Putin zu Olympia-Besuch bei XiJetzt fordert auch China einen Stopp der Nato-Erweiterung
Den Start der Winterspiele benutzen die beiden Staatschefs, um gemeinsam Front gegen den Westen zu machen. Putin redet in Peking von «beispiellosen» Beziehungen zu China – und er macht Versprechungen.
Russland und China haben sich gemeinsam gegen eine Erweiterung der Nato ausgesprochen. Nach Angaben des Kremls geht dies aus einer gemeinsamen Erklärung hervor, die der russische Präsident Wladimir Putin und sein chinesischer Kollegen Xi Jinping am Freitag bei einem Treffen in Peking verabschiedeten. Das US-geführte westliche Militärbündnis müsse die Herangehensweise «aus der Ära des Kalten Krieges» aufgeben, hiess es demnach weiter.
Den Angaben zufolge sind sich die beiden Staatschefs auch in ihrer ablehnenden Haltung der Einflussnahme der USA im Indopazifik-Raum einig. Dies sei «negativ für Frieden und Stabilität» in der Region, zitierte die russische Regierung aus der gemeinsamen Erklärung. Moskau und Peking seien «ernsthaft besorgt» wegen der intensivierten militärischen Zusammenarbeit der USA mit Australien und Grossbritannien im Indopazifik.
Die drei Staaten hatten im September das indopazifische Bündnis Aukus ausgerufen. Die Kooperation beinhaltet unter anderem einen engen Austausch über Technologie zum nuklearen Antrieb für U-Boote. Dass Australien dann Atom-U-Boote der USA kaufte, sorgte auch für empörte Reaktionen in Frankreich, woher Canberra die U-Boote ursprünglich beziehen wollte.
Putin war anlässlich des Beginns der Olympischen Winterspiele in die chinesische Hauptstadt gereist. Der Kreml hatte zuvor angekündigt, Xi und Putin würden bei der Gelegenheit eine «gemeinsame Vision» zur internationalen Sicherheitspolitik darlegen. Es war erwartet worden, dass es Putin dabei in erster Linie um den Ukraine-Konflikt und den Streit mit der Nato geht.
Mehr Gas für China
Nach den Sanktionsdrohungen des Westens kündigte Putin eine Ausweitung der Gaslieferungen in die Volksrepublik an. Die Beziehungen zu China nannte er «beispiellos». Sie hätten einen «nie da gewesen Charakter» angenommen, so der Kremlchef nach Angaben der Agentur Interfax.
«Im Gassektor wurde ein Schritt nach vorn gemacht», sagte Putin nach ersten Gesprächen. Ein neuer Liefervertrag mit China umfasst zehn Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Zudem seien Lösungen bei der Lieferung von Kohlenwasserstoffen erarbeitet worden. Aus keinem anderen Land importiert die Volksrepublik so viel Energie und Rohstoffe. Derzeit wartet Moskau noch auf eine Zulassung der Gaspipeline Nord Stream 2 nach Deutschland. Die deutsche Regierung hat die Leitung für den Fall eines russischen Einmarschs in die Ukraine in Frage gestellt.
Die Bemühungen um eine diplomatische Lösung der Krise dauern seit Wochen an – bislang ohne greifbare Ergebnisse. Nächste Woche will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu Vermittlungsbemühungen nach Moskau und Kiew reisen. Macron fliegt am Montag zu Putin, am Tag danach zum ukrainischen Staatschef Wolodimir Selenski. Mit beiden hatte Macron zuletzt mehrfach telefoniert. Auch der deutsche Kanzler Olaf Scholz will «in Kürze» nach Moskau reisen.
Geplant ist ferner ein Treffen von Macron, Scholz und dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda in Berlin. Sowohl Deutschland als auch Frankreich vermitteln in dem Konflikt seit Jahren. Angesichts des Aufmarschs von mehr als 100’000 Soldaten wird befürchtet, dass Russland einen Angriff plant. Moskau bestreitet das. Für möglich wird auch gehalten, dass die russische Seite Ängste schüren will, um die Nato zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen.
Die Ankündigung der USA, zusätzlich 2000 Soldaten nach Europa zu verlegen, sorgte diese Woche für neue Aufregung. Der Kreml warf den USA vor, die Lage eskalieren zu lassen. Russland werde nun Massnahmen ergreifen, «um seine eigene Sicherheit und seine eigenen Interessen zu gewährleisten». Russland kritisiert, dass seine Angebote zu Gesprächen über eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa von den USA und ihren Verbündeten in der Nato mit der Stationierung weiterer Nato-Soldaten in Osteuropa und Waffenlieferungen an die Ukraine beantwortet werden. Dagegen warf die Nato der russischen Seite vor, auch noch 30’000 Soldaten nach Belarus zu verlegen.
Erdogan kritisiert Nato-Partner
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat seine Partner in der Nato für ihr Vorgehen im Streit mit Russland wegen des Ukraine-Konflikts kritisiert. «Leider hat der Westen bis jetzt keinen Beitrag zur Lösung dieses Problems geleistet», sagte Erdogan am Freitag auf dem Rückflug von einem Besuch in der Ukraine. «Ich kann sagen, dass sie es nur noch schlimmer machen.»
«Nach dem Abgang Angela Merkels leidet Europa unter ernsten Problemen auf der Führungsebene.»
Besonders bemängelte Erdogan das Verhalten von US-Präsident Joe Biden: Dieser sei «bislang nicht in der Lage gewesen, einen positiven Ansatz zu finden». Lediglich Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel hätte eine Lösung finden können, fügte der türkische Präsident hinzu. Nach ihrem Abgang leide Europa unter «ernsten Problemen auf der Führungsebene».
Erdogan hatte sich bei seinem Besuch in Kiew zum wiederholten Mal als Vermittler im Konflikt der Ukraine mit Russland angeboten. Seinem ukrainischen Kollegen Wolodimir Selenski schlug er ein Gipfeltreffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Türkei vor. Als Nato-Mitglied unterstützt die Türkei die Ukraine, Erdogan pflegt aber auch enge Beziehungen zu Putin.
Moskau reagierte bislang zurückhaltend auf den türkischen Vorstoss. Unter anderem türkische Kampfdrohnen-Lieferungen an die Ukraine und die scharfe Kritik Erdogans an der Krim-Annexion 2014 sind dem Kreml ein Dorn im Auge. Nun versicherte Erdogan jedoch, eine «positive Antwort» aus Moskau auf seinen Vorschlag für einen Gipfel erhalten zu haben.
AFP/SDA/sep
Fehler gefunden?Jetzt melden.