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Tom Lüthi vor dem Motorrad-GP in Katar
Nur wenn er sich jetzt bremst, ist er irgendwann schnell

Bei den Testfahrten stimmte bei Tom Lüthi auf seiner Maschine noch längst nicht alles. 
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Tom Lüthi erlebte in Katar wieder einmal, dass Spitzensportler zahlreiche Privilegien geniessen. Während in vielen Ländern unzählige Risikopersonen immer noch auf ihre Impfung gegen das Coronavirus warten, wurde der gesamte Motorrad-Tross bevorzugt behandelt. Vermarkter Dorna und die Regierung von Katar boten allen im Fahrerlager eine Impfung an, und gemäss Lüthi haben das «fast alle auch angenommen». Er auch, die zweite Dosis wird ihm frühestens 19 Tage später verabreicht, vielleicht wird er deswegen den Rückflug leicht hinauszögern. Für die nächsten Monate erhofft er sich dadurch vor allem, dass Reisen einfacher werden, die Einschränkungen weniger.

Natürlich stand die Medizin, wie aktuell überall, auch vor der Anreise im Fokus. Ein negativer PCR-Test war Pflicht, dann wurde Lüthi direkt am Flugzeug abgeholt. Sofort wurde ein zweiter gemacht, dann ging es direkt ins Hotel in Quarantäne, bis das negative Resultat vorlag. «Alles war sehr gut organisiert», lobt der Berner. Die Fahrer dürfen nun ungefähr die Hälfte der Hotelanlage benützen und werden mit Bussen direkt zum Paddock gefahren und von dort wieder zurück. Mietwagen sind verboten, soziale Aktivitäten gibt es auch nicht. «Aber das Wichtigste ist, dass wir unserem Beruf nachgehen können», sagt Lüthi.

Was vor Jahresfrist noch undenkbar schien, ist nun Realität – die Fahrer starten in die zweite Saison mit Bubbles. «Es ist schon fast normal, leider», sagt Lüthi, «wir mussten uns damit arrangieren und die Situation akzeptieren. Es würde auch nichts bringen, wenn ich mich täglich aufregen und Energie verschwenden würde.»

Das Problem mit den schnellen Kurven

Die Energie kann Tom Lüthi für anderes brauchen. Bei den Testfahrten in Valencia, Jerez und zuletzt auch Doha stimmte noch längst nicht alles, vor allem die Rundenzeiten waren bislang enttäuschend. «Ich wollte schneller sein, klar. Wir sind aber nicht ganz so weit weg, wie es auf dem Papier scheint. Die Pace und der Rhythmus fürs Rennen sind besser als die einzelne schnelle Runde», sagt Lüthi. Die grössten Probleme bereiten ihm aktuell die schnellen Kurven: «Ich finde das Turning noch nicht wie erhofft und muss zu viele Kurven in Schräglage fahren.» Besser zurechtgefunden mit den Bedingungen hat sich bisher Bo Bendsneyder, sein zwölf Jahre jüngerer und deutlich unerfahrener Teamkollege aus den Niederlanden.

Lüthi, der einen Zweijahresvertrag unterschrieben hat, ist aber viel zu lange im Geschäft, um sich deswegen verrückt machen zu lassen. Vor allem, weil er auch weiss, dass ein Teamwechsel immer einige Herausforderungen mit sich bringt. Das ist auch jetzt bei Stop and Go Racing so. Gross sind die Hoffnungen, dass es bei den Spaniern gegenüber dem letzten Jahr – kein Podestplatz, 72 WM-Punkte und Rang 11 in der Gesamtwertung – substanziell besser wird. «Alle sind topmotiviert, fokussiert und hochprofessionell», sagt Lüthi, «wir müssen jetzt einfach noch etwas besser zusammenfinden.»

«Die Brechstange bringt in meinem Sport meistens nichts.»

Tom Lüthi

Für den Mann mit der Routine von 301 Grands Prix und 17 Siegen ist vor allem eines gefragt: Geduld. Es gilt abzuwägen, wie die langfristige Entwicklung gewährleistet wird. Lüthi hat diesbezüglich eine klare Strategie: «Wir müssen unseren Job machen, dürfen nicht nervös werden, wenn es nicht läuft wie gewünscht, und vor allem nicht versuchen, Arbeitsschritte zu überspringen.»

Schrittweise Annäherung an die Top 5

Dem gegenüber steht das Rennfahrerblut. Lüthi ist vom Naturell her ein ruhiger und entspannter Typ, auf dem Motorrad aber natürlich sehr ehrgeizig. Er weiss, dass er sich da selber überlisten muss: «Natürlich will ich möglichst schnell möglichst grosse Erfolge feiern. Jetzt muss ich mich aber zurückhalten und mir Zeit nehmen.» Denn eines hat er über all die Jahre im Business gelernt: «Die Brechstange bringt in meinem Sport meistens nichts.»

Mit jedem Rennen mehr, bei dem Erfolge ausbleiben, werden sich gehäuft Kritiker melden, welche Lüthi schon abgeschrieben haben, den 34-Jährigen bereits dem alten Eisen zuordnen. Er selber hat keine Bedenken: «Ich bin topfit.» Lüthi weiss aber: Die besten Argumente gegen kritische Voten sind Resultate. Wenn er von den Zielen spricht, blitzt die Angriffslust wieder durch: «Wir wollen Schritt für Schritt nehmen, aber sobald eine Chance da ist, zupacken. Zuerst geht es einmal darum, näher an die Top 5 und an die Podestplätze heranzurücken.» Dass dies an den kommenden beiden Wochenenden in Losail schwierig werden dürfte, ist noch kein Drama: Der WM-Kalender umfasst aktuell 19 Rennen.