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Pro-Palästina-Beiträge
Vorzeige-Onlinemagazin «Baba News» gerät in die Kritik

Medien mit "Migrationshintergrund": (Junge) Leute mit Migrationsgeschichte verschaffen sich ueber eigene Kanaelen eine Stimme, weil sie zu wenig in den grossen Medien vorkommen. Merita Shabani und Albina Muhtari von Baba News, am 6. Maerz 2023 in Bern. Foto: Nicole Philipp/Tamedia AG
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«Baba News» gilt als Vorzeigeprojekt für Integration. Entsprechend werden Projekte des Onlinemagazins von verschiedenen Gemeinden, Kantonen und dem Bund unterstützt. Vor zwei Jahren hat die Stadt Bern den Macherinnen den mit 10’000 Franken dotierten Sozialpreis verliehen, weil «Baba News» einen «einmaligen Einblick in die Lebenswelt junger Migrantinnen und Migranten» gewähre, wie die grüne Sozialdirektorin Franziska Teuscher in einer Videobotschaft sagte. Dieser Einblick sei «sehr authentisch, einmal witzig, einmal ernst und oft berührend».

«Wer von Relativierung spricht, wenn die israelische Besatzungs-, Kolonial- und Apartheidpolitik herangezogen wird, lebt in einem luftleeren Raum.»

Instagram-Post von Albina Muhtari, Chefredaktorin «Baba News»

Eher unangenehm berührt fühlten sich jüngst aber viele durch einen «Baba News»-Podcast mit dem Titel «Bedingungslose Solidarität mit Israel widerspricht jeglichen demokratischen Grundsätzen». Darin bezeichnen es die «Baba News»-Macherinnen Albina Muhtari und Merita Shabani zwar als «schrecklich», dass beim Angriff auf Israel Menschen gestorben seien.

Sie kritisieren aber über eine Stunde lang den «Siedlerkolonialismus» Israels, der als «Kontext» herangezogen werden müsse. Die von der Berner Stadtregierung angeordnete Beleuchtung des Zytglogge mit der israelischen Fahne schliesslich wird als «Hohn» und «Schlag ins Gesicht» der Menschen in Palästina und der oppositionellen Israelis bezeichnet.

Israel-Solidarität, die Stadt Bern projeziert die israelische Flagge an den Zytglogge am 12.10.2023 in Bern. Foto: Raphael Moser / Tamedia AG

Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG), spricht in «20 Minuten» von «Propaganda, die einen mörderischen Terror zum Freiheitskampf verklärt und Gewalt auf perverse Weise verherrlicht».

Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) hält den Podcast und weitere Publikationen auf dem Portal für «einseitig und voreingenommen». Das Staatssekretariat für Migration (SEM) wiederum geht auf Distanz und möchte nicht mehr als Partner auf der «Baba News»-Website aufgeführt werden.

«Die Arbeit von ‹Baba News› darf nicht auf die umstrittenen Beiträge reduziert werden.»

Marianne Helfer, Leiterin der Fachstelle für Rassimusbekämpfung

Von Anfang an finanziellen Support geleistet hat die eidgenössische Fachstelle für Rassismusbekämpfung (FRB). Sie hat das Portal in den letzten fünf Jahren mit projektbezogenen Geldern in der Höhe von insgesamt 68’500 Franken unterstützt. Man unterstütze das Onlinemagazin, weil es eine «grosse Reichweite unter jungen migrantischen Menschen» habe und Themen aufgreife, die in anderen Medien wenig Platz fänden, schreibt Fachstellen-Leiterin Marianne Helfer. Die Arbeit von «Baba News» dürfe «nicht auf die umstrittenen Beiträge reduziert» werden.

Die Kritik am Podcast nehme man aber ernst. Helfer hat eine Stellungnahme verlangt und fordert «Baba News» dazu auf, stets die «Grundsätze der Nichtdiskriminierung» einzuhalten und als Prävention von Hass und Gewalt «den Dialog unter verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu fördern».

«Mit äusserstem Befremden»

In Bern und Zürich verlangt die Politik Auskunft von den geldgebenden Behörden. So fordern die Freisinnigen im Berner Stadtrat «Klarheit über die finanzielle Unterstützung» für «Baba News». Wesentlich schärfere Töne schlagen Parlamentsmitglieder im Zürcher Kantonsrat an. Zu ihnen gehören je ein Mitglied von SVP, FDP, den Grünen und der GLP.

Dabei beziehen sie sich auch auf einen Instagram-Post von «Baba News»-Chefredaktorin Albina Muhtari. «Nichts rechtfertigt das Töten von Zivilisten», hält sie darin fest. «Aber wer jetzt von Relativierung spricht, wenn die israelische Besatzungs-, Kolonial- und Apartheidspolitik als Kontext herangezogen wird, lebt in einem luftleeren Raum.»

«Was ‹Baba News› betreibt, ist das Gegenteil von Integration. Es wird auf hetzerische Art einer Spaltung Vorschub geleistet.»

Tobias Infortuna, Sonja Rueff-Frenkel, Gabi Petri und Benno Scherrer, Mitglieder des Kantonsrats Zürich

Die Zürcher Parlamentsmitglieder schreiben von «Unterstellungen» gegenüber Israel, die «zur Rechtfertigung für den Terror der Hamas» beigezogen würden. «Was ‹Baba News› betreibt, ist das Gegenteil von Integration. Stattdessen wird auf einseitige und hetzerische Art einer Spaltung zwischen den Menschen Vorschub geleistet», heisst es im Vorstoss.

Bei der bernischen Gesundheits- und Integrationsdirektion von Pierre Alain Schnegg (SVP) hat man bereits die Konsequenzen gezogen: Die Direktion «beendet jegliche Zusammenarbeit», wie ein Sprecher schreibt. Unterstützt wurde bisher eine Podcast-Reihe mit über 20’000 Franken, zu der der fragliche Podcast nicht gehöre. Diesen habe man mit «äusserstem Befremden zur Kenntnis genommen». Der Kanton distanziere sich «dezidiert» von den darin geäusserten Meinungen und Aussagen, so der Sprecher.

Bei der Stadt Bern und der Berner Burgergemeinde drückt man sich vorsichtig aus. Beide Behörden haben «Baba News»-Projekte im Rahmen von jeweils tieferen fünfstelligen Beträgen unterstützt. Die Berner Stadtregierung will nicht zum fraglichen Podcast Stellung nehmen, weil sie nicht «Subventionsbehörde» sei. Bei der Burgergemeinde wiederum hält man fest, dass das letzte Unterstützungsgesuch für «Baba News» vor anderthalb Jahren eingereicht worden sei. Dabei seien keine «politischen Färbungen» festgestellt worden. Die Burgergemeinde betont aber, dass sie keine «rechtswidrigen Projekte und solche mit stossenden Inhalten» unterstütze.

«Angriff auf unsere Redaktion»

Die «Baba News»-Macherinnen betonten, dass der inkriminierte Podcast von keiner öffentlichen Stelle finanziert worden sei. In diesem Sinne seien die politischen Vorstösse in Zürich und Bern «befremdlich» und ein «grundsätzlicher Angriff auf unsere Redaktion». Der im Zürcher Vorstoss erhobene Vorwurf der «Hetze gegen Israel» sei eine «Unterstellung, um Kritik an der israelischen Politik zu delegitimieren». Die Journalistinnen verweisen auf die Medienfreiheit und bezeichnen es als «besorgniserregend», dass nun «ausgerechnet Stimmen aus der Politik» versuchten, dieser Freiheit «Schranken zu setzen».

Die Streichung «bereits zugesprochener Gelder» für eine Podcast-Reihe durch den Kanton Bern schliesslich sei «inakzeptabel», halten die «Baba News»-Chefinnen fest.

Ihnen sei es darum gegangen, die «Ereignisse in Israel und Gaza» einzubetten. Zudem wollten sie den «öffentlichen Diskurs dazu kritisch hinterfragen». Dabei sei es nie um Kritik an der «jüdischen Gemeinschaft an sich» gegangen, sondern um Kritik an einem Staat, «der gemäss der UNO das Völkerrecht seit Jahrzehnten massiv missachtet und gegenwärtig über zwei Millionen Menschen einer grausamen Kollektivstrafe aussetzt».

Zum Schluss betonten die Macherinnen den Charakter des Magazins, das die «Mehrstimmigkeit diverser multikultureller Communitys» sichtbar machen möchte. Als solches habe es «Baba News» «verpasst», auch proisraelische Stimmen zu Wort kommen zu lassen «und somit die innerjüdische Vielfalt noch stärker sichtbar zu machen, wenn es um den Nahostkonflikt geht». Sie hätten diesbezüglich den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) eingeladen, an der nächsten Podcast-Folge teilzunehmen.