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Steigende Corona-Fallzahlen
ÖV-Branche fürchtet neuerliche Maskenpflicht

Bis Ende März 2022 galt in öffentlichen Verkehrsmitteln in der Schweiz die Maskenpflicht, wie hier in einem Bus in Bellinzona. 
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Seit dem 1. Oktober müssen in Deutschland Reisende im öffentlichen Fernverkehr wieder eine FFP2-Maske tragen. Kinder zwischen 6 und 13 Jahren sowie das Personal dürfen auch eine medizinische Maske verwenden, also eine OP-Maske. Die Bundesländer können darüber hinaus eine Maskenpflicht im Regionalverkehr erlassen. Die deutsche Regierung will damit in den kommenden Monaten vor allem den Schutz vulnerabler Gruppen verbessern.

In der Schweiz dagegen besteht seit dem 1. April keine Maskenpflicht im ÖV mehr. Allerdings gibt es in Fachkreisen vereinzelt Stimmen, die angesichts steigender Fallzahlen eine Wiedereinführung verlangen. Andreas Cerny, Infektiologe aus Lugano, hat unlängst Massnahmen wie in Deutschland gefordert. Das Maskentragen in geschlossenen Räumen, wo mehrere Personen zusammenkommen, sei sinnvoll, sagte er im «Blick».

Die ÖV-Branche will davon jedoch nichts wissen. «Wir stehen einer Maskenpflicht im ÖV sehr kritisch gegenüber», sagt Ueli Stückelberger, Direktor des Verbandes öffentlicher Verkehr (VÖV). Sie jetzt wieder einzuführen, lehne der VÖV dezidiert ab.

Ähnlich äussert sich Mitte-Nationalrat Martin Candinas, der den Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr (Litra) präsidiert: «Wir sollten die Ruhe bewahren und nicht überreagieren.» Es gebe aktuell schlicht keinen Grund, die Maskenpflicht wiedereinzuführen. Jene Menschen, die eine Maske tragen wollten, dürften dies heute schon tun, auch im öffentlichen Verkehr. Diese Regelung habe sich in den letzten Monaten bewährt.

Bundesrat will nur im Notfall eingreifen

Der Widerstand der ÖV-Branche kommt nicht von ungefähr. Während der Pandemie haben viele Menschen Bahn, Bus und Tram gemieden. Auch 2021, im zweiten Corona-Jahr, erreichte die Nachfrage erst 65 Prozent des Niveaus von 2019. Die Erholung setzte erst dieses Jahr so richtig ein, die Nachfrage stieg mit der Aufhebung der Pandemiemassnahmen im Frühjahr weiter an. Zwar sind die Werte von vor der Pandemie noch nicht erreicht, doch die Entwicklung stimmt – und soll nun keinesfalls gefährdet werden, wie Stückelberger klarmacht: «Eine Maskenpflicht würde diesen Aufwärtstrend wieder gefährden.» Stückelberger hielte auch eine Empfehlung zum Maskentragen für falsch. «Das würde nur Verwirrung stiften, weil vielen nicht klar wäre, was nun gilt.»

Die ÖV-Branche setzt also auf Eigenverantwortung – und nicht nur sie. «Ich gehe davon aus, dass sich jede Person mit eigenverantwortlichem Handeln vor einer Ansteckung im gewünschten Umfang schützen wird», sagt FDP-Ständerat Hans Wicki, Präsident der ständerätlichen Verkehrskommission. Solange die Situation in den Spitälern auf den Intensivstationen sich im normalen Bereich bewege, bestehe keine Notwendigkeit für eine «allgemeingültige Verhaltensvorgabe» des Staates.

Politisch ist die Hürde für eine erneute Maskenpflicht im ÖV hoch. Die Kantone betrachten diese Massnahme zwar im Falle gesamtschweizerisch steigender Hospitalisationen als zentral. Allerdings müsste eine Maskenpflicht im ÖV nach Ansicht der Konferenz kantonaler Gesundheitsdirektoren (GDK) durch den Bund angeordnet werden, damit sie gesamtschweizerisch gilt. Ansonsten könnte ein Flickenteppich entstehen, weil jeder Kanton einzeln über eine Maskenpflicht entscheiden müsste.

Der Bundesrat hat seinerseits im Mai klargemacht, dass er nur noch bei einer «besonders heftigen Pandemiewelle» eingreifen will. Dies wäre der Fall, wenn das Gesundheitssystem im Vergleich zu den bisherigen Wellen noch stärker belastet wäre oder wenn eine neue, besonders gefährliche Virusvariante aufträte.

Erste Kantone mit Maskenpflicht in Spitälern 

Der GDK-Vorstand wird sich am Donnerstag mit der epidemiologischen Lage befassen und sich mit Gesundheitsminister Alain Berset austauschen. Konkrete Massnahmen dürften keine beschlossen werden. Allenfalls empfiehlt der GDK-Vorstand eine Maskenpflicht für Gesundheitseinrichtungen. Doch selbst mit dieser Empfehlung muss sich die Mehrheit der Kantone einverstanden erklären.

Die GDK hat zudem keine Kompetenz, verbindliche Massnahmen zu beschliessen. Eine Maskenpflicht muss jeder Kanton für sich anordnen, wie es das Tessin und Solothurn für ihre Gesundheitseinrichtungen bereits getan haben. Dort müssen Personal, Besucher sowie Patientinnen und Patienten wieder Maske tragen.

Die Schweiz befindet sich zurzeit in der Herbstwelle, die Zahl der Neuansteckungen steigt deutlich an. Die Zahl der gemeldeten Corona-Fälle ist seit Mitte September von 2000 auf rund 5000 pro Tag angestiegen (Stand 11. Oktober). Die Dunkelziffer dürfte jedoch beträchtlich sein. Ein Indiz dafür ist die Positivitätsrate bei den Tests, die über 40 Prozent beträgt.

Zurzeit sind rund 5 Prozent der Spitalbetten durch Patientinnen und Patienten mit Covid-19 besetzt, wie das Covid-Dashboard des Bundes zeigt. Auf den Intensivstationen sind zurzeit 75 Prozent der insgesamt 807 Plätze belegt, 46 von Patientinnen und Patienten mit einer Covid-Erkrankung.

Einzelne Spitäler wie letzte Woche das Hôpital du Valais melden bereits wieder eine hohe Auslastung, die jedoch in erster Linie auf den generellen Personalmangel zurückgeführt wird. Personalausfälle wegen Corona-Erkrankungen dürften die Belastung in den Spitälern zusätzlich erhöhen.