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Kampf gegen Nazisymbole
Parlamentarier wollen Hakenkreuz und Hitlergruss in der Schweiz verbieten

Ein Trump-Anhänger macht das Okay-Zeichen, das auch als Zeichen für «white power» verwendet wird. 
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Wer in der Öffentlichkeit Nazisymbole verwendet, soll künftig bestraft werden können. Der Nationalrat hatte im Mai eine Motion von Mitte-Nationalrätin Marianne Binder angenommen, die das fordert. Nun könnte der Vorstoss auch im Ständerat eine Mehrheit finden. Die vorberatende Kommission hat zwar am Dienstag beschlossen, den Entscheid auf August zu vertagen, weil sie vertieft über die Möglichkeiten diskutieren will. Dem Vernehmen nach befürwortet die Mehrheit aber grundsätzlich ein Verbot. 

Stimmt der Ständerat der Motion zu, muss der Bundesrat ein Verbot ausarbeiten – gegen seinen Willen. Er hatte dem Parlament beantragt, Binders Vorstoss abzulehnen. Weil das Kritik auslöste, beauftragte die damalige Justizministerin Karin Keller-Sutter das Bundesamt für Justiz, ein Verbot zu prüfen. Das änderte freilich nichts: Das Bundesamt für Justiz wies in seinem Bericht auf die geltende Regelung hin – und auf die Tücken eines Verbots.

Je nach Kontext erlaubt

Heute ist die öffentliche Verwendung von Nazisymbolen nur dann strafbar, wenn der Täter damit für die Naziideologie werben will. So ist etwa das Mitführen von Hakenkreuzfahnen an Demonstrationen verboten. Wer im Alltag eine Jacke mit einem Hakenkreuz-Abzeichen trägt, macht sich dagegen nicht strafbar. Ebenfalls erlaubt ist der Hitlergruss, wenn damit eine rechtsextreme Haltung gegenüber Gesinnungsgenossen und nicht gegenüber Dritten bekundet wird.

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Ein generelles Verbot – wie es andere Länder kennen – wäre laut dem Bundesamt für Justiz zwar möglich, aber mit Schwierigkeiten verbunden. Damit die Gerichte den Kontext eines Falls berücksichtigen könnten, müsse die Strafnorm ausreichend offen formuliert sein. Gleichzeitig müsse die Formulierung genügend klar sein, damit die Bevölkerung wisse, was erlaubt und was verboten sei.

Die Schweiz stehe bei Nazisymbolen in der Öffentlichkeit abseits, sagt der Schweizerische Israelitische Gemeindebund.

Konkret stellt sich die Frage, ob auch weniger offensichtliche Symbole verboten werden sollen – Symbole wie die Zahl 18 (für Adolf Hitler) oder das Okay-Handzeichen, das von Rechtsextremen als Zeichen für «white power» verwendet wird. Häufig würden harmlose Symbole von rechtsextremen Gruppen vereinnahmt, schreibt das Bundesamt für Justiz. Das lasse die Zahl der potenziell verbotenen Symbole ins Uferlose wachsen.

 Marianne Binder verlangt mit ihrem Vorstoss ein Verbot der «in der Öffentlichkeit bekannten Kennzeichen des Nationalsozialismus». Es möge sein, dass Nazis dann auf andere Symbole ausweichen würden, sagt Binder. «Aber das ist kein Grund dafür, das Offensichtliche nicht zu verbieten.»

SIG für ersten Schritt

Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) sieht das ähnlich. Die Schweiz stehe bei Nazisymbolen in der Öffentlichkeit schlicht abseits und lasse einen Graubereich zu, der nur zu gerne ausgenutzt werde, sagt SIG-Generalsekretär Jonathan Kreutner. Bisherige Anläufe seien daran gescheitert, dass sich das Parlament auf eine Liste von Symbolen hätte einigen müssen.

«So ufert eine Diskussion aus», sagt Kreutner. Aus seiner Sicht sollten in einem ersten Schritt jene Symbole verboten werden, die jeder und jede als Nazisymbol erkennt und versteht. «Jedes Schlupfloch zu schliessen, ist illusorisch. Trotzdem können jene Symbole aus der Öffentlichkeit verbannt werden, die auch am meisten ‹Nutzen› für solche Kreise versprechen.»

Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes, befürwortet ein Verbot.

Auf die Verbotsliste gehören aus Sicht des SIG auch «Judensterne», wie sie an Corona-Demonstrationen mit der Beschriftung «ungeimpft» verwendet wurden. Das sei ein Symbol der Nazis und dessen Nutzung in dieser Form sei unerträglich, sagt Kreutner. 

Die grösste Sorge bereitet dem SIG zurzeit allerdings nicht der Rechtsextremismus, der mit Nazisymbolen auf sich aufmerksam macht. Vielmehr beobachtet der SIG zunehmend Gruppierungen, deren Mitglieder eher unauffällig aussehen – Gruppierungen wie zum Beispiel die Junge Tat. Diese wirkten auf die Bevölkerung nicht so abschreckend wie Neonazis mit Glatze und Springerstiefel, sagt Kreutner. «So können sie rechtsextreme Narrative weit in die gesellschaftliche Mitte hineintragen.»