Tätigkeitsbericht des OmbudsmannesKein Ticketverkauf im Bus, dafür eine Busse fürs Schwarzfahren
Bussen im ÖV sorgen häufig für Ärger. Der Zürcher Ombudsmann musste unter anderem in einem Fall vermitteln, in dem eine Frau zum Schwarzfahren gezwungen wurde.
Passagiere, die im Bus ein Billett kaufen wollen, bedeuten für die Chauffeure Stress. Sie sorgen für Verspätungen, und im dümmsten Fall verpassen alle Passagiere ihren Anschlusszug am Bahnhof.
Das hat eine Frau, die hie und da mit den Verkehrsbetrieben Zürichsee und Oberland (VZO) unterwegs ist, im letzten Jahr auf unangenehme Weise erfahren müssen. Drei Haltestellen sind es für sie im Bus bis zum Bahnhof. Weil sie weder ein Abo hat, noch das Handy für den Billettverkauf nutzt, muss sie beim Chauffeur ein Billett lösen. Doch jedes Mal bekommt sie vom Fahrpersonal das Gleiche zu hören: «Es sind nur drei Haltestellen, kaufen Sie Ihr Ticket am Bahnhof.»
Kontrolleure im dümmsten Moment
Um den Chauffeur nicht zu stressen, wollte die Frau auch an einem Februarmorgen 2023 ihr Ticket erst am Bahnhof lösen und setzte sich ohne Billett in den Bus. Doch diesmal waren auch Kontrolleure im Bus, und die brummten der Frau wegen Fahrens ohne gültigen Ausweis einen Zuschlag auf.
Das fand die Frau äusserst unfair, und sie hatte nicht im Sinn, den Zuschlag zu zahlen. Am nächsten Tag rief sie beim ZVV an, um sich zu beschweren. Sie telefonierte exakt zum Zeitpunkt, als sie erneut beim Chauffeur ein Ticket kaufen wollte.
Der ZVV-Angestellte konnte so live mithören, wie der Fahrer den Verkauf des Tickets ablehnte und sie auf den Automaten am Bahnhof verwies.
Als Kompromiss bot ihr der ZVV-Angestellte eine Reduktion des Zuschlags an. Doch damit war die Frau noch nicht zufrieden, schliesslich wollte sie nicht fürs Schwarzfahren bestraft werden, zu dem sie ihrer Ansicht nach gezwungen worden war.
Zuschlag ist keine Strafe
Sie wandte sich an den kantonalen Ombudsmann Jürg Trachsel, der zwischen Bürgerinnen und Bürgern und den Behörden im Streitfall vermittelt. Trachsel wiederum wandte sich an den ZVV und verlangte eine Erklärung.
Es liege in der Verantwortung des Passagiers, mit einem gültigen Ticket in den Bus einzusteigen, schrieb der ZVV darauf dem Ombudsmann. Wer kein Ticket habe, müsse unmittelbar nach dem Einsteigen eines beim Chauffeur kaufen, am besten steige man deshalb gleich vorn in den Bus ein.
Es könne zwar vorkommen, dass die Fahrerin oder der Fahrer keine Tickets verkaufe, um Verspätungen zu vermeiden. Gleichwohl müssten die Passagiere nach dem Einsteigen den Willen bekunden, ein Ticket zu kaufen.
Gemäss dem ZVV-Schreiben an den Ombudsmann handelt es sich bei dem Zuschlag ausserdem nicht um eine Strafe oder eine Busse, sondern um eine Entschädigung für den Kontrollaufwand. Für die Frau ohne Ticket hiess das: Sie musste den vollen Zuschlag bezahlen – im Sinne der Gleichbehandlung.
Am meisten Beschwerden über den ZVV
Jürg Trachsel hatte im letzten Jahr mit seinem Team 835 Fälle von Personen zu behandeln, die sich von Behörden unkorrekt behandelt fühlten. Das sind 17 Fälle mehr als im Jahr zuvor. Aus keinem Bereich gingen dabei mehr Beschwerden ein als aus dem öffentlichen Verkehr, nämlich 182.
Auch aus dem Kontakt mit der Sozialversicherungsanstalt (SVA) und mit der Universität resultierten viele Beschwerden.
Meist kann der ehemalige SVP-Kantonsrat Trachsel die Fälle mit einem Ratschlag, einer Besprechung oder einer schriftlichen Empfehlung innerhalb eines halben Jahres erledigen. Manchmal dauert es aber auch länger.
Ein besonders komplizierter Fall mit mehreren involvierten Behörden aus allen drei Staatsebenen ist bereits seit acht Jahren pendent, wie Trachsel in seinem Tätigkeitsbericht schreibt. Immerhin gebe es Fortschritte und Aussicht auf eine Erledigung noch in diesem Jahr.
Wegen der steigenden Geschäftslast fordert Trachsel zwei neue Stellen. Derzeit stehen ihm 430 Stellenprozente zur Verfügung – gleich viele wie 1991, als die Ombudsstelle 548 Fälle bearbeitete.
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