Kommentar zu den KassenprämienNutzen wir Corona aus
Die Gesundheitskosten steigen für einmal nur moderat. Jetzt gilt es, überflüssige Operationen zu verhindern.
So paradox es klingt: Dank Corona müssen wir nächstes Jahr weniger für die Krankenkasse zahlen als erwartet. Pandemie und Lockdown verhinderten in der ersten Jahreshälfte zahlreiche teure Eingriffe im Spital, sodass die Gesundheitskosten halbwegs stabil geblieben sind. Die Prämien werden daher 2021 insgesamt nur um 0,5 Prozent steigen, in manchen Kantonen sogar leicht sinken.
Doch sollte man sich hiervon nicht täuschen lassen. Es ist leider ein realistisches Szenario, dass die Prämien im Folgejahr umso mehr in die Höhe schnellen könnten. Irgendwann werden die Menschen wieder in die Spitäler, die Arzt- und Therapiepraxen strömen, und auch die Pflegekosten werden weiter ansteigen. Leidtragende werden die Familien des Mittelstands sein, die ihre Prämien vollumfänglich selber bezahlen müssen.
Doch hat uns das Covidvirus, so viel Schaden es sonst auch anrichtet, bei den Gesundheitskosten zumindest eine Atempause verschafft. Die Politik sollte sie nutzen, um sich mit mehr Tatkraft als bisher für wirksame Massnahmen einzusetzen. Die Stichworte lauten: tiefere Medikamentenpreise, ein transparenteres Abrechnungssystem für medizinische Leistungen und flexiblere Regeln für die Geldreserven der Kassen.
Insbesondere gilt es jetzt aber, das Verhalten der Patientinnen und Patienten genau zu studieren. Welchem der Eingriffe, die sie wegen des Lockdown verschieben mussten, werden sie sich nun effektiv unterziehen? Experten gehen davon aus, dass es längst nicht alle sein werden. Und um es etwas salopp zu sagen: Eine Operation, die erst aufgeschoben und dann abgeblasen wird, war offensichtlich niemals notwendig. Dass hier noch immer zu viele Fehlanreize bestehen, ist ein anerkanntes Problem. Diese zu analysieren und zu beseitigen, dazu werden Bundesrat und Parlament, dank Corona, jetzt die Gelegenheit erhalten. Überflüssige Operationen zu verschreiben, darf sich für niemanden lohnen.
Das Covidvirus, so viel Schaden es sonst auch anrichtet, hat uns bei den Gesundheitskosten eine Atempause verschafft.
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