Velorennen ZuricritAn der Tour de France diskutierten die Radprofis über das Zürcher Rennen
Am wilden Rundstreckenrennen beim Lochergut gibt es erstmals eine Profikategorie. Mit dabei sind am Samstag auch mehrere Radfahrer aus dem Ausland.
Auf der letzten Bergetappe der diesjährigen Tour de France wurde Stefan Bissegger überrascht. «Gesprochen wird an so einem Tag kaum, jeder leidet für sich. Auf Small Talk hat niemand mehr Lust», sagt der Thurgauer, der im Gruppetto fuhr, wie die Gruppe der abgehängten Fahrer genannt wird. Doch plötzlich fuhr an einem der Pässe ein deutscher Radprofi neben ihm her und begann ihn über Zürich auszufragen.
Konkreter übers Zuricrit: Das einzige Velorennen in der Stadt findet am Samstag zum siebten Mal statt. Es handelt sich um ein Kriterium, das heisst, die Fahrerinnen und Fahrer kreisen während einer Stunde unentwegt um denselben Häuserblock unweit der Lochergutsiedlung, Start und Ziel befinden sich beim Anny-Klawa-Platz.
Vor zwei Jahren konnten die Zuricrit-Organisatoren Radprofi Bissegger als Stargast anwerben. Dieser erzählte in der Folge seinen Profikollegen vom wilden Velorennen mit der guten Stimmung in Zürich.
Ursprünglich war das Zuricrit ein reines Fixie-Rennen, bei dem die Teilnehmenden auf Velos ohne Gangschaltung, Bremsen und Leerlauf antreten. Die Kategorie existiert weiterhin, auch für dieses reisen Spezialisten aus der ganzen Welt an. Später kam eine Kategorie für normale Rennvelos hinzu. Und in diesem Jahr noch eine weitere, exklusiv für Profis.
Keine Unterstützung durch Rad-WM
«Wir sagten uns: Es ist das Jahr der Rad-WM in Zürich, wir müssen all-in gehen und auch ein Profirennen veranstalten», sagt Adrien Merkt, einer der Zuricrit-Organisatoren. Klappte das alles dank grosszügiger Unterstützung der Rad-WM, die Ende September in Zürich stattfindet? Merkt verneint: Man erhalte keine Franken aus dem WM-Budget. «Möglich gemacht wird das Upgrade von neuen Sponsoren.»
Natürlich hatte das Zuricrit-OK Bissegger als Fürsprecher auf seiner Seite, es brauchte aber noch einige Fahrer mehr für ein Profirennen. 60 Fahrer stehen nun auf der Startliste, zusammen mit den anderen Kategorien treten am Samstag 350 Velofahrerinnen und Velofahrer an.
Erstmals werden die Rennen auch gefilmt und die Aufnahmen auf drei Grossleinwänden live übertragen. Die Rennen laufen den ganzen Tag: Die ersten Qualifikationsläufe starten um 14 Uhr, die Finals werden von 17.30 bis 22 Uhr ausgetragen. Im Vorjahr, schätzt Merkt, schauten über den Tag verteilt 8000 bis 9000 Leute dem Velospektakel zu.
Zu den Profis am Start gehört auch der eingangs erwähnte deutsche Radprofi Georg Zimmermann. Er fragte Bissegger, während sie an der Tour de France keuchend einen Pass hochfuhren, ob er ihm denn die Telefonnummer der Organisatoren geben könne, er wolle da auch mitfahren.
Mit Simon Geschke und John Degenkolb stehen weitere deutsche Profis auf der Zuricrit-Startliste, die im Juli mit der Tour de France das wichtigste Radrennen der Welt bestritten.
Die anderen Schweizer Profis fahren in Polen und Spanien
John Degenkolb ist der prominenteste Name, einst gewann er Paris–Roubaix, nun nimmt er das Zuricrit zum Anlass, mit Frau und Kindern Zürich zu erkunden. Mit dabei ist auch Degenkolbs Mutter, die Familie feiert am Freitag hier deren Geburtstag. «Es brauchte nicht viel Überzeugungsarbeit. Ich bin schon oft die Tour de Suisse gefahren, aber in Zürich war ich noch nie», sagt Degenkolb. Vor seiner Zusage erkundigte er sich aber auch noch bei Bissegger.
Dass Letzterer der einzige Schweizer Profi der höchsten Kategorie ist, der am Zuricrit antritt, hat nichts mit Geringschätzung seiner Kollegen zu tun. Sondern mit dem Rennkalender: Parallel finden Worldtour-Rennen in Polen und Spanien statt, wo die Schweizer Profis für ihre Teams und Arbeitgeber antreten. Die übrigen Profistarter am Zuricrit fahren für kleinere Equipen.
Gut möglich, dass sie nächstes Jahr ihre Chefs darum bitten werden, an diesem einen Wochenende im August nicht eingesetzt zu werden. Weil da in Zürich ein Rennen stattfinde, das ziemlich viel Spass mache, wie sie im Gruppetto gehört hätten.
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