. Noch heute ist vielen Wiesendangern und Winterthurern der «Stinkberg» am Rande von Oberwinterthur ein Begriff. Dieser folgte auf die Deponie Riet und diente als Zwischenlager für Haushaltkehricht.

Die heutigen Deponien hätten mit diesem historischen Entsorgungskonzept nichts mehr gemein. Sie seien technisch ausgereift und müssten hohe Standards erfüllen. Recycling ist zudem das Gebot der Stunde. So viel wie möglich wird wieder aufbereitet. «Aber zu 100 Prozent geht das in der Regel nicht», sagt Eberhard. «Es wird immer Reststoffe geben.» Auch von der Aufbereitung bleiben Reste zurück, zum Beispiel die Filterkuchen der Bodenwaschanlage. Diese fangen Schadstoffe auf und müssen schliesslich, wenn man sie nicht weiter verwerten kann, so eingelagert werden, dass sie der Umwelt nicht schaden. Auf der Inerstoffdeponie dürfen nur kleine Mengen organischer Stoffe eingelagert werden. «Diese verrotten und lösen chemische Prozesse aus», erklärt Eberhard. Das ist nicht gewünscht. Denn bei solchen Prozessen können Gase oder schädliche Stoffe entstehen und die Deponie destabilisieren. Wurzelwerk oder Holz wird darum vor der Lagerung aus der Erde entfernt.

Per Lastwagen und Bahn

6,6 Hektaren ist die Deponie in Weiach gross, was etwa 10 Fussballfeldern entspricht. 1,6 Millionen Kubikmeter Material werden hier im Laufe der Zeit eingelagert. Dieses kommt per Lastwagen oder Bahn nach Weiach. Vor dem Deponiegelände wartet auf den Geleisen eine Reihe Bahnwagen im gelb-blauen Eberhard-Design auf ihren Einsatz.

Hauptsächlich wird das Material aus dem Grossraum Winterthur und Zürich angeliefert. «Wir steuern möglichst immer die nächste Deponie an, egal wo wir in der Schweiz tätig sind», sagt Eberhard. Inertstoffe noch weit zu transportieren, sei viel zu teuer. Die Bahn kommt zum Einsatz, wenn die Inertstoffe von weiter herkommen oder die Verkehrslage für viele Lastwagenfahrten ungünstig ist. «Wie zum Beispiel in der Stadt Zürich, wo der Verkehr oft enorm ist», erklärt Eberhard.

«Eigentlich ist das Wasser einer Deponie praktisch sauber»

Stefan Eberhard

Beim Eingang wird geprüft, ob das Material analysiert und richtig klassiert wurde. Lastwagen fahren auf eine Bodenwaage, um das Gewicht ihrer Fracht zu messen. Das Material aus den Bahnwagen wird in einer Halle auf Dumper umgeladen, die es auf den braunen Hügeln abladen.

Sicherwasser in den Fluss

Am Rande des Geländes ist ein Bagger damit beschäftigt, den Grubenrand mit Lehm oder Lehmersatz, der bei der Kiesproduktion anfällt, abzudichten. Bei Inertstoffen reicht eine Lehmschicht aus, weil praktisch keine Schadstoffe ausgewaschen werden. Deponien für umweltschädlichere Stoffe werden mit speziellem Asphalt abgedichtet. Das Gelände hat ein unterirdisches Entwässerungssystem. Bevor das Sickerwasser in Rhein (Weiach) oder Töss (Pfungen) fliesst, wird es ständig und automatisch auf eine etwaige Schadstoffbelastung geprüft. «Sollte das Wasser mal verschmutzt sein, kann es sofort in die Kläranlage umgeleitet werden», erklärt Eberhard. «Aber eigentlich ist das Wasser einer Inertstoffdeponie praktisch sauber und problemlos einleitbar.»

Am Horizont ist das Dorfbild von Weiach zu sehen. Wohnhäuser sind weit entfernt. Da ergeben sich für die Nachbarn weniger Probleme mit Lärm und Staub, die einige Wiesendanger befürchten. Im Gebiet Bruni sind die Nachbarn näher. «Wir haben dort eigentlich kaum Probleme», sagt Eberhard. Der Lärm entspreche dem einer normalen Baustelle. Staub verhindere man das richtige Abkippen des Materials. «Die Chauffeure sind angehalten auf Windrichtung und Höhe des Geländes zu achten.» Mit Dämmen bilde man Boxen, in denen die Lastwagen vor Wind geschützt gekippt werden könnten. «Wenn das nicht reicht, kann man das Material noch mit Wasser berieseln und so Staub verhindern.»

Voraussichtlich noch während 30 bis 40 Jahren soll die Deponie in Weiach noch mit Inertstoffen aufgefüllt werden. Bagger, Dumper und Bulldozer verteilen und verdichten Hügel um Hügel und Haufen um Haufen, bis eines Tages nicht mehr nur wildes Unkraut an den Rändern der Grube wuchert, sondern das ganze Areal wieder rekultiviert ist. Fünf Jahre lang sind die Betreiber dann noch für die Überwachung des Geländes verantwortlich, anschliessend übernimmt der Kanton. In Pfungen wird schon in einigen Jahren wieder grüne Wiese über Glas, Ziegelsteine und Co. wachsen.