Republikaner-Chef ist angezähltWas ist los mit Mitch McConnell?
Der mächtige Senator hat erneut einen Aussetzer und scheint beim Sprechen einzufrieren. Ein Arzt gibt Entwarnung, aber seine Führungsrolle bei den Republikanern ist infrage gestellt.
Er erstarrte, ausgerechnet als ihn ein Reporter nach seiner Zukunft fragte. Ob er 2026 noch einmal zur Wiederwahl antrete, sollte Mitch McConnell beantworten. Es war eine Frage, die der Minderheitsführer der Republikaner im Senat sonst routiniert wegwischen würde. Aber er, der mächtige Gegenpol zu Donald Trump in der Partei, ist seit Monaten angeschlagen, um seine Zukunft beginnt sich bereits ein Geflecht aus Gerüchten und Intrigen zu ranken.
Er vermochte noch sein typisches Glucksen vernehmen zu lassen und sagte: «Oh, das ist», dann verstummte der 81-Jährige mitten im Satz, mitten in einer Medienkonferenz in seiner Heimat Kentucky, die er seit 38 Jahren im Senat vertritt. Es war schon das zweite Mal innerhalb weniger Wochen. Im Capitol war er im Juli bei einer Pressekonferenz erstarrt, nach zwanzig Sekunden führten ihn seine Mitarbeiter damals weg, später kehrte er zurück. Am Mittwoch nun sprach ebenfalls eine Mitarbeiterin McConnell an. Er wehrte sich dagegen, wegzugehen, und führte die Pressekonferenz zu Ende. (Lesen Sie mehr zum Thema: Gedächtnislücken, Stolperer und Erstarrungen – Die Alten von Capitol Hill)
Er scheint nicht ans Aufhören zu denken
Als Nachwirkung einer Hirnerschütterung liess McConnell das Erstarren erklären, Folge eines Sturzes mit Armbruch in einem Washingtoner Hotel im März, was ihn zu einer Pause von mehreren Wochen zwang. McConnell nimmt ernst, welches Bild die Episoden von ihm zeichnen: Der Konservative vermeidet es sonst tunlichst, über seine Gesundheit zu reden; bekannt ist nur, dass er einst die Kinderlähmung durchgemacht hatte.
Nun, da McConnell in aller Öffentlichkeit Aussetzer hatte, berichten Parlamentarier, dass sich ähnliche Momente in geschlossenen Runden seit Monaten häufen. Ein Gruppenchef, der Konversationen nicht zu folgen scheint, dessen Gehör ihm zunehmend zu schaffen macht, der sogar wegdöst während Sitzungen: Die McConnell Wohlgesinnten befürchten, dass da gerade ein Ausnahmemachtmensch den richtigen Moment verpasst, sich in Würde zu verabschieden. Und es nebenbei seiner Partei erschwert, Präsident Joe Biden als alten Mann zu karikieren.
McConnell scheint aber selbst nach 16 Jahren an der Spitze der Republikaner im Senat, ein Rekord, nicht ans Aufhören zu denken. Zumindest noch nicht. Gerade treibt ihn die Mission um, die Milliardenhilfe der USA an die Ukraine abzusichern. Standhaft verteidigt McConnell alle Angriffe der Trump-Fraktion auf die Kreditbeschlüsse, intern argumentiert er nach Kräften für die Bedeutung der transatlantischen Allianz, dass Russland nicht gewinnen dürfe, um China nicht zu ermutigen.
Der Arzt des Capitol habe seine Amtsfähigkeit bestätigt, teilte McConnell mit.
Die Ukraine-Mission ist auch ein letzter Akt des Widerstands gegen Donald Trump, den Präsidentschaftskandidaten, den McConnell so verachtet. Er hatte sich ihm immer wieder entgegengestellt, in entscheidenden Momenten aber dann doch unterstützt, beispielsweise, als er 2020 die zweite Impeachment-Verurteilung im Senat scheitern liess. Nun distanziert sich McConnell zunehmend von Trump, und er will bis zu den Wahlen 2026 Anführer der Republikaner im Senat bleiben, damit seine Partei die richtigen Kandidaten aufstellt und eben nicht jene von Trumps Gnaden.
Mit einem Auftritt bei einem Sponsorentermin und in Telefongesprächen mit mehreren Senatoren führte der Republikaner inzwischen vor Augen, wie gut es ihm gehe. Der Arzt des Capitol habe seine Amtsfähigkeit bestätigt, teilte McConnell mit. Fürs Erste scheint er die Situation damit beruhigt zu haben. Einige seiner Kollegen diskutierten zwar über die Einberufung einer Sondersitzung, um über die Zukunft ihres Anführers zu diskutieren.
Ein Herausforderer wäre mit Rick Scott wohl leicht zu finden, schon im vergangenen Herbst wollte der Senator aus Florida, ganz auf Trump-Kurs, McConnell verdrängen. Doch so deutlich, wie er damals verloren hatte, würde Scott nun wohl wieder verlieren: Die Mehrheit der Senatoren hat keinerlei Interesse, ihre Abordnung jetzt einem Richtungsstreit zwischen Trump-Anhängern und gemässigten Republikanern auszusetzen. Mitch McConnell, trotz oder gerade wegen seiner Widersprüche, schafft es noch immer am besten, die Widersprüche seiner Partei zu navigieren.
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