Zürcher Influencer Joung Gustav Er liess 24’000 Franken vom Himmel regnen
Hinter der Geldabwurf-Werbeaktion am See, bei der ein Jugendlicher niedergestochen wurde, steckt Joung Gustav. Wer ist der Tiktok-Star, der zum Unternehmer wurde?
Am 11. Mai warf eine Drohne 2400 Zehnernötli über der Chinawiese beim Zürichhorn ab. Im Gedränge, das der Notenregen auslöste, wurde ein 12-Jähriger mit einem Messer am Unterleib verletzt.
Schon länger wurde vermutet, dass Joung Gustav und seine Getränkefirma Vyte die Geldverteilung durchgeführt haben. Die Firma äusserte sich nicht dazu. Doch vergangenen Sonntag hat Mitgründer Joung Gustav auf Tiktok die Spekulationen bestätigt. Der Influencer ist mit seinen Millionen von Followern eine Art Superstar bei der hiesigen Generation Tiktok. Menschen über 40 kennen ihn kaum.
Inspiriert von früheren Geldregenaktionen habe man der «Community» einen Teil der Einnahmen zurückgeben wollen, sagt Joung Gustav in einem Video. Den Angriff auf den 12-Jährigen habe das Team trotz mehreren Sicherheitsleuten nicht verhindern können. Man habe der Polizei alle Videoaufnahmen des Events übergeben.
Gemäss Joung Gustav handelt es sich nicht um einen Unfall, die Polizei fahnde nach einem «aktiven Täter». Ein mit der Aktion verbundener Account rief dazu auf, Beobachtungen zum Vorfall der Polizei zu melden. Die Staatsanwaltschaft äussert sich auf Anfrage nicht weiter zu den laufenden Ermittlungen.
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Der verletzte Bub sei nach einigen Tagen aus dem Spital entlassen worden, ihm gehe es gemessen an den Umständen gut, sagt Joung Gustav. «Es tut uns sehr leid, was dem Buben widerfahren ist.» Man wolle dem Kind im privaten Rahmen «etwas Gutes tun».
Kritik an gefährlicher Dynamik
Im Nachhinein sorgt die Geldabwurfaktion für Kritik. Thomas Frommelt ist CEO der auf Guerilla-Marketing spezialisierten Zürcher Werbeagentur Propaganda. Diese Art Werbung bewegt sich an der Grenze des Zulässigen und hat zum Ziel, mit relativ wenig Aufwand viel Öffentlichkeit zu erreichen. «Anscheinend sind die Risiken eines Geldabwurfs nicht richtig durchdacht worden», sagt Frommelt zur Aktion. Zentral sei es beim Guerilla-Marketing, Erstaunen und Freude auszulösen. «Der Geldregen hingegen hat die Gier der Leute angesprochen. Die Urheber haben dabei eine unkontrollierbare Dynamik in der Menschenmenge in Kauf genommen.» Deshalb erachtet Frommelt die Aktion als missglückt.
Die Migros, die das Vitaminwasser mit Joung Gustav im Frühling 2023 lanciert hat, schreibt auf Anfrage: «Der Influencer Joung Gustav setzt seine Videos in Eigenregie um. Die Migros hat damit nichts zu tun.» Das Getränk ist in den Filialen der Grossverteiler Migros und Coop sowie an Valora-Kiosken erhältlich.
Die Gratisgeldaktion war nicht angemeldet. Daher prüft die Stadtpolizei derzeit allfällige Verletzungen der Drohnenvorgaben und der Bewilligungsvorschriften, wie es auf Anfrage heisst.
Bekannt durch lustige Videos
Joung Gustav wurde bekannt durch unterhaltsame Kurzvideos, die er mit jungen Leuten an Zürcher Ausgehorten erstellte, insbesondere beim Bahnhof Stadelhofen. Er beherrscht die Kunst, mit allen Menschen locker zu plaudern. Seine Videos verschafften vielen Jugendlichen Gehör. «Die Leute haben das Bedürfnis, gesehen zu werden», sagte Joung Gustav 2021 im Gespräch mit dieser Redaktion.
Viele jüngere Tiktok-Nutzende sahen den 31-Jährigen von Beginn weg als Urheber des Geldabwurfs. Denn schon frühere Aktionen von ihm funktionierten ähnlich. Einige davon schätzten Experten in einem Bericht von CH Media als medienethisch fragwürdig ein, darunter ein Clip, in dem ein Blitz in den Prime Tower einschlägt. Für viel Aufmerksamkeit sorgte auch ein Double des Rappers Travis Scott, der am Open Air Frauenfeld eine Vyte-Flasche in den Händen hält. Als die Firma später bekannt gab, dass es sich um ein Double handle, hatten sich die Videos längst verbreitet.
Wie Gustav in einem seiner Videos erzählt, liegt darin seine Strategie: Wenn in Zürich etwas auf den ersten Blick Unerklärliches passiere und Bilder davon viral gingen, sollten junge Leute dies mit seinem Getränk in Verbindung bringen. Das geschah nach dem Geldregen.
Seit Joung Gustav eine Getränkefirma hat, vermischen sich seine Tätigkeiten als Influencer mit jenen des Unternehmers. Das ist kein Zufall: «Für die Migros waren meine Reichweite und meine Marketing-Skills ausschlaggebend für den Deal», sagte er im Interview mit dieser Redaktion im Frühling 2023.
So rückt Joung Gustav in den Videos vermehrt die eigenen Getränke ins Zentrum. Oder er veranstaltet auf der Strasse Geschicklichkeitswettbewerbe, deren Gewinner Geld erhalten.
Mitarbeit: Beat Metzler
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