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Olympische Enttäuschung
«Nicht so vorgestellt»: Schweizer Mountainbiker schwer geschlagen

Nino Schurter und Mathias Flückiger

So war das nicht gedacht. Beim einen nicht und beim anderen nicht. «Das habe ich mir nicht so vorgestellt», sagte Nino Schurter enttäuscht. Er stand in der Sonne, hoch über dem Örtchen Élancourt, doch sonnig war nichts an seinem Gemüt. Als Neunter verpasste er sogar das Diplom, nie bei seinen vier vorangegangenen Olympischen Spielen war er so weit hinten klassiert gewesen. Es werden seine letzten Spiele gewesen sein.

Besser, aber ebenfalls nicht schnell genug war Mathias Flückiger, der zweite Schweizer. Zwar war für ihn die Medaille bis zur zweitletzten Runde in Reichweite, doch dann wurde es auch dem 35-jährigen Berner zu schnell. «Es war ein solides Rennen, und zu 98 Prozent bin ich zufrieden mit meiner Leistung. Es hat wenig gefehlt», sagte er. Aber es hat etwas gefehlt. Flückiger wurde Fünfter, sein Rückstand auf das Podest betrug 1:09 Minuten.

So wurden die Auftritte der Schweizer Mountainbikerinnen und Mountainbiker an diesen Spielen zur Schweizer Niederlage mit sporthistorischem Ausmass. Erst zum zweiten Mal seit der Aufnahme der Disziplin ins Olympiaprogramm 1996 und erstmals seit 20 Jahren bleibt die Schweiz – und bleiben die Schweizer Männer – ohne Medaille. «Die Leistungsdichte an der Spitze ist enorm geworden», sagte Nationaltrainer Beat Müller. «Es wird immer schwieriger.»

Schurter hatte sich nie restlos angefreundet mit der neu gebauten Strecke. Er empfand sie als zu wenig anspruchsvoll, und die Beschaffenheit des Parcours stiess rundum auf wenig Gegenliebe. Auch Flückiger hatte seine Vorbehalte. In den Testrennen und im Bewerb der Frauen tags zuvor ereigneten sich vor allem in den technischen Steinpassagen einige unschöne Stürze, die Flückiger im eigenen Rennen nicht restlos ausblenden konnte. «Ich fuhr zu wenig aggressiv, dadurch fehlten vielleicht zwei Prozent Risiko», versuchte er eine Erklärung. Trotzdem: Noch in der fünften Runde fuhr Flückiger am Hinterrad des späteren Siegers Tom Pidcock.

Nur der Strecke die Schuld am schwachen Teamresultat zu geben, war Schurter dann ohnehin zu billig. Der Parcours sei olympiawürdig, befand er abschliessend. Vielmehr suchte er die Schuld bei sich: «Ich habe nicht ins Rennen gefunden und kam einfach nicht in den Flow», sagte er. «Ich musste von Anfang an Löcher zufahren, was mir normalerweise nicht passiert. Ich habe ständig gehofft, doch noch in den Rhythmus zu finden und aufholen zu können, aber es ging nicht.»

Epische Aufholjagd von Sieger Pidcock

Die Podestplätze machten damit andere unter sich aus. Dass der Sieger Tom Pidcock hiess, war wenig überraschend. Dass er angesichts des Rennverlaufs und der Umstände triumphierte, war es sehr wohl. Wie gewohnt eher verhalten gestartet, arbeitete sich der Hauptfavorit sukzessive an die Spitze vor. Dann schien er im Vergleich mit den Gegnern einen zusätzlichen Gang einzulegen. Bloss Koretzky konnte folgen.

Das Duo erarbeitete sich einen grossen Vorsprung, plötzlich fehlte der Brite: Platten am Vorderrad. Seine Mechaniker aber bekamen davon nichts mit, Sekunden verstrichen, bis sie in der Tech-Zone mit einem neuen Rad herangestürmt kamen.

Pidcock blieb cool, trotz eines Rückstands von 40 Sekunden. Dann setzte das Leichtgewicht (57 kg bei 1,70 m) zur grossen Aufholjagd an. In der zweitletzten Runde schloss er zu Koretzky auf. Auch Hatherly konnte ihr Tempo da noch mitgehen, ehe das Schlussfurioso folgte, in dem sowohl Pidcock wie Koretzky versuchten, den anderen abzuhängen.

Es war letztlich Pidcock in einem riskanten Abfahrtsmanöver, bei dem Koretzky dessen Hinterrad touchierte und jedes Tempo einbüsste. Frei war der Weg für Pidcock, gross die Buhrufe von vielen der 15’000 Zuschauer. Nach den Spielen von Tokio gewann Pidcock damit einen Tag vor seinem 25. Geburtstag sein zweites Olympiagold und offenbarte: Der Mann vom Team Ineos, dessen Fokus mehrheitlich den Strassenrennen gilt, kann alles: Strasse, Quer – und natürlich auch Mountainbike.

Seite an Seite

Gleich nebeneinander begehen Nino Schurter und Mathias Flückiger die unmittelbare Rennvorbereitung. Beide tragen Kühlwesten während des Einfahrens auf der Rolle, denn die Temperaturen sind wie am Sonntag bei den Frauen sehr hoch. Es dauert nur noch wenige Minuten bis zum Start.

Einfahren in Kühlwesten: Nino Schurter (links) und Mathias Flückiger

Vorsicht Plattengefahr

Das Rennen der Frauen vom Sonntag zeigte: Die Rundstrecke auf der Colline d’Élancourt ist technisch nicht anspruchsvoll. Es kam sogar die Frage auf, ob sie einem Olympiaparcours überhaupt würdig ist.

Trotzdem lauern Gefahren, es gab auffällig viele Reifenschäden. Auch die beiden Schweizerinnen Alessandra Keller und Sina Frei waren davon betroffen. Das Problem: Wegen der kiesigen Beschaffenheit der Strecke muss man sehr präzise auf der Ideallinie fahren. Daneben drohen die Steine die Pneus aufzuschlitzen. «Alle Platten waren auf Fahrfehler zuückzuführen», stellte Frauen-Nationaltrainer Edi Telser fest.

Flückiger hatte in weiser Voraussicht bereits im Vorfeld gesagt: «Die Linienwahl wird entscheidend sein.»

Das sagen die Schweizer Trümpfe

Nino Schurter, 38, Startnummer 4: Nach einem fast dreiwöchigen Trainingslager auf dem Berninpass und einer «Super-Vorbereitung» fühlt sich der Bündner bereit für einen weiteren grossen Erfolg. «Ich habe alles, was es zum Sieg braucht», sagt Schurter. Ziel ist für ihn eine Medaille, «alles andere wäre eine Enttäuschung.»

Nino Schurter from Switzerland, 1st, in action during the UCI Cross Country Team Relay Mountain Bike World Championship, on Wednesday, August 24, 2022, in Les Gets, France. (KEYSTONE/Maxime Schmid)

Mathias Flückiger, 35, Startnummer 3: Auch der Berner war für die Vorbereitung in der Engadiner Höhe, auch er sieht sich gerüstet für die Aufgabe auf der Colline d’Élancourt. Aber er will sich weniger auf Edelmetall festlegen wie Teamkollege und Rivale Schurter, trotzdem ist er ambitioniet: «Mein Ziel ist, die bestmögliche Leistung zu zeigen. Wenn ich einen perfekten Tag erwische und zudem noch perfekt fahren, dann ist alles möglich.»

Silbergewinner bei den Sommerspielen 2021: Mathias Flückiger

Bald geht es los!

Ein herzliches Bienvenue aus Élancourt, einer Kleinstadt westlich von Paris. Hier findet heute das Rennen der Mountainbike im olympischen Cross-Country-Bewerb statt, aus Schweizer Sicht einer der Höhepunkte der gesamten Olympischen Spiele.

Mit Nino Schurter und Mathias Flückiger sind gleich beide Schweizer Starter selbst für die Goldmedaille gut. Schurter gewann 2008 Bronze, 2012 Silber und 2016 Gold. Flückiger holte vor drei Jahren in Tokio die Silbermedaille. Auch diesmal peilen beide Fahrer eine weitere Medaille an.

Als Top-Favorit gilt allerdings erneut Thomas Pidcock, der schon 2021 triumphiert hatte und aktueller Weltmeister ist.