Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Erste lesbische Datingshow «Princess Charming»
Reality-TV, aber weit weg von Trash

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Reality-Fernsehen stand noch nie unter dem Verdacht, besonders lehrreich zu sein. Das Publikum sonnt sich gerne in seiner Überlegenheit beim Trash-TV-Gucken, wie soll man da etwas lernen?

«Princess Charming», die lesbische Kuppelshow, die aktuell beim RTL-Streamingdienst TV Now zu sehen ist, wagt deswegen ein grosses Experiment. Das Format gewährt Einblicke in eine vielen Menschen eher unbekannte Welt. Ohne Häme, ohne sich lustig zu machen, ohne Arroganz.

Reality-TV ist in letzter Zeit «vielleicht ein paar km/h zu schnell gefahren», räumt auch Produzentin Nina Klink ein.

Das Konzept ist simpel: Wie schon bei «Prince Charming», der schwulen Ur-Version der Show, kämpft eine Gruppe von Singles in bekannter Bachelor-Manier um eine als besonders begehrenswert inszenierte Frau. Nur steht hier kein gegeltes Unterhosenmodel, sondern Irina Schlauch, 30 Jahre alt, Anwältin. «Ich hatte im Vorfeld schon Angst, dass die Show trashig werden könnte, da ich den Cast nicht kannte und im Reality-TV grundsätzlich alles passieren kann», sagt sie. Diese Befürchtung habe sie in den Vorgesprächen mit der Produktion angesprochen.

Szene aus der Finalsendung, die seit dieser Woche zum Streamen abrufbar ist: «Princess» Irina Schlauch (r.) und Kandidatin Lou.
Weg vom reinen Krawall: Mit «Princess Charming» setzt RTL auf einen neuen Tonfall im Reality-Format.

Dass am Ende eben kein Format wie das «Sommerhaus der Stars» rauskam, ist nicht selbstverständlich. Schliesslich ist für die queeren Datingformate dieselbe Produktionsfirma zuständig wie für das Format, das im vergangenen Jahr mit Alkoholexzessen und Mobbingattacken auf sich aufmerksam machte.

Reality-TV sei in letzter Zeit «vielleicht ein paar km/h zu schnell gefahren», räumt auch Nina Klink ein. Sie ist die Chefin der Seapoint-Produktionsfirma und damit Produzentin beider Formate. An der Verrohung des Genres, sagt Klink, sei der «Höher-schneller-weiter-Wettlauf» der Produzierenden aber nur zum Teil schuld.

Sie kritisiert auch die Herangehensweise mancher Teilnehmer. Einige würden nur noch in Formate gehen, um dort mit Skandalen auf sich aufmerksam zu machen.

Drohendes Handgemenge? Sofort wird ausgeblendet, die Kandidatinnen müssen gehen.

Dass zumindest «Princess Charming» solchen Kandidatinnen keine Plattform geben möchte, bewies die Sendung schon in ihrer Auftaktepisode. Zwei Frauen prallten aufeinander, doch bevor man das sehen konnte, was in einem Handgemenge zu münden schien, ploppte eine Texttafel auf. Szenen wie diese hätten in der Sendung keinen Platz, stand da.

«Überrascht» sei sie von den Szenen gewesen, sagt Klink, «weil das Format von Anfang an andere Akzente setzen wollte.» Das Resultat: Binnen Sekunden mussten die beiden Frauen ausziehen.

Julia Zimmermann fand die Entscheidung «wirklich gut», die Szenen nicht zu zeigen. Sie sitzt im Vorstand von Lambda, einem Verband von jungen Menschen aus der LGBTIQ-Community. Die Produktion habe die lesbische Gemeinschaft «dadurch in gewisser Weise geschützt», weil die Community ja ohnehin schon marginalisiert sei und durch eine gewaltsame Auseinandersetzung zum Auftakt nur noch weiter in ein schlechtes Licht gerückt würde. Wichtig sei, dass solche Szenen nicht ausgeschlachtet würden, «wie das ja sonst oft im Reality-TV der Fall ist».

Das sind die 20 Singles der ersten Staffel «Princess Charming». 

Zuletzt mussten die Zuschauer das bei «Promis unter Palmen» erleben, für viele der Tiefpunkt im Reality-Fernsehen der vergangenen Jahre. In der Sendung warf ein Kandidat mit schwulenfeindlichen Parolen um sich, ohne dass Format und Sender ihn ordentlich abstraften. Inzwischen hat der Sender das Format abgesetzt.

Der Trend könnte weggehen vom reinen Krawall. «Princess Charming» versteht sich neben einem Unterhaltungs- auch als Aufklärungsformat. Der Spagat gelingt. «Wir haben in dem Prozess alle etwas dazugelernt», sagt Produzentin Klink. Szenen, in denen eine Kandidatin anhand eines Cupcakes den vaginalen und klitoralen Orgasmus vorführt, wirken beiläufig wie elegant ins Dating-Geschehen eingewoben.

Dabei lastet als weltweit erste lesbische Datingshow sehr wohl Druck auf dem Format. Eine Verantwortung, es der gesamten Community recht zu machen. Diese sei jedoch nicht «erdrückend», sagt Kandidatin Bine, «sondern eher eine, auf die man stolz ist, weil man gerne das repräsentiert, wofür man steht».

Wichtige Frage: Werden Frauen diskriminiert, die mit einem Penis geboren wurden?

Als die Frauen und die non-binäre Gea im vielleicht beeindruckendsten Moment der Staffel darüber diskutierten, ob die angesprochenen Vulven-Cupcakes Frauen diskriminierten, die mit einem Penis geboren wurden, wurde es kurz sehr ruhig im Haus. Kandidatin Bine war nämlich anderer Meinung, ihre Vorliebe gelte eben ausschliesslich Frauen mit einer Vulva. Gea warf ihrer Mitbewohnerin daraufhin vor, diese Haltung sei «transphob». Zwei Sichtweisen, die es innerhalb der Community gibt – und die der Schnitt die beiden austauschen liess. Sachlich, freundlich, respektvoll. Sechs Minuten lang, ohne Musik, ohne Toneffekte, ohne Schnickschnack. Obwohl es zwei klare Fronten und Tränen gab, normalerweise gefundenes Fressen für die Reality-TV-Macher.

Hier gab es am Ende des Gesprächs keine Gewinnerin und keine Verliererin, dafür aber eine Menge Zuspruch im Netz. In langen Beiträgen schilderten Leute und Betroffene ihre Sicht der Dinge.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Die Sendung würde durch Szenen wie diese Debatten aus der LGBTIQ-Community die Bühne geben, die sie schon lange bräuchten, sagt Julia Zimmermann vom queeren Verband Lambda. So könnten die Leute zuhören und vielleicht sogar etwas lernen. Das geht jetzt tatsächlich auch beim Reality-TV.