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Physiologe im Interview 
«Bei Hitze achte ich darauf, mich jeden Morgen und Abend zu wägen»

«Das Schwitzen in seiner vollen Funktionsfähigkeit tritt nämlich erst mit der Pubertät ein»: Jugendliche kühlen sich beim Brunnen auf dem Bundesplatz ab.
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Herr Gunga, wie gehen Sie als Mediziner mit den heissen Tagen um?

Keinen Sport treiben, viel trinken. Ich achte ausserdem sehr darauf, mich jeden Morgen und Abend zu wägen.

Warum?

Das Flüssigkeitsdefizit. Wenn ich abends zwei Kilo weniger wäge, beruht das darauf, dass ich zwei Liter Flüssigkeit verloren habe. Marschiere ich mit diesem Verlust in den nächsten Tag hinein, summiert sich das.

Grundlegend: Was passiert im Körper, wenn die Temperatur steigt?

Der Mensch muss die Temperatur von 37 Grad in seinem Körperkern halten. Das sind die Organe Herz, Gehirn, Lunge und Leber. Jede Abweichung von ein, zwei Grad führt zu Funktionseinschränkungen.

Ab welcher Temperatur wird es kritisch?

Wenn Sie eine Lufttemperatur von 30 Grad haben und eine Luftfeuchtigkeit von 30 Prozent, dann fühlt sich das an wie 30 Grad. Haben Sie nur drei Grad mehr, dafür aber 80 oder 90 Prozent Luftfeuchte, fühlt sich das schon an wie 54 Grad. Darum arbeiten viele Forscher mit der Wet Bulb Globe Temperature, um Hitzebelastung zu messen, ein zusammengesetztes Mass aus Lufttemperatur, der relativen Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit und Strahlung. Es wird ebenso in Grad angegeben. 22 Grad sind in diesem Mass super, der Körper ist da auf voller Leistungsfähigkeit. Richtig in die Knie geht er, wenn wir 28 Grad Wet Bulb erreichen, und die hatten wir diesen Sommer ungefähr.

«Am besten sind Ausdauerläufer geschützt. Aber auch alle, die sich täglich regelmässig bewegen, gar nicht unbedingt nur Sport.»

Manche Menschen sind stärker gefährdet als andere: Ältere, Kranke - und auch Übergewichtige?

Wenn der Body Mass Index deutlich über 30 liegt, belastet dies das Herz-Kreislauf-System. Übergewichtige werden die Hitze nicht so gut los und überhitzen dadurch schneller. Leider ist auch bei Kleinkindern die Gefahr grösser. Das Schwitzen in seiner vollen Funktionsfähigkeit tritt nämlich erst mit der Pubertät ein.

Und wer steckt Hitze am besten weg?

Menschen, die zwei Dinge vereinen: ein Herz-Kreislauf-System, das darauf trainiert ist, über längere Zeit auf höherem Niveau zu arbeiten; und eine gute Temperaturregulation, also aktiv beanspruchte Schweissdrüsen. Am besten sind darum Ausdauerläufer geschützt. Aber auch derjenige, der sich täglich regelmässig bewegt, gar nicht unbedingt nur Sport.

Welchen Effekt hat Hitze denn auf die Psyche?

In den USA haben Untersuchungen die Examensleistungen an Schulen miteinander verglichen. Diejenigen mit erhöhten Umgebungstemperaturen hatten sehr viel schlechtere Ergebnisse im gleichen Test als die, bei denen es kühler war.

Verliert man bei Hitze eigentlich auch schneller die Nerven?

Es gibt eine interessante Studie, in der Chats und Tweets nach Beschimpfungen durchsucht worden sind. Auch da ergab sich eine klare Korrelation. Das liegt am Antidiuretischen Hormon (ADH), das vermehrt ausgeschüttet wird, wenn es sehr heiss ist. Es regelt den Wasserhaushalt, doch das ADH hat einen Begleiteffekt: Es macht uns aggressiver.