Nach BadeunfallOberrieden haftet nach fatalem Sprung von Badi-Steg
Ein junger Mann ist seit einem Unfall 2013 querschnittgelähmt. Das Bundesgericht hat jetzt bestätigt, dass die Badi-Betreiberin dafür zahlen muss.
Der Sprung ins kühle Nass hatte schwerwiegende Folgen. Ein 22-Jähriger verletzte sich im Juli 2013 in der Badi Oberrieden derart schwer, dass er seither vom fünften Halswirbel abwärts gelähmt ist. Der junge Mann tat, was damals viele andere auch taten – der Sprung vom Steg im Strandbad ins seichte Wasser war nichts Aussergewöhnliches. Verboten war das auch nicht. Die Gemeinde als Betreiberin der Badi setzte auf Eigenverantwortung, wie Gemeindepräsident Martin Arnold (SVP) auf Anfrage sagt. Der Unfall sei «natürlich extrem tragisch».
Erfolgreich prozessiert
Der Verunfallte sieht das etwas anders. Aus seiner Sicht trägt die Gemeinde eine Mitverantwortung für den Vorfall. Mithilfe eines Anwalts strengte er ein Gerichtsverfahren an. Die Gemeinde soll ihm eine Teilentschädigung von 30’000 Franken bezahlen. Ende 2018 ging die Klage beim Bezirksgericht Horgen ein. Dieses sprach dem jungen Mann einen sogenannten Haushaltschaden von 57’568.50 Franken zu. Wegen Selbstverschuldens des Klägers setzte das Gericht die Summe um 40 Prozent herab. Folglich sollte der Mann rund 34’500 Franken erhalten, noch etwas mehr als gefordert.
Die Gemeinde Oberrieden allerdings ging gegen das Urteil weiter vor. Das Obergericht wies die Berufung ab. Und auch das Bundesgericht hat kürzlich die Beschwerde abgewiesen. Oberrieden ist also mitverantwortlich für den Unfall und haftbar. Wobei nicht die Gemeinde, sondern die Haftpflichtversicherung für die Entschädigung aufkommt, wie Martin Arnold präzisiert.
Gefahr offensichtlich
Die Gemeinde trägt eine Mitschuld, weil der Steg einen sogenannten Werkmangel aufwies. Das Argument der Gemeinde, dass der Badesteg ursprünglich ausschliesslich dazu bestimmt war, um vom Ufer über die am Ende montierte Metalltreppe in den See zu gelangen, verfängt nicht.
Die Gemeinde könne sich nicht ohne weiteres darauf berufen, dass bei bestimmungsgemässem Gebrauch des Stegs und bei vorsichtigem Verhalten der Benutzer kein Mangel vorliege. Die Betreiberin habe gewusst, dass es immer wieder zu Sprüngen vom Steg komme, auch kopfvoran. Wenn die Gefahr so offensichtlich war, wie sie es in ihrer Beschwerde selber einräume, hätte sie reagieren müssen, stellt das Bundesgericht fest.
Im Nachhinein wirkt es, als ob die Mitverantwortung der Gemeinde leicht hätte vermieden werden können. Im Urteil des Bundesgerichts steht, dass ein Schild mit Warnhinweis dafür gereicht hätte. Am Steg war links ein Geländer angebracht, rechts war der Zugang in den Zürichsee frei. Der Verunfallte sprang vom Steg 60 Zentimeter über der Wasseroberfläche in den See und schlug im 1,1 Meter tiefen Wasser auf.
Regeln bekannt
Wieso hat die Gemeinde nicht vor Kopfsprüngen an dieser untiefen Stelle gewarnt? «Regel Nummer eins der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft besagt, dass man nicht in unbekannte Gewässer springen soll», hält Martin Arnold fest. Man sei davon ausgegangen, dass die Badegäste die Regeln kennten und sich daran hielten beziehungsweise die Verantwortung selber übernähmen. Es sei den Menschen ja eigentlich klar gewesen, dass der See dort nicht sehr tief sei.
Im Urteil des Bundesgerichts ist denn auch festgehalten, dass der Verunfallte «mit den örtlichen Gegebenheiten des Strandbads gut vertraut war». Dass diese Regeln immer wieder gebrochen werden, davon kann allerdings auch Arnold erzählen. Er sei selber in seiner Jugend von unsicheren Stellen aus in den Zürichsee gesprungen, sagt der Seebub.
Zur Schuldfrage will sich der Gemeindepräsident nicht äussern. Die Gerichte hätten diese jetzt geklärt. Selbstverständlich habe die Gemeinde aber mittlerweile ein Warnschild am Steg angebracht. Das Schild ist deutlich: «Köpfler» sind verboten. Auch eine dicke rote Linie wurde auf der rechten Seite des Stegs angebracht. Einen ähnlichen Fall habe es seither nicht mehr gegeben, sagt Martin Arnold.
Schwierige Verhältnisse
Das Personal im Bad sei angewiesen, Fehlbare anzusprechen oder vom Sprung abzuhalten. Der Gemeindepräsident weist aber auch auf die Schwierigkeiten hin, die in einer Seebadi herrschen. «An schönen Sommertagen haben wir 1000 Leute im Strandbad», sagt er. Dass da jemand gegen die Regeln verstösst, sei eben schnell passiert.
Mit dem Gerichtsentscheid ist die Haftungsfrage geklärt. Geld dürfte aber noch mehr fliessen. Über eine Gesamtentschädigung für den Verunfallten dürfte noch verhandelt werden.
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