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Cross-Country-Rennen der Frauen
Qual und Platten: Alessandra Keller verpasst die Medaille

Alessandra Keller of Switzerland reacts after crossing the finish line of the Women's Cross-country race at the 2024 Paris Summer Olympics in Paris, France, Sunday, July 28, 2024. (KEYSTONE/Laurent Gillieron)

Sie wusste nicht so recht, wohin mit sich. Zufrieden sein oder unzufrieden? Mit sich Hadern oder den Auftritt hervorstreichen, der lange sehr ansprechend gewesen war? Alessandra Keller entschied sich für den Mittelweg, für ein Sowohl-als-auch: «Die Leistung war gut, das Resultat ist es weniger.»

Die 28-jährige Nidwaldnerin und Olympia-Debütantin hatte eine Medaille angestrebt, natürlich, schliesslich war sie als Weltranglistenerste in dieses Rennen auf der Colline d’Élancourt südwestlich von Paris gegangen. Doch dann kam es anders. Sie wurde zunächst vom extremen Tempo überfordert, das allen voran Pauline Ferrand Prévot anschlug. Die Lokalmatadorin dominierte das Rennen in allen Belangen und feierte den ersten Olympiasieg ihrer Karriere. Ja gar, so erstaunlich das ist angesichts des Renommees der Französin: die erste Olympiamedaille.

Keller dagegen ging leer aus, quasi jedenfalls. Als Siebte bleibt ihr immerhin ein Diplom. Ein schwacher Trost: «Es war nicht ganz ihr Tag», sagte Nationaltrainer Edi Telser hinterher. Zwar hatte Keller die Fahrerinnen auf den Medaillenplätzen stets in Griffweite, am Ende fehlte ihr aber die Kraft für einen Coup. Und auch das Rennglück: Auf ihrer Schlussrunde erlitt Keller einen Platten, wie so manche Fahrerinnen. Die Beschaffung der Strecke war für viele eine Herausforderung. «Es war ein kleiner Fahrfehler», erklärte Keller und bilanzierte ihre Leistung nüchtern: «Ich habe alles riskiert, aber nach dem Defekt war die Luft draussen.»

«Es ging länger, bis wir herausgefunden hatte, was das Problem war»

Einen durchwegs frustrierenden Nachmittag erlebte Sina Frei. Die Zürcherin, die wegen der krankheitsbedingten Absage von Jolanda Neff kurzfristig nachselektioniert wurde und kaum Vorbereitungszeit hatte, hatte kein Rennglück. Ihr gelang «ein super Start», wie sie später sagte, doch schon früh musste sie in die Techzone. Ihr sei wohl eine Fahrerin in einer Stausituation ins Schaltwerk gefahren. Jedenfalls sei dessen Akku rausgefallen. «Ich bin sofort in die Tech-Zone gefahren, wo man eine neue Batterie einsetzte», sagte Frei. Als sie losfuhr, merkte sie jedoch, dass die Schaltung immer noch nicht richtig funktionierte. «Ich hielt nochmals an. Es ging etwas länger bis wir rausgefunden hatten, was das Problem war.» So sei sie «ziemlich als Letzte» wieder auf die Strecke. «Ich habe versucht alles aus mir herauszuholen, hatte dann aber in der zweiten Runde noch einen kleinen Sturz.» Bis zum Schluss habe sie gekämpft und so gelang es ihr trotz des fehlenden Rennglücks noch einige Plätze gut zu machen. «Es ist sehr enttäuschend, weil ich mich sehr gut gefühlt hatte. Ich brauche nun Zeit das zu verdauen.»

Sogar der routinierte TV-Experte ist verblüfft

Währenddessen lief im Hintergrund längst die ausgelassene französischen Party zu Ehren von Pauline Ferrand Prévot. Die 32-Jährige ist fünffache Weltmeisterin im Mountainbike, gewann weitere WM-Titel auf der Strasse und im Radquer – und achtmal den Weltcup. Nur bei Olympia hatte es nie gelingen wollen.

Bis zu diesem Sonntag und einem Auftritt auf der Colline d’Élancourt, den selbst Thomas Frischknecht verblüffte – obschon den langjährigen Experten so schnell nichts mehr sprachlos macht. Von Anfang an hielt Ferrand Prévot den Druck auf die Konkurrenz hoch, fuhr ab der zweiten Runde allein an der Spitze und vergrösserte ihren Vorsprung danach laufend. Fast drei Minuten – 2:57, um genau zu sein – lag sie am Ende vor der US-Amerikanerin Haley Batten und der Schwedin Jenny Rissveds. Mit ausgebreiteten Armen liess sich Ferrand Prévot von der Masse feiern.

Pauline Ferrand Prevot jubelt.

Der Französin entsprach das Layout der olympischen Strecke ganz offensichtlich – und das war vor dem Start kein Geheimnis. «Dass sie versuchen würde, schnell dem Feld davonzufahren, war uns klar. Das ist meist ihre Taktik», sagte Keller. Ziel sei es deshalb gewesen, das Tempo an der Spitze auf den ersten Kilometern etwas zu drosseln und Ferrand Prévot zu Positionsfahrten im Feld zu zwingen, erklärte Nationaltrainer Telser hinterher. Das ging nicht auf: Zu gut und überlegen war Ferrand Prévot an diesem Tag. Keller zückte den Hut: «Was sie für einen Speed anschlug, war krass.»

Die Schweizer Starterinnen: Alessandra Keller (28)…

Die Nidwaldnerin geht als eine der Topfavoritinnen ins Rennen, wobei dieser Kreis nicht eben klein ist. Als Führende der Weltrangliste wird Alessandra Keller mit der Nummer 2 unterwegs sein und von der besten Startposition ins Rennen gehen. Für die 28-Jährige ist es die erste Olympiateilnahme, nachdem sie 2016 und 2021 bei der Selektion nicht berücksichtigt worden war.

Im Vorfeld des Rennens sprach sie von «einem grossen Ziel und einem grossen Traum», und sie sagt ohne grosse Umschweife: «Ich ziele in die Mitte. Der Druck ist sowieso da, und wenn es mir gelingt, mein Bestes zu geben, ist alles möglich.»

Hier sehen wir sie beim Einfahren, wie viele andere Fahrerinnen trug auch sie bei der unmittelbaren Rennvorbereitung eine Kühlweste:

…und Sina Frei (27)

Die Zürcherin kam eher unverhofft zu ihrer zweiten Olympia-Teilnahme. Sina Frei hatte die Selektion zunächst nicht geschafft, rutschte aber dank der kurzfristigen und krankheitsbedingten Absage von Jolanda Neff nach. Zu einer idealen Vorbereitung fehlte ihr seither die Zeit, entsprechend tritt sie jetzt ohne Druck an. Das könnte ein Vorteil sein: Als 35. der Weltrangliste fliegt sie etwas unter dem Radar. Sie trägt die Nummer 23.

«Ich habe meine Chancen, aber ich freue mich einfach, hier sein zu dürfen», sagt sie. «Weil ich noch weiss, wie ich mich für Tokio vorbereitet habe, kann ich einschätzen, was das jetzt für eine Herausforderung sein wird.»

Frei gewann vor drei Jahren in Tokio die Silbermedaille, hinter Teamkollegin Neff und vor der dritten Schweizerin Linda Indergand. Dieser historische Dreifachsieg war vermutlich einer für die Ewigkeit, sicher jedenfalls wird es ihn nun in Paris nicht geben: Jedes Land durfte maximal zwei Starterinnen zu den Spielen entsenden.

Schweizer Medaillenreigen: Gold, Silber und Bronze auf einem Bild.

Bonjour…

…und ein herzliches Bienvenue von der Mountainbike-Strecke in Élancourt! In dieser Kleinstadt mit gut 26’000 Einwohnerinnen und Einwohnern südwestlich von Paris befindet sich der Freizeitpark France Miniature. Die Rennen der Mountainbike-Bewerbe werden auf der Colline d’Élancourt ausgetragen, einst eine riesige Müllhalde. Nun wurde eigens für Paris 2024 eine hoffentlich taugliche Strecke gebaut.

Nach den stark verregneten ersten zwei Olympia-Tagen lacht die Sonne über Paris und Umgebung. Bei Temperaturen von über 25 Grad werden in Kürze die Frauen zum Rennen starten. Die Männer sind am Montag an der Reihe.

Die Beschaffung der Strecke sorgte im Vorfeld für Stirnrunzeln bei den Fahrerinnen und Fahrern, denn die Unterlage ist kiesig und rutschig, insgesamt ist die Strecke für die Topfahrerinnen und -fahrern eine Spur zu wenig anspruchsvoll. Frauen-Nationaltrainer Edi Telser zeigte sich zuletzt aber zufrieden über die Präparierung.