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Die Ortsgemeinde ist zu einem Kleinunternehmen geworden

Der langjährige Präsident Thomas Kuster (links) mit seinem Nachfolger Andreas Kuster in der Schmerkner Seeanlage.
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«Es ist schon komisch, am Morgen nicht mehr den gewohnten Weg unter die Füsse zu nehmen.» Kein Wunder. 14 Jahre lang war Thomas Kuster Ortsgemeinde-Präsident und zuvor sechs Jahre Verwaltungsrat. Auf Anfang Jahr hat der die Geschicke der Ortsgemeinde nun an den 38-jährigen Andreas Kuster übergeben.

In den vergangenen 20 Jahren hat sich viel verändert. «Die Ortsgemeinde hat sich zu einem richtigen Kleinunternehmen entwickelt», sagt Thomas Kuster. Früher habe sie sich im Wesentlichen darauf beschränkt, Liegenschaften, Hafenplätze, Wald- und Landwirtschaftsflächen zu verwalten. Mit der aktiven Suche nach Einnahmequellen sei auch die Position der Ortsgemeinde gestärkt worden. Was wichtig ist in einer Zeit, in der die Zahl der Ortsgemeinden im Kanton St. Gallen stetig abnimmt. In den vergangenen 15 Jahren verschwanden 30 Ortsgemeinden. Sei es, weil ihnen die Aufgaben abhanden kamen, sei es, weil sie fusionierten oder ihre Existenz als nicht mehr zeitgemäss erachtet wurde.

«Mutige Bürgerschaft»

Anders ist das in Schmerikon. Hier war die vergangenen beiden Jahrzehnte eine blühende Zeit. Die Ortsgemeinde packte verschiedene Grossprojekte an (siehe auch Kasten) - allen voran die Neugestaltung der Seeuferanlage. «Sie springt ins Auge und tut dem Dorf gut», freut sich Thomas Kuster. Dorfintern sorgte der Pavillon aus Gründen der Optik zwar für Diskussionen. Dafür gibt es von Auswärtigen umso mehr Lob. Als grössten Erfolg nennt Kuster jedoch kein bestimmtes Projekt. Lieber reicht er Lorbeeren an Bürgerschaft, Verwaltungsrat und Verwaltung weiter: «Sie handelten zukunftsgerichtet und zeigten Mut. Das ist wohl das Schönste.» Der Erfolg sei auch den äusseren Umständen zuzuschreiben. «Dank dem Siedlungsdruck von Zürich her stiegt das Interesse an Wohnraum. Die Zinssituation war günstig und schliesslich waren auch die Gelegenheiten da.»

Bittere Niederlage

Doch auch die eine oder andere Niederlage blieb nicht aus. Für Kuster die bitterste: Das Nein der Bürger zum Teilonenplan «Wohnen am See». «Das schmerzte. Noch heute bin ich überzeugt, dass es eine gute Sache gewesen wäre.» Gescheitert ist auch das durch die Ortsgemeinde angedachte Dampfbootzentrum. Im Nachhinein betrachtet sei dieser Entscheid der Bürgerschaft aber richtig gewesen.

«Die Ortsgemeinde kann längerfristig denken und ist auf keine sofortige Rendite angewiesen.»

Thomas Kuster

So viel Einfluss wie jener der Ortsgemeinde weckt zuweilen Misstrauen. Das weiss auch Thomas Kuster: «Das Verhältnis mancher Einwohner zur Ortsgemeinde ist ambivalent». «Einerseits gefällt ihnen, was die Ortsgemeinde macht, anderseits finden sie die Ortsgemeinde zu mächtig. Häufiges Vorurteil: «Die haben viel Geld und bezahlen keine Steuern.» Letzteres stimmt zwar. Doch tue die Ortsgemeinde auch viel für die Öffentichkeit. Und da sich ihre Investitionen auf keinen Steuerfuss auswirken, seien die Bürger auch eher einmal bereit, zu etwas Ja zu sagen, das in der politischen Gemeinde keine Chance hätte. Kür statt Pflicht eben.

Es passte alles

Inzwischen habe sich das Verhältnis zur Ortsgemeinde bei vielen entkrampft. «Dazu beigetragen haben die Neuzuzüger», sagt der neue Ortsgemeindepräsident Andreas Kuster. Dank der Einbürgerungsaktion von 2015 konnten knapp 100 Neumitglieder aufgenommen werden. Und diese sind durchaus aktiv und interessiert. Wie Thomas Kuster, der vor seiner Aufgabe bei der Ortsgemeinde Gastwirt im Hotel Bad und Chemiker am Kinderspital Zürich war, ist auch sein Nachfolger in Schmerikon aufgewachsen und verankert. Zwischendurch weggezogen, ist er stets zurückgekehrt.

«Das Geschehen in der Ortsgemeinde habe ich immer mit Interesse verfolgt, sagt der gelernte Landschaftsarchitekt mit Diplom als Immobilienökonom. Auf den Zeitpunkt, als ein neuer Präsident gesucht wurde, passte alles. Sein Berufspensum hatte er nach der Geburt des dritten Kindes reduziert, was zum 60-Prozent-Pensum als Ortsgemeindepräsident passte. Seine Frau unterrichtet als Kindergärtnerin in der Gemeinde. Andreas Kuster betreibt seit Herbst 2015 in Schmerikon ein eigenes Immobilienbüro. «Auch das ist für meine Arbeit bei der Ortsgemeinde sicher ein Vorteil», sagt Kuster.

«Dorfcharakter erhalten»

An seiner neuen Aufgabe reizt ihn, «losgelöst von der Politik etwas bewegen zu können.» Als wichtige Projekte nennt Kuster das Herbag-Areal, für das es mittelfristig Pläne für eine Überbauung gibt, oder das Industrieareal beim Autobahnkreisel, das eingezont werden soll. Vor allem geht es ihm auch um Substanzerhaltung. «Die Ortsgemeinde muss jede Gelegenheit packen.» Gerade ihm Wohnungsbau habe sie gegenüber privaten Investoren Vorteile: «Die Ortsgemeinde kann längerfristig denken und ist auf keine sofortige Rendite angewiesen.» Gerade auch im Bereich bezahlbarer Wohnraum sieht Kuster Möglichkeiten. Sein Ziel: «Wohnen in Schmerikon soll erschwinglich bleiben. Der Dorfcharakter muss erhalten bleiben.» All das möchte Kuster als Präsident erreichen - Hand in Hand mit der politischen Gemeinde.

Thomas Kuster seinerseits hat für die Zeit nach der Ortsgemeinde noch keine konkreten Projekte. «Es gab verschiedene Anfrage. Doch ich möchte mich nach 40 Jahren mit vorbestimmtem Rhythmus zuerst einmal leerdenken und erst danach etwas Neues anfangen.»