Ausschreitungen in Port-au-PrinceProteste gegen die Erhöhung der Spritpreise legen Haiti lahm
Zahlreiche Strassen sind blockiert, der öffentliche Nahverkehr funktioniert nicht mehr und Plünderer haben ein UN-Lebensmittellager ausgeräumt.
Nach der Ankündigung einer Erhöhung der Kraftstoffpreise ist es in Haiti zu massiven Ausschreitungen gekommen. Unter anderem wurde in der Stadt Gonaïves am Donnerstag ein Lager mit 1400 Tonnen Lebensmitteln des Welternährungsprogramms geplündert und dessen angrenzender Bürokomplex in Brand gesteckt, wie die UN-Organisation mitteilte.
Haitianische Medien berichteten, es habe unter anderem auch in Port-au-Prince gewaltsame Demonstrationen und Plünderungen gegeben. Bereits seit Tagen legen Proteste und Strassensperren mit brennenden Reifen demnach die Hauptstadt des Karibikstaats lahm.
Schon in der vergangenen Woche hatte es in mehreren Städten teils gewaltsame Demonstrationen gegen die Regierung gegeben, vor allem wegen gestiegener Lebenshaltungskosten und tödlicher Bandengewalt. Zahlreiche Strassen sind blockiert, der öffentliche Nahverkehr eingestellt, viele Geschäfte und Unternehmen aus Angst vor Plünderungen geschlossen.
Die Proteste nahmen seit Montag an Intensität zu, nachdem der seit mehr als einem Jahr regierende Interimspremierminister Ariel Henry angekündigt hatte, Subventionen für Erdölprodukte zu kürzen. Damit solle die Verfügbarkeit von Kraftstoff sichergestellt werden. Der Preis für Diesel und Kerosin dürfte sich damit nahezu verdoppeln.
Kein beschlussfähiges Parlament mehr, anhaltende Bandenkämpfe
Haiti ist das ärmste Land des amerikanischen Kontinents. Im Juli 2021 wurde Staatspräsident Jovenel Moïse in seiner Residenz unter noch immer ungeklärten Umständen ermordet. Seit Anfang 2020 hat das Land kein beschlussfähiges Parlament mehr.
Seit mehr als einem Jahr anhaltende Bandenkämpfe im Grossraum von Port-au-Prince haben die ohnehin schwierige Sicherheitslage dort nochmals bedeutend verschlechtert, Tausende Menschen vertrieben und Versorgungsengpässe verursacht.
Die in Gonaïves geplünderten Lebensmittel sollten fast 100’000 Schulkinder bis Jahresende ernähren und als Nothilfe für die am stärksten gefährdeten Familien dienen.
Mehrere Staaten schliessen Botschaften
Mehrere Staaten haben die zeitweise Schliessung ihrer Botschaften in Haiti aus Sicherheitsgründen verkündet. Die Schweiz hält vorerst an ihrer Vertretung fest.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten verfolge die Situation laufend und passe die Sicherheitsmassnahmen für das Personal je nach Lage an, sagte ein Sprecher.
Für Ende 2024 sei der aber der Ausstieg der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit aus der bilateralen Zusammenarbeit in Lateinamerika und der Karibik beschlossen worden. Die Schweiz wird bis dann ihre Botschaft schliessen und das Entwicklungsprogramm in ein humanitäres Programm umwandeln. Aufgrund der Verschlechterung der Sicherheitslage werde das EDA den Transformationsprozess beschleunigen, fügte der Sprecher hinzu.
Die diplomatische Vertretung der Dominikanischen Republik erklärte am Donnerstag, die Botschaft sei wegen der verschlechterten Sicherheitslage bis auf Weiteres geschlossen. Auch Kanada schloss seine Botschaft ab Donnerstag. An den Vortagen hatten bereits Spanien und Mexiko ähnliche Schritte angekündigt.
SDA/ij
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