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Ukrainisches Schwimm-Märchen
Putins Bomben zerstörten ihre Trainingsstätte – jetzt holen sie Gold

Mit Spektakel zum grössten Triumph: Das Synchronschwimm-Team der Ukraine an der WM in Budapest. 
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Nach dem dramatischen Zwischenfall um US-Synchronschwimmerin Anita Alvarez, die am Mittwoch nach dem Ende ihrer Solo-Darbietung bewusstlos auf den Grund des Beckens gesunken war und von ihrer Trainerin in letzter Sekunde gerettet wurde, ist am Samstag wieder etwas Ruhe eingekehrt ins Alfréd-Hajós-Stadion auf Budapests Margareteninsel. Es ist der Abschlusstag der Weltmeisterschaft – und auch dieser ist wieder sehr emotional und aufwühlend. Wenn auch auf eine völlig andere Art und Weise als am Mittwoch, als alle noch geschockt waren nach Alvarez' Untergang.

Denn das ukrainische Synchronschwimm-Team hat am Nachmittag nach Bronze 2013 und 2019 sowie Silber 2017 das erste WM-Gold überhaupt gewonnen, vor Japan und Italien, mit herausragenden 95,0333 von maximal einhundert möglichen Punkten. Mit ihrer Choreographie «A Magic Castle» haben die zehn Schwimmerinnen, deren Badeanzüge die ukrainische Flagge darstellten, die Zuschauer auf der gut besuchten Tribüne begeistert. Dort waren auch einige ukrainische Fahnen zu sehen, geschwenkt von ihren Müttern, die aus dem Kriegsgebiet nach Budapest gekommen waren.

Im Luftschutzbunker oder in der Metrostation

Natürlich dreht sich bei diesem jungen Team wenig um den Sport und so gut wie alles um den Krieg. Und so steht die Goldmedaillengewinnerin Maryna Alexejewa am Samstag in der Interviewzone und erzählt ausführlich ihre Geschichte von Angst, Flucht und einer Ankunft 2580 Kilometer weiter im Westen. «Wir haben geschlafen, als der Krieg begann, meine Schwester sagte zu mir, als sie aufwachte: Oh, ein Feuerwerk. Wir konnten nicht glauben, dass das im 21. Jahrhundert passiert», sagt Alexejewa der «Süddeutschen Zeitung». An ein Training, zu dem sie eigentlich wie jeden Tag fahren wollten, war nicht mehr zu denken: «Viele von uns Mädchen haben in den Tagen und Wochen danach im Luftschutzbunker geschlafen, in den Metrostationen.»

Nach und nach flüchteten sie aus ihrer Heimat Charkiw, der so stark bombardierten Grossstadt in der Ostukraine, nach Lwiw im Westen, wo es sicherer war. Und von dort aus, samt ihren Trainerinnen, weiter ins Ausland. Drei Tage dauerte die Busreise, und sie endete schliesslich in Savona, jener italienischen Stadt in Ligurien, die vor allem für ihren Fährhafen bekannt ist.

Massen an Urlaubern reisen von dort aus nach Korsika oder Sardinien, doch die ukrainischen Synchronschwimmerinnen wollten eigentlich nur eins: nach Hause. «Aber wir können nicht zurück, und wir wissen nicht, wann wir das können», sagt Alexejewa. Seither leben sie in zwei Appartements mit ihren Trainerinnen in Savona. Und sie begannen, dort zu trainieren, freundschaftliche Bande zu ihren italienischen Konkurrentinnen halfen ihnen dabei.

Die Biathleten kämpfen an der Front

Ihr Trainingskomplex mitten in Charkiw sei erst am Freitag zerbombt worden, erzählt Alexejewa, was mit ihrem Pool ist, wissen sie nicht. Ihre Teamkameradin Waleriya Tyschtschenko, die neben ihr steht und ebenfalls hervorragend Englisch spricht, sagt, dass auch «viele Sportler, die wir kennen, unser Land verteidigen, vor allem viele Biathleten, weil sie gut schiessen können. Es sind auch viele Sportler gestorben. Mehr als die zehn, die offiziell bekannt sind.»

«Wir wollen einfach nur unsere Väter wiedersehen, wir vermissen sie so sehr. Aber wir wissen, dass das jetzt unmöglich ist.»

Waleriya Tyschtschenko, Goldgewinnerin

Schwestern nennen sie sich inzwischen, die Zeit in Savona hat sie zu solchen gemacht. Und sie hat sie so sehr zusammengeschweisst, dass sie nun die Goldmedaille in Budapest gewinnen konnten, was eigentlich kaum zu fassen ist – nach all den traumatischen Erlebnissen, dem fehlenden Training, all den Unwägbarkeiten. Noch wichtiger vielleicht: Manche von ihnen durften ein wenig Zeit mit ihren Müttern verbringen, bevor ihr Bus wieder zurück nach Savona fuhr. Man kann nur erahnen, wie schwer die erneute Trennung gewesen sein muss. Waleriya Tyschtschenko sagt noch zum Schluss: «Wir wollen einfach nur unsere Väter wiedersehen, wir vermissen sie so sehr. Aber wir wissen, dass das jetzt unmöglich ist.»

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