Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen
Meinung

Philipp Loser über Sparpolitik
Keller-Sutters beste Freundin ist …

Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Wäre es nicht zu kitschig (und physiologisch unmöglich), man müsste schreiben: Ihre Augen leuchten.

Sie leuchten immer dann, wenn sie zur Schuldenbremse befragt wird. Sie leuchten, wenn jemand die Schuldenbremse irgendwo beiläufig erwähnt. Und wahrscheinlich leuchten sie auch dann, wenn sie einfach nur an die Schuldenbremse denkt. «Sie ist ein Segen», hat Finanzministerin Karin Keller-Sutter einmal über sie gesagt. Sie hat die Schuldenbremse als «gute Freundin» bezeichnet, einmal sogar als «beste Freundin».

Beste Freundin!

Es gibt schon einen Grund, warum dieses ziemlich technische finanzpolitische Instrument bei Karin Keller-Sutter (und in weiten Teilen der FDP) für derartige emotionale Ausbrüche sorgt. Die Schuldenbremse, vor zwanzig Jahren erfunden von FDP-Finanzminister Kaspar Villiger, um den Schweizer Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen und die Verschuldung zu senken, entspricht geradezu perfekt dem freisinnigen Selbstverständnis: immer fleissig sein, immer schaffen, schaffen, schaffen. Nicht über die Stränge schlagen. Nur ausgeben, was man auch wirklich hat. Sparsam leben.

Es ist der in eine mathematische Formel verpackte protestantisch-freisinnige way of life. Genial!

Vor allem, wenn es normal läuft. Dann kommt das Geld rein, die Verwaltung budgetiert zu vorsichtig (wie immer), mit den Überschüssen baut man Schulden ab (und senkt die Steuern) und klopft sich dann zum Ende des Jahres stolz auf die Schultern. Geil, Schuldenbremse.

Und selbst wenn die Zeiten etwas härter sind, jetzt also, ist das für die bürgerliche Mehrheit in Parlament und Bundesrat auch noch kein Problem. Dann wird halt gespart! Am liebsten bei der Entwicklungshilfe, bei der Bildung oder auch im Asylwesen. In Bereichen, in denen der Widerstand überschaubar ist (also meistens ausschliesslich von links kommt).

Haarig wird es erst dann, wenn die Bürgerlichen selber für etwas Geld möchten. Jetzt zum Beispiel für die Armee, für die das Parlament kurz nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine eine beispiellose Erhöhung des Budgets beschlossen hat.

Man kann nun sehr ernsthaft darüber streiten, wie stark und wie schnell unsere Armee aufgerüstet werden soll. Wenn man sich vergangene Anschaffungen der Armee in Erinnerung ruft und sich ganz allgemein die Budgetführung des Militärs anschaut, dann ist das nicht sehr vertrauenserweckend. Ob die Armee wirklich weiss, was sie mit all den Milliarden anstellen soll?

Aber das ist eine andere Diskussion. Im Zusammenhang mit der geliebten Schuldenbremse der Bürgerlichen ist es fast noch interessanter, wie kreativ die Finanzpolitiker von FDP, Mitte und SVP werden, wenn es um eigene Bedürfnisse geht. Die ständerätliche Finanzkommission (bürgerlicher wird es im Parlament kaum) hat sich kürzlich die Einführung einer Bundeswehrsteuer überlegt und beantragt, die Rüstungsausgaben ausserordentlich zu verbuchen (also ausserhalb der Schuldenbremse). In der Mitte erwägt man, die Mehrwertsteuer kurzfristig zu erhöhen, um mehr Geld für die Rüstung zu erhalten, und aus der FDP kommt der nicht sehr freisinnige Vorschlag, die Unternehmer für eine kurze Zeit stärker zu besteuern (Prognose: chancenlos).

Alles, damit die Schuldenbremse eingehalten werden kann. Hier offenbart sich eine Lebenslüge: Normalerweise werfen bürgerliche Finanzpolitikerinnen und -politiker ihren linken Konterparts gerne vor, sie wüssten nicht, woher das Geld kommt, sondern nur, wie man es ausgibt. Sie werfen ihnen vor, ihnen falle nichts anderes ein, als die Steuern zu erhöhen. Diese bürgerlichen Finanzpolitikerinnen und -politiker wollen nun also genau das tun.

Die Steuern erhöhen, um dann ganz viel Geld auszugeben.

Oder anders gesagt: Lang lebe die Schuldenbremse! So lange sie bloss nicht mich trifft.

Philipp Loser ist Redaktor des «Tages-Anzeiger».