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Meinung

Pro und Kontra zur Hochzeit «to go»
Fortschritt oder Verramschung der Ehe?

Urs and Viviane I. enter the Protestant Church in Affeltrangen in the canton of Thurgau, Switzerland, to get married, pictured on August 22, 2009. (KEYSTONE/Gaetan Bally)

Urs und Viviane I. betreten am 22. August 2009 die evangelische Kirche in Affeltrangen im Kanton Thurgau, um sich trauen zu lassen. (KEYSTONE/Gaetan Bally)

Pro

Fabienne Sennhauser

Viele träumen davon: als Brautpaar durch den Kirchengang zum Traualtar zu schreiten und sich dort gegenseitig ewige Liebe zu versprechen. Tatsächlich aber lassen sich immer weniger Paare kirchlich trauen. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass eine kirchliche Hochzeit mit aufwendigen und langfristigen Vorbereitungen verbunden ist.

Einladungen, Fotograf, Deko, Musik, Location für das Fest danach, Menüauswahl und woran man sonst noch alles denken muss. Kein Paar in meinem Freundeskreis, das nicht mindestens ein Jahr Vorbereitungszeit in seinen «schönsten Tag des Lebens» investiert hat. Von den finanziellen Aufwendungen sei hier gar nicht erst gesprochen.

Dass die reformierte Kirche Stäfa das Liebesversprechen nun kostenlos, ohne Bürokratie oder umständliche Vorbereitungen ermöglicht, ist darum mehr als begrüssenswert. Das Angebot stellt sicher, dass alle Menschen, egal ob hetero, queer, arm, reich mit grosser oder kleiner Familie sich kirchlich trauen oder segnen lassen können. Schliesslich heisst es ja in der Bibel: «Vor Gott sind alle gleich.»

«All You Need Is Love.»

Nur weil die Trauung in Stäfa knapp 20 Minuten dauert, heisst das nicht, dass dieser geschlossene Bund vor Gott flüchtig ist. Schliesslich geht es nicht ums Drumherum, sondern darum, dass sich zwei Menschen gegenseitig zueinander bekennen. Oder wie es John Lennon und Paul McCartney einst so schön formuliert haben: «All You Need Is Love».

Eine billige Vermarktung von Gottes Segen, wie es manche Kritiker befürchten mögen, kann ich darin beim besten Willen nicht erkennen. Vielmehr ist es ein Zeichen für eine weltoffene, vom Menschen und seinen Bedürfnissen her gedachten Kirche.

Kontra

Michel Wenzler

Muss das sein? Natürlich: Alle sollen so leben und heiraten, wie sie wollen. Trotzdem muss man sich fragen, ob es sogar bei einem der wichtigsten Momente – der Hochzeit – so schnell vorwärtsgehen muss wie sonst in unserem durchgetakteten Leben. Ist es wirklich sinnvoll, den Bund der Ehe in gerade einmal 20 Minuten zu schliessen? 

Auch wenn man zuvor sicher etwas länger über das Heiraten nachgedacht hat und sich nicht leichtfertig bindet – es bleibt bei einer solchen Zeremonie ein leichter Nachgeschmack. Als würde man der Institution Ehe vielleicht doch nicht so viel Wert beimessen, wie sie es verdienen sollte. 

«Das erinnert an Heiraten zwischen Cüpli und Casino.»

Man muss heutzutage nicht alles rasch und einfach erledigen können. Die Steuererklärung schon, das Heiraten nicht. Der spontane Segen für die Ehe – das erinnert ein bisschen an Las Vegas, an die Eheschliessung zwischen Cüpli und Casino. Es wirkt wie Fast Food, lässt einen an  Drive-in bei McDonald’s denken und an Coffee to go. Oder, um es etwas schweizerischer auszudrücken: Nun gibt es also die Hochzeit gewissermassen auch aus dem Selecta-Automaten (wo bereits Präservative und Schwangerschaftstests erhältlich sind), jederzeit und quasi per Knopfdruck verfügbar.

Okay, das mag jetzt etwas übertrieben sein. Aber mehr als ein paar Minuten innehalten vor einem wichtigen Schritt im Leben kann nun wirklich nicht schaden. Wer keine Lust auf eine richtige kirchliche Trauung hat, soll doch einfach mit dem Zivilstandsamt vorliebnehmen und danach schön feiern. Und wer wiederum Wert auf eine kirchliche Zeremonie legt, der entscheidet sich doch besser gleich für das Vollprogramm statt nur für den Schongang. Denn auch die Ehe dauert danach ja lang. Hoffentlich.