Erstes Spiel seit 112 TagenUnd plötzlich hört man alles
Der Cup-Viertelfinal zwischen Lausanne-Sport und dem FC Basel zeigt, dass auch der Schweizer Fussball in der Corona-Zeit funktioniert.
Ordnung muss sein. Da spielt es auch keine Rolle, ob man Vladimir Petkovic, Pierluigi Tami oder Dominique Blanc heisst. Also schreitet der Ordner zielsicher auf die drei prominenten Gäste zu und sagt ihnen, aus gebührendem Abstand natürlich, dass die Markierungen auf dem Boden auch für Nationaltrainer, SFV-Direktoren und -Präsidenten gelten.
Kurze Irritation, schmales Lächeln. Aber an diesem Sonntag sind keine Ausnahmen gestattet. Also stellen sich Petkovic, Tami und Blanc fein säuberlich hintereinander auf, geben ihre unterschriebenen Sicherheitserklärungen ab und erhalten im Gegenzug ein blaues Band für ihr Handgelenk. Denn ohne Band geht nichts an diesem Nachmittag.
Das erste offizielle Fussballspiel auf Schweizer Boden seit 112 Tagen ist kein normales. Wie könnte es auch? Alle schauen auf den Cup-Viertelfinal zwischen dem FC Lausanne-Sport und dem FC Basel. Schweizer Fussball gab es zuletzt ja nur aus der Konserve. Und nachdem die Bundesliga vor einigen Wochen den Anfang gemacht hat, sind nun alle gespannt: Wie macht es die Schweiz?
Jeder Ball wird gereinigt
Vielleicht liegt es an den mittlerweile gewohnten Fernsehbildern aus Deutschland, Spanien oder Italien. Und vielleicht auch ein bisschen am Stade Olympique de la Pontaise, das ja schon vor Corona nicht gerade für seine packende Atmosphäre bekannt war. Aber wirklich speziell ist die Wiederaufnahme nur an ihren Rändern.
Die Gesichtsmasken, die manche konsequent tragen, andere hingegen schnell wieder in der Tasche verschwinden lassen. Die Balljungen, die mit Desinfektionsmittel jeden Ball reinigen, der über die Aussenlinien fliegt. Und natürlich die Stille, in der man jede Anweisung hört und manchmal auch Dinge, die vermutlich keiner hören soll. Wenn FCB-Trainer Marcel Koller nach einer verkürzten Vorbereitung in der Verlängerung zum Beispiel auf den Platz schaut und zum Zustand beider Teams festhalten muss: «Erstes Spiel und schon am Anschlag.»
«Speziell» ist das Wort, das Basels Torhüter Jonas Omlin nach dem Abpfiff wählt. Er ist nach dem 3:2-Sieg des FCB der Mann des Spiels. Trotzdem geht es mehr um das Drumherum als um seine Paraden, die an einem normalen Tag mehr Fragen verdient hätten. Aber was ist schon normal in diesen Zeiten? Omlin spricht von der Anreise und der Maskenpflicht im Bus. Von den mehreren Kabinen, die die Spieler in Beschlag nehmen, um vor der Heimfahrt noch duschen zu können. Und von der ungewohnten Ruhe während des Spiels. Man könne es im Training zwar immer und immer wieder imitieren. Aber normal werde ein Pflichtspiel in einem leeren Stadion nie sein.
Ansonsten ist der Nachmittag aber der Beweis dafür, dass Fussball in der aktuellen Situation auch in der Schweiz funktioniert. Erst recht dann, wenn er so ist wie zwischen Lausanne und Basel: Mit fünf Treffern, Verlängerung, einer hitzigen Schlussphase inklusive Platzverweis. Durch die rund 100 Zuschauer auf der Haupttribüne kommen bei den Toren der Gastgeber und in der Schlussphase sogar ein paar Erinnerungen an den Fussball vor der Pause auf. Ein kleines bisschen zumindest.
Nach dem Spiel, da sind Vladimir Petkovic, Pierluigi Tami oder Dominique Blanc schon lange nicht mehr da, versammeln sich einige Fans der Gastgeber vor den Toren des Stadions. Sie singen, jubeln, zünden Pyros. Die Polizei schaut sich die Szenen aus einiger Distanz an, auch die kleine Rangeleien innerhalb der Gruppe. Es sind die Bilder, die man vor dem Fernseher nicht sieht. Und die Erinnerung, dass sich in den kommenden Wochen vielleicht nicht alle so gewissenhaft an die neuen Regeln des Corona-Fussballs halten werden wie der Schweizer Nationaltrainer.
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