Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Koloniale Geschichte der Uni Oxford
Oxford-Akademiker tranken bis 2015 aus menschlichem Schädeln

Eine Hand hält einen beschädigten, alten Schädel, der oben geöffnet ist. Der Hintergrund ist neutral gehalten.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Dass Schädel als Schalen oder Becher verwendet werden, kennt man aus alten Wikingergeschichten. Wie ein Archäologe nun enthüllt hat, tranken noch vor zehn Jahren geladene Gäste an der Universität Oxford regelmässig aus einem menschlichen Schädel, der mutmasslich einer versklavten Frau gehörte.

Dan Hicks, britischer Archäologe und Professor, erforscht in seinem Buch gegenwärtige Spuren des Kolonialismus im englischsprachigen Raum. Er erklärt darin, wie die Überreste von versklavten Menschen als Objekte gebraucht wurden. So auch an der Universität Oxford: Der Schädelbecher wurde laut Hicks bis 2015 regelmässig bei formellen Abendessen am Worcester College in Oxford verwendet. Im Rahmen eines Rituals wurde daraus Wein getrunken, wie er in einem Interview mit «The Guardian» sagt.

Als der Kelch mit der Zeit undicht wurde, wurden darin Pralinen aufbewahrt. Erst als immer mehr Gäste ihr Unbehagen zum menschlichen Kelch äusserten, wurde dem Schädelgeschirr ein Ende gesetzt. Die Universität machte sich proaktiv an die Aufarbeitung und lud 2019 den Professor dazu ein, die Ursprünge des Schädels zu untersuchen.

Überreste gehörten einer Sklavin aus der Karibik

Einer spezifischen Person kann der Schädel nicht zugeordnet werden, Hicks fand bei seinen Forschungen keine Aufzeichnungen darüber. Die Kohlenstoffdatierung habe aber gezeigt, dass der Schädel etwa 225 Jahre alt sein muss. Andere Indizien deuten darauf hin, dass es sich bei der Person um eine versklavte Frau aus der Karibik handeln könnte.

Im Gegensatz dazu sind die ehemaligen Besitzer gut dokumentiert. So ist der Kelch mit einem silbernen Rand versehen, auf dem ein Name eingraviert ist: Georg Pitt-Rivers. Der ehemalige Student hat ihn 1946 dem Worcester College gespendet. Er war Eugeniker und arbeitete während des Zweiten Weltkriegs für Oswald Mosley, Gründer der faschistischen Partei, der British Union of Fascists.

Die Entmenschlichung und Zerstörung von Identitäten sei Teil der kolonialen Gewalt gewesen, sagt Hicks. Aufgrund des vorherrschenden Rassismus in der britischen Kultur wurden die Identitäten der kolonialen Opfer als nicht weiter wichtig angesehen.

Das Worcester College bestätigt auf Nachfrage von «The Guardian», dass der Kelch im 20. Jahrhundert ausgestellt und als Geschirr verwendet wurde. Es bestünden keine Aufzeichnungen darüber, wie oft das der Fall gewesen sei.

Nach wissenschaftlicher und juristischer Beratung entschied das Leitungsgremium des Colleges, dass der Schädelbecher «auf respektvolle Weise in seinem Archiv aufbewahrt werden sollte, wo der Zugang dazu dauerhaft verweigert wird». Das College habe das Problem «ethisch und durchdacht» behandelt, so der Sprecher.