Zulassung neuer ZuchttechnologienParlament ritzt am Gentech-Moratorium
Der Nationalrat will den Anbau von Pflanzen erlauben, die mit neuen gentechnischen Verfahren gezüchtet wurden. Allerdings soll das Einbringen von artfremdem Genmaterial verboten bleiben.
Noch im letzten Herbst wollte der Nationalrat das seit 2005 geltende Gentech-Moratorium unverändert bis Ende 2025 verlängern. Doch dann machte ihm der Ständerat im Dezember einen Strich durch die Rechnung. Mit Stichentscheid von Ratspräsident Thomas Hefti (FDP) schrieb die kleine Kammer eine Ausnahme ins Gesetz: Pflanzen, die mit neuen gentechnischen Verfahren wie der Genom-Editierung gezüchtet wurden, sollen vom Moratorium ausgenommen werden.
Bei diesen Zuchtverfahren werden keine artfremden Gene eingefügt, wie das etwa beim Bt-Mais der Fall ist. Bei diesem wurden Gene eines Bakteriums eingeschleust, um die Pflanze vor Schädlingsfrass zu schützen.
Nun folgte am Mittwoch der Nationalrat der kleinen Kammer mit einem Kompromissvorschlag. Der Bundesrat soll bis Mitte 2024 eine Gesetzesänderung ausarbeiten, die eine Zulassung von Pflanzen ermöglicht, die mit Genom-Editierung verändert wurden. Die Befürworter argumentieren, diese genetischen Veränderungen seien risikolos und würden bereits heute in der Pflanzenzucht angewandt.
Der Unterschied bestehe darin, dass die Veränderungen mit der Gen-Schere viel gezielter seien als die bisherigen Methoden, bei denen etwa mit Bestrahlung zufällige Veränderungen bewirkt würden. Das sagte Nationalrat Christian Wasserfallen (FDP). Die mit traditionellen Methoden veränderten Pflanzen würden heute auch im Biolandbau verwendet. «Das sind normale Pflanzen. Es gibt keine besonderen Risiken, die von diesen Pflanzen ausgehen.»
«Druck der Industrie»
SP und Grüne sind anderer Meinung. Das Parlament knicke vor dem Druck der Industrie ein, obwohl keine neuen Fakten zur Genom-Editierung dazugekommen seien, sagte die Grüne Meret Schneider. Eine Ausnahme für die neuen Gentech-Verfahren sei fahrlässig. Damit werde das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten in die Schweizer Landwirtschaft gefährdet. Denn erlaubt wären auch hochgradig umstrittene neue Genom-Editierungs-Technologien, sagte Schneider.
SP-Nationalrätin Sandra Locher Benguerel bezweifelte den konkreten Nutzen von Pflanzen, die mit den neuen Züchtungsmethoden hergestellt würden. Es gebe kaum Hinweise, dass die Pflanzen die angepriesenen Vorteile hätten, etwa bei der Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel oder auch zur Reduktion des Pestizideinsatzes.
Mitte-Nationalrat Philipp Kutter machte sich hingegen für die Lockerung stark, welche die vorberatende Nationalratskommission ausarbeitete. Dies sei ein Kompromiss zwischen einem völligen Verbot und der «etwas forschen» Lockerung des Ständerats. Die neuen Züchtungstechnologien würden nicht freigegeben. Im Gesetz werde lediglich festgelegt, dass der Bundesrat bis Mitte 2024 dem Parlament dazu eine Vorlage unterbreiten müsse.
«Gebeutelte Wissenschaft»
Ziel sei, dass die neuen Züchtungstechnologien geprüft würden. Dieses Signal werde «von der ziemlich gebeutelten Wissenschaft sicher gern zur Kenntnis genommen». Auch die EU erarbeite zurzeit eine Regulierung.
Umweltministerin Simonetta Sommaruga plädierte hingegen dafür, das Moratorium unverändert bis Ende 2025 zu verlängern. Sie hatte vor 20 Jahren als Konsumentenschützerin mitgewirkt an der Volksinitiative «für Lebensmittel aus gentechnikfreier Landwirtschaft».
Die Annahme der Gentechfrei-Initiative führte schliesslich zum Moratorium, das bereits dreimal verlängert wurde. Dieses verbietet die Nutzung von gentechnisch veränderten Organismen in der Land- und Waldwirtschaft sowie im Gartenbau. Die Forschung ist erlaubt. Nun will der Nationalrat – gemäss Kutters Kompromissvorschlag – das Moratorium zwar bis Ende 2025 verlängern, allerdings mit der Ausnahme für die neuen Züchtungsmethoden. Die Vorlage geht nun nochmals zurück an den Ständerat.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.