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Verbot von Importen
Wann sind Pelze tier­quälerisch? Tierschützer widersprechen Bundesrat

White Turf St. Moritz, Sonntag 23. Februar  2014.
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Sie verbringen ihr ganzes Leben in kleinen Gitterkäfigen und werden am Ende vergast – oder sogar lebend gehäutet. Millionen von Tieren leiden für Pelzprodukte. Für Mäntel, den Besatz von Kapuzen oder Handtaschen. Allein für die Pelze, die in die Schweiz eingeführt werden, werden laut Tierschutzorganisationen jährlich 1,5 Millionen Tiere gequält. 

Die Organisationen wollen dem ein Ende bereiten. Mit der Pelzinitiative fordert die Alliance Animale Suisse, dass ein neuer Satz in die Verfassung geschrieben wird: «Die Einfuhr tierquälerisch erzeugter Pelzprodukte ist verboten.» 

Der Bundesrat findet das Anliegen «grundsätzlich unterstützenswert», hegt aber handelsrechtliche Bedenken. Er hat deshalb einen indirekten Gegenvorschlag beschlossen. Die geplanten Gesetzesänderungen hat er am Mittwoch in die Vernehmlassung geschickt. 

Auf den ersten Blick erfüllt der Bundesrat die Forderung der Initiative – und geht sogar noch darüber hinaus: Er will nicht nur den Import und die Durchfuhr von tierquälerisch hergestellten Pelzen verbieten, sondern auch den Handel mit solchen Produkten.

Nicht nach Schweizer Standard

Allerdings will der Bundesrat «tierquälerisch» anders definieren als die Initianten. Zwar enthält der Initiativtext keine Definition. Die Initianten verstehen darunter aber alles, was nicht dem Schweizer Standard entspricht. Zurzeit seien im Ausland keine Pelzfarmen bekannt, die die Schweizer Standards einhielten, schreiben die Initianten auf ihrer Website. «Daher gibt es aktuell keine Pelze oder Pelzprodukte von Pelzfarmen, welche nicht tierquälerisch erzeugt wurden.» Verboten wären mit der Initiative auch Pelze aus allen Jagd- und Fangmethoden, die in der Schweiz nicht zugelassen sind. 

Obwohl die Definition nicht im Initiativtext steht, geht auch der Bundesrat davon aus, dass die Initiative so interpretiert werden muss. Aus handelsrechtlicher Sicht sei aber ein Einfuhrverbot problematisch, das auf die schweizerische Gesetzgebung Bezug nehme, schreibt er im Bericht zur Vernehmlassung. Das würde gegen das Zoll- und Handelsabkommen GATT verstossen. 

Tötung mit Totschlagfallen erlaubt

Der Bundesrat schlägt deshalb vor, dass nur jene Produktionsmethoden als tierquälerisch gelten sollen, welche die Tierwohlleitprinzipien der World Organisation for Animal Health (WOAH) verletzen. Diese besagen etwa, dass das Tier keine Schmerzen und keine Angst erleiden soll. 

Doch was heisst das genau? Die Haltung in Käfigen mit Gitterböden ist auch gemäss den WOAH-Prinzipien tierquälerisch. Nicht tierquälerisch sind dagegen die in der Schweiz verbotenen Totschlagfallen. Der Bundesrat hält dazu fest, die Tiere gingen freiwillig in diese Fallen hinein und würden dann augenblicklich artgerecht erschlagen.

Gemäss dem Gegenvorschlag wäre der Import von Pelzen also nicht verboten, wenn die Tiere mit einer solchen Falle gefangen wurden. Weitere Beispiele für Unterschiede kann das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen nicht nennen. Es will aber eine Liste erarbeiten.

Ausnahme für private Importe

Den Initianten geht das nicht weit genug. Zwar schliessen sie einen Rückzug der Initiative nicht aus. Dafür müssten aber am Gegenvorschlag noch Änderungen vorgenommen werden. «Wenn es um Grausamkeit geht, reicht etwas Halbherziges nicht», sagt Katharina Büttiker, Mitinitiantin und Präsidentin der Organisation Animal Trust. Es sei nicht logisch, den Import von Dingen zu erlauben, deren Herstellung in der Schweiz verboten sei. 

Besonders störend finden die Initianten, dass der Bundesrat eine Ausnahme für die Einfuhr von Pelzen vorsieht, die für den Eigengebrauch im Reiseverkehr mitgeführt werden. Damit könne das Verbot unterlaufen werden, sagt Büttiker. «Wir fordern ein absolutes Verbot.» 

Der Pelzfachverband Swissfur hingegen hat keine Einwände gegen den Vorschlag des Bundesrats, wie Vizepräsident Ivan Benjamin auf Anfrage sagt. «Ein Verbot von tierquälerisch erzeugten Pelzen ist in unserem Sinne.» Die Mitglieder des Verbands vertrauten auf das Label Furmark, das 2020 eingeführt worden sei. Noch würden allerdings nicht alle Furmark-Produkte anbieten.

Deklarationspflicht gescheitert

Der Bundesrat hatte Importverbote aus Tierschutzgründen lange abgelehnt. Er setzte stattdessen auf eine Deklarationspflicht. Diese ist seit zehn Jahren in Kraft. Doch die Branche hat sie laut dem Bundesrat «anhaltend und flächendeckend» missachtet.

Die Deklarationspflicht als mildere Massnahme sei gescheitert. Deshalb habe er das Innendepartement von Elisabeth Baume-Schneider im April beauftragt, ein Einfuhrverbot auszuarbeiten, schreibt der Bundesrat – «aus Tierschutzgründen und zum Schutz der öffentlichen Moral». Mit der «Moral» lassen sich handelsrechtlich Ausnahmen begründen.

Probleme könnte es allerdings mit der EU geben. Einfuhrverbote stehen den Verpflichtungen der Schweiz gemäss Abkommen mit der EU entgegen. Wegen einer hängigen Bürgerinitiative hält der Bundesrat es zwar für möglich, dass auch in der EU ein Verbot erlassen wird. Erlässt die EU kein Verbot, stellt das Schweizer Verbot aber ein Handelshemmnis dar. In diesem Fall müsste eine Ausnahmeregelung gesucht werden.