Pro und Kontra BundesligaProfifussball jetzt – ist das sinnvoll?
Die Bundesliga beginnt am Samstag als erste grosse Sportliga nach dem Corona-Lockdown wieder. Viele freut das, viele ärgert es. Eine Kontroverse zum Comeback des Fussballs.
Ja
Ab Samstag rollt der Ball in der Bundesliga endlich wieder. Das Coronavirus hat weltweit auch den Fussball lahmgelegt, nun sollen und müssen Leben und Normalität zurückkehren – und dazu gehört der Fussball mit all seinen wunderbaren Emotionen.
Deutschland wurde von der Pandemie nicht so stark getroffen wie Italien, Spanien oder die USA. Und so hat das Comeback der Bundesliga, die zum Kulturgut des Landes gehört, Signalwirkung für andere grosse Sportligen.
Natürlich: Spiele ohne Zuschauer sind schrecklich. Und natürlich: Der Fussball besitzt bei vielen Menschen ein schlechtes Image – und ist daran in seiner Masslosigkeit zu erheblichen Teilen selber schuld.
Dennoch: Der mit Skepsis begleitete Sonderweg ist genau richtig. Der Fussball bewegt Milliarden Menschen auf der ganzen Welt. Nur er besitzt sportlich, wirtschaftlich und gesellschaftlich die Strahlkraft, Legitimation und Bedeutung, um die Show wieder zu eröffnen.
Allerdings ist es fraglich, ob die Bundesliga-Saison zu Ende gespielt werden kann, obwohl im zuweilen bizarren Schutzkonzept jedes Detail geregelt ist (nur kurzer Ellenbogen- oder Fusskontakt beim Torjubel). Das Experiment kann jedoch nicht funktionieren, wenn ein ganzes Team bei einem infizierten Fussballer zwei Wochen in Quarantäne geschickt wird. Das ist bei jungen, gesunden Athleten unverhältnismässig.
Es braucht Mut und Tatendrang beim Comeback des gewohnten Lebens. Warten, bis ein Impfstoff vorhanden ist, kann keine konstruktive Alternative sein. Im Fussball würden das zahlreiche Clubs finanziell nicht überleben.
Und im besten Fall bleiben sogar erfreuliche Begleiterscheinungen aus der Corona-Zeit im überhitzten Geschäft zurück: mehr Solidarität und Demut, weniger Grössenwahn und Unvernunft. Vorerst ist es aber bereits schön, sich ab Samstag wieder über den unsäglichen, klinischen Videobeweis zu ärgern.
Nein
Es wirkt in diesen Tagen, als ob wir zum zweiten Mal zu leben lernten. In Schrittchen nähern wir uns als Gesellschaft jenem Zustand, den wir einst profan Alltag nannten und der uns jetzt, zwei Monate später, wie ein fernes Paradies vorkommt. Nun soll alles zurückkehren, aber sachte, sachte.
Das haben fast alle kapiert – der Spitzenfussball nicht. Die Bundesliga nimmt am Wochenende ihren Betrieb wieder auf, die anderen grossen Ligen hoffen, es ihr bald gleichzutun. Diese Hoffnung wird von den Schweizer Profiligen geteilt.
Der Bundesliga-Neustart ohne Zuschauer ist das Resultat eines Powerplays, mit dem der Fussball schon kurz nach dem Beginn der Pandemie einsetzte. Auf allen Kanälen wurde über seine Wichtigkeit für die Gesellschaft argumentiert, als Unterhaltungs- wie als Wirtschaftsfaktor.
Dass der Profifussball nun vor vielen anderen Bereichen des öffentlichen Lebens hochgefahren wird, irritiert. Es erinnert an das römische Prinzip von Brot und Spiele. Jetzt kriegen wir auch unsere liebste Zerstreuung zurück – und sollen so unsere einschneidend veränderten Lebenssituationen vergessen.
Die Bundesliga drängte aber nicht aus Sorge um das Wohl des Volkes auf eine rasche Rückkehr. Sondern aus Sorge um die Milliardenzahlung für ihre TV-Rechte.
Das verdeutlicht: Der Profifussball ist eine Industrie wie viele andere auch – einfach mit einer starken (medialen) Lobby. Doch während andere Wirtschaftszweige andeuten, die Corona-Krise für einen Wandel nutzen zu wollen, fährt der Spitzenfussball im alten Stil weiter: Während der Zwangspause wurden weder Millionenexzesse noch die damit verbundenen Imageschäden hinterfragt, sondern einzig hochkomplexe Schutzkonzepte erarbeitet – eine verpasste Chance.
Das sieht der Fussball natürlich anders: Hauptsache, der Ball rollt wieder. Und die TV-Millionen fliessen.
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