Obergericht ZürichEhefrau vor Hauseingang erstochen – 20-jährige Freiheitsstrafe bestätigt
Das Obergericht kommt zum gleichen Schluss wie das Bezirksgericht Zürich: Der Tod einer 30-jährigen Türkin im Oktober 2021 in Zürich-Altstetten war Mord.
In der Schweiz wird alle zwei Wochen eine Frau durch ihren Ehemann, Lebensgefährten, Ex-Partner, Bruder oder Sohn getötet. Genannt wird das Femizid.
Auch die 30-jährige Türkin, die im Oktober 2021 vor ihrer Haustür im Bändliquartier in Zürich-Altstetten ihr Leben verlor, ist Opfer eines Femizids. Das Pikante: Der Täter, ihr Ehemann, war erst zweieinhalb Wochen vor der Bluttat aus dem Gefängnis entlassen worden. Wenige Stunden davor bekam er ein Kontaktverbot. Sein mutmassliches Motiv: Seine Frau hatte sich von ihm scheiden lassen wollen, war bereits in einer neuen Beziehung.
Das Bezirksgericht Zürich verurteilte den heute 49-jährigen Türken darum vor einem Jahr wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren und einer Landesverweisung von 15 Jahren. Am Mittwoch hat das Obergericht nun dieses Urteil bestätigt.
Beschuldigter und seine Verteidigung setzten sich auf den Standpunkt, dass keine Tötungsabsicht bestanden habe. Es habe einen Streit gegeben. Dass der Mann die Frau mit zehn Messerstichen traktierte, daran will er keine Erinnerung haben, wie er dem Obergericht während der Befragung am Dienstag berichtete. Sein Verteidiger beantragte die Einstufung der Tat als Totschlag und eine maximal fünfjährige Freiheitsstrafe.
«Prozesstaktische» Erinnerungslücken
Der Gutachter hatte die Aussagen des Beschuldigten laut Richterin als «prozesstaktisch» bezeichnet. Es falle auf, dass der Mann vor allem jene Handlungen vergessen habe, die man ihm strafrechtlich vorwerfen könnte, ansonsten jedoch detailreich berichten könne.
Die Tötung der Ehefrau habe er geplant, so die Richterin, es sei keine Affekttat gewesen. Als er realisiert habe, dass seine Ehe am Ende war, habe er sich in seiner Männlichkeit und Ehre verletzt gefühlt. Er habe die Frau für deren Verhalten bestraft. Gehandelt habe er krass egoistisch und aus absolut nichtigen Beweggründen.
Beschuldigter rastet bei Urteilsverkündung aus
Die Landesverweisung ist dem türkischen Kurden, der 1999 in die Schweiz kam, laut Gericht zuzumuten. Er sei weder beruflich noch sozial in der Schweiz integriert, und wenn er die Freiheitsstrafe abgesessen habe, seien seine Kinder volljährig. Nachdem er Asyl erhalten hatte, reiste er mehrmals in die Türkei, er besitzt einen türkischen Pass und eine türkische Identitätskarte.
Nach der Urteilseröffnung rastete der Beschuldigte aus. Er warf dem Gericht in gebrochenem Deutsch vor, es habe nicht richtig gearbeitet. Bloss weil er Ausländer sei, wolle man ihn «kaputt machen». Weder sein Verteidiger noch die vorsitzende Richterin konnten ihn beruhigen. Die mündliche Begründung wollte er nicht abwarten – die interessiere ihn nicht. Flankiert von zwei Polizisten verliess er den Gerichtssaal.
SDA/fse
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