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Personen ohne Lehrdiplom in Zürich
Silvia Steiner wird in der Poldi-Debatte mit Vorwürfen eingedeckt

Lehrpersonen ohne Diplom: Die Poldis organisieren sich und fordern Geld für die Ausbildung.
Porträts von den drei Poldis: Marco Colombo, links,  Sofia Venakis, Mitte, Vera Achana, rechts.
20.02.2024
(URS JAUDAS/TAGES-ANZEIGER)
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Sie helfen seit anderthalb Jahren aus in den Schulen, die wegen des Lehrpersonenmangels in Not sind. Und doch spüren sie zu wenig Anerkennung vonseiten des Kantons. Vier Personen ohne Lehrdiplom, Poldis genannt, haben ihre Situation gegenüber dieser Redaktion geschildert.

Sofia Venakis zum Beispiel ist 48-jährig und alleinerziehende Mutter von drei Kindern. Die Fachfrau Kinderbetreuung führt mit einer Poldi-Kollegin eine Kindergartenklasse. Im Sommer beginnt sie berufsbegleitend ihr Studium an der Pädagogischen Hochschule (PH). Doch sie hat ein Problem: Sie kann dann nur noch maximal 40 Prozent arbeiten und verdient so weniger als 2500 Franken brutto – zu wenig zum Leben.

Andere Poldis möchten länger in der Schule arbeiten, dürfen aber von Gesetzes wegen nicht. Ihr Einsatz in einer Schulklasse darf nicht länger dauern als ein Jahr. Die Betroffenen müssen entweder die Gemeinde wechseln, wie Sofia Venakis ein PH-Studium aufnehmen oder den Dienst quittieren.

Steiner blockt ab

Die Problematik ist in der Politik bekannt. Der Kantonsrat hatte im Oktober 2022 mit grossem Mehr einen dringlichen Vorstoss an den Regierungsrat überwiesen mit der Aufforderung, «die Anstellung von Lehrpersonen ohne Zulassung zum Schuldienst über ein Jahr hinaus für das Schuljahr 2023/24 möglich zu machen».

Regierungsraetin und Bildungsdirektorin Silvia Steiner informiert an einer Medienkonferenz ueber die geplanten Massnahmen fuer die Perspektiven der Personen ohne Lehrdiplom, am 17. November 2022 in Zuerich. Als Folge des aktuellen Arbeitskraeftemangels unterrichten seit diesem Schuljahr rund 530 Personen ohne anerkanntes Lehrdiplom an Zuercher Volksschulen. (KEYSTONE/Ennio Leanza)

Bildungsdirektorin Silvia Steiner (Mitte) antwortete im März 2023 abschlägig. Kinder haben Anspruch auf einen Unterricht «durch eine genügend ausgebildete und fähige Lehrperson», hiess es. Ausnahmen sind in Notzeiten erlaubt, aber nur befristet auf ein Jahr. Für alles andere fehle die gesetzliche Grundlage.

«Unnötige Schikane»

Das Parlament anerkannte den Fakt, protestierte aber. Am Montag kam dies in der Debatte klar zum Ausdruck. «Die Begrenzung auf ein Jahr hat sich als untauglich erwiesen», sagte Raffaela Fehr (FDP, Volketswil) und warf Bildungsdirektorin Steiner vor, keine Gesetzesänderung vorgeschlagen zu haben. Aus Sicht der Parlamentarierin hätte dies eine schnellere Lösung ermöglicht als ein weiterer Vorstoss im Kantonsrat.

Ähnlich angriffig zeigte sich Christoph Ziegler (GLP, Elgg). Die Bildungsdirektion habe auf stur gesetzt, kritisierte er. «Aussergewöhnliche Situationen erfordern aussergewöhnliche Massnahmen», sagte Ziegler und bezeichnete das «Schulhaushopping von Gemeinde zu Gemeinde» der Poldis als «unnötige Schikane». Er erwarte pragmatische Lösungen.

¨Ähnliche Kritik kam aus den Reihen der SVP, Grünen und AL. «Einen Poldi nach einem Jahr durch einen anderen Poldi zu ersetzen, ergibt keinen Sinn», sagte etwa Lisa Letnansky (AL, Zürich).

Ansehen der Lehrpersonen erhalten

Nur die SP, Mitte und EVP verteidigten die jetzigen Bestimmungen. Sibylle Jüttner (SP, Andelfingen) sagte, die heutigen heterogenen Schulklassen erforderten «ein hohes Mass an fachlichen Kompetenzen». Es gelte, das Ansehen der Lehrpersonen zu erhalten. Eine Notfallübung zu verlängern, sei nicht zielführend. Viel besser sei, den Quereinsteigenden den Einstieg zu erleichtern, sagte Jüttner.

Silvia Steiner sagte, dass die Gemeinden die Anstellungsbehörden für Lehrpersonen sind und die Schulleitungen in der Verantwortung stehen. Aus gesetzlichen Gründen sei die Forderung des dringlichen Postulats «nicht erfüllbar» gewesen. Ein Gesetz «rasch, rasch zu ändern» komme selten gut, sagte Steiner und spielte den Ball zurück an den Kantonsrat: «Aber Sie sind die Gesetzgeber.»

Am Ende schrieb ebendieser Kantonsrat den dringlichen Vorstoss mit einer abweichenden Stellungnahme als erledigt ab. Dies geschah mit 120:50 Stimmen, was einer kleinen Watsche für die Bildungsdirektorin gleichkommt.