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Rekordfahrerin Debrunner
Das Postergirl des Schweizer Parasports

Hat gute Erinnerungen an Paris: Catherine Debrunner gewann an der WM 2023 viermal Gold, unter anderem über 800 m.
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In den letzten Wochen gab es vor ihr praktisch kein Entkommen: Catherine Debrunner war an Verkehrsknotenpunkten wie dem Flughafen Kloten oder dem Zürcher Hauptbahnhof extrem präsent auf den grossen Plakatwänden und Videoscreens. Die Thurgauerin war Teil der Kampagne eines ihrer Partner, einer weltweit führenden Kreditkartenfirma, die gleichzeitig dem exklusiven Kreis der olympischen und paralympischen Sponsoren angehört. «Sehr viele Leute haben mir geschrieben, dass sie mich gesehen haben», sagt Debrunner und schmunzelt, «das ist schon speziell.»

Mittlerweile hat sie sich auch selber gesehen – logisch, verbringt sie doch viel Zeit an Flughäfen. Auch zuletzt: Den Feinschliff für ihre dritten Paralympics holte sie sich zuerst in den Niederlanden, wo ihr Trainer domiziliert ist, und schliesslich im letzten Trainingslager in Portugal, von dort reiste sie dann am Montag direkt nach Paris. «Mir tut es sehr gut, wenn ich an einem Ort mit Leuten trainieren, essen und schlafen kann, die in der gleichen Bubble sind.»

Mit Lionel Messi auf der Bühne

In Tokio holte sie vor drei Jahren ihre ersten beiden Paralympics-Medaillen, Gold über ihre Paradedisziplin 400 m und Bronze über 800 m. Das habe damals aber nicht ausgereicht, um ihren Status zu verändern, sagt sie, ihr aktuelles Sponsoren-Portfolio habe sich erst anschliessend entwickelt: «Die Türen sind mir nicht eingerannt worden. Ein Mix aus meinen Erfolgen und viel Eigeninitiative war nachher entscheidend.» Zudem arbeitet sie seit einiger Zeit mit einem Manager zusammen.

Sportlich führt kein Weg mehr an Debrunner vorbei, die wegen eines Tumors an der Wirbelsäule (Steissbeinteratom) seit Geburt querschnittgelähmt ist. An der WM 2023 in Paris gewann sie viermal Gold und einmal Silber, zudem hält sie Weltrekorde über sieben Distanzen von 100 m bis Marathon. Für ihre Erfolge wurde sie auch schon mit einem Laureus-Award ausgezeichnet, bei der Zeremonie war sie mit Lionel Messi auf der Bühne.

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An den Paralympics wartet ein Mammutprogramm auf sie – maximal elf Rennen in acht Tagen. Nur wer es schafft, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, kann maximale Erfolge feiern. Es ist eine Erkenntnis, die mittlerweile auch bei der 29-Jährigen gereift ist: «Ich habe gelernt, Nein zu sagen. Lange habe ich mich das nicht getraut, ich dachte immer, das sei doch unhöflich. Egoistisch zu sein, ist oft negativ konnotiert, aber eigentlich ist es mehr ein Einstehen für sich selber, damit man im Wettkampf die optimale Leistung abrufen kann.»

Der Marathon hat Debrunner verändert

Zusätzliche Zeit will sie sich mit einem «Abschottprogramm» verschaffen, unter anderem von den sozialen Medien. So will sie verhindern, dass es zu einer kompletten Reizüberflutung kommt. «Am Abend hat man sonst schon viel Adrenalin. Wenn du dann noch am Handy hockst oder alle die Eindrücke verarbeiten willst, kannst du irgendwann nicht mehr damit umgehen.»

Dieser Egoismus, der vielen anderen Athletinnen und Athleten mit der Muttermilch eingegeben wurde, er liegt nicht in der DNA von Catherine Debrunner. Seit sie aber auch die Marathondistanz bestreitet, hat sie diesbezüglich grosse Fortschritte gemacht. Und das sei keinesfalls ein Zufall, betont sie: «Der Marathon ist ein gewaltiger Prozess, und seit ich diese Strecke fahre, habe ich mich sehr verändert. Ich musste sehr häufig aus meiner Komfortzone raus. Weil ich dachte, vor dieser Kurve habe ich Angst, die Strassenbeläge sind extrem gefährlich oder die Abfahrten steil. Oder auch, weil ich dachte, ich kann nicht mehr.»

Die Profi-Athletin wird von Arno Mul trainiert, dem niederländischen Cheftrainer, der etliche Spitzencracks aus verschiedenen Nationen betreut. Auch diese Partnerschaft habe positiven Einfluss auf ihre persönliche Entwicklung gehabt, sagt Debrunner. «Ich arbeite viel mit jemandem zusammen, der weit weg wohnt, und musste dadurch viel selbstständiger werden. Das hat mir auch Selbstvertrauen gegeben, das ich im Rennen zeige. Und das sehen auch meine Gegnerinnen.»

Am Freitag hat sie die Pflichtübung des 5000-m-Vorlaufs erledigt, am Samstag folgt um 10.40 Uhr der Final. Der erste von sechs möglichen. Debrunner bleibt punkto externer Erwartungshaltung neutral: «Ich möchte einfach das zeigen, was ich zuletzt im Training gezeigt habe – und das ist sehr gut.» Sie weiss: Wenn ihr das gelingt, wird sie auch weiterhin im Fokus der Öffentlichkeit stehen.