Bund reduziert SubventionenPreisschub bei Munition brüskiert Schützen
Ab nächstem Jahr kostet eine «Gewehrpatrone 11» 60 statt 35 Rappen. Die Schiesslobby ist sauer: Das sei «Geringschätzung» ihrer Traditionen, kritisiert ein Verbandschef.
Zehntausende Schützinnen und Schützen, die in der Schweiz mit alten Gewehren schiessen, müssen für Munition bald mehr zahlen: Ab 2024 steigt der Preis pro Patrone von 35 auf 60 Rappen. Der Bund hat beschlossen, die Förderbeiträge der sogenannten Gewehrpatrone 11 («GP11») zu reduzieren. Dies auf Empfehlung der Eidgenössischen Finanzkontrolle. Der «Blick» berichtete zuerst darüber.
Die Munition wurde 1911 eingeführt. Vor allem Schützinnen und Schützen, die das alte Sturmgewehr 57 oder den noch älteren Karabiner benutzen, verwenden die Patrone. Die Armee selbst braucht sie nur noch für eine beschränkte Zahl Maschinengewehre.
Die Subventionen betreffen das ausserdienstliche Schiessen, also das Hobby vieler Schützinnen und Schützen, das diese oft mit einem Bekenntnis zur Schweiz gleichsetzen. Bei den über 2000 Schützenvereinen beliefen sich die Subventionen laut Finanzkontrolle im Jahr 2019 auf 10,2 Millionen Franken und 2020 auf 7,9 Millionen.
«Erosionsprozess zum Nachteil der Schweiz»
Die Reaktionen der Schiessverbände auf den Preisknall fällt unterschiedlich aus. Der Berner Ex-SVP-Regierungsrat Ueli Augsburger präsidiert die mächtigen «Historischen Schützen Schweiz»; er kritisiert den Bund scharf. Die Vereinigung zählt rund 50’000 Mitglieder. Diese betreiben und besuchen die vielen historischen Schiessen (Rütlischiessen, Bauernkriegs-Gedenkschiessen, Murtenschiessen und einige mehr), die jährlich in allen Regionen des Landes stattfinden.
Augsburger sagt: «Mit dieser Preisverdoppelung leitet der Bund einen Erosionsprozess zum Nachteil der Schweiz und ihrer Werte ein.» Wehrwille und Demokratie beruhten in der Schweiz auf Werten. Zu diesen gehöre der gesellschaftliche Zusammenhalt über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg. Mit den höheren Preisen demonstriere der Bund gegenüber den Schützinnen und Schützen eine Geringschätzung gegenüber dieser Integrationsleistung.
Heute gebe es unter den Jungschützen immer mehr Secondos sowie Ausländerinnen und Ausländer, die in Dörfern und Zentren das Schiessen erlernten. «Mit der traditionellen Pflege der Kameradschaft vor und nach dem Schiessen kommen Jüngere und Ältere ins Gespräch, es ergeben sich Kameradschaften – das ist gelebte Integration», argumentiert Augsburger.
Die zweite grosse Vereinigung, der Schweizer Schiesssportverband (SSV), gibt sich einigermassen gelassen. Die Preiserhöhung bereite ihm keine Freude, schreibt der Verband. Nach langen Verhandlungen mit dem Bund habe man allerdings höhere allgemeine Zuschüsse für die einzelnen Schützengesellschaften herausholen können.
Neu erhalten sie 30 statt gut 20 Franken für jeden Armeeangehörigen, der seine jährliche obligatorische Schiesspflicht beim Verein absolviert. Und mit zusätzlichen 15 Franken pro Jungschützin oder Jungschütze entschädigt der Bund auch die Nachwuchsförderung besser.
«Der Wehrwille wird untergraben»
Viele Freizeitschützen schwören auf ihr Sturmgewehr 57. Dieses sei präziser als das neue Sturmgewehr 90, behaupten sie – also besser als die aktuelle Waffe der Schweizer Armeeangehörigen. Diese Leistung müsse der Staat unterstützen und nicht bestrafen, nur um letztlich einen lächerlichen Subventionsbetrag einzusparen, sagt Ueli Augsburger.
Die höheren Munitionspreise sind auch im Bundeshaus umstritten. Ein Viertel des Ständerats, bestehend aus Mitte, FDP und SVP, fordert in einer Motion des Berner Ständerats Werner Salzmann, den Preis für GP11-Munition nicht zu erhöhen. Salzmann befürchtet, dass wegen der teureren Munition weniger geschossen werde und so «der Wehrwille untergraben» werde.
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