Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Neue Corona-Massnahmen
Noch fordern erst die Bündner ein Zertifikat für Bus und Bahn

Zugfahren nur noch mit Covid-Zertifikat und dafür ohne Maske? Das schlägt der Kanton Graubünden vor.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Soll das 3G-Corona-Zertifikat (Geimpft, Genesen, Getestet) zum Pass für grosse Teile des öffentlichen Lebens werden? Der Bundesrat hat das letzten Mittwoch in Aussicht gestellt, etwa für Restaurants und Clubs, Zoos und Museen, Theater, Konzerte und Sportstadien. Kantone und Verbände sollten bis Montag Stellung nehmen. Nun sind deren Antworten da, und es zeichnet sich eine breite Zustimmung zu den Plänen der Regierung ab – trotz Protesten einzelner Branchen.

Eine Überraschung präsentiert der Kanton Graubünden. Dessen Regierung drängt auf eine noch viel umfassendere Zertifikatspflicht: eine «Ausdehnung auf alle weiteren möglichen Bereiche», wie den öffentlichen Verkehr, die Arbeitswelt und Einkaufsläden, in denen dann die Maskenpflicht aufgehoben werden könnte.

«Eine Ausdehnung der Zertifikatspflicht auf einzelne wenige Bereiche ist abzulehnen.»

Bündner Regierungsrat

«Alles oder nichts» ist die Bündner Strategie. «Eine Ausdehnung der Zertifikatspflicht auf einzelne wenige Bereiche ist abzulehnen», schreibt der Regierungsrat in seiner Erklärung. «Es kann nur eine umfassende Zertifikatspflicht oder eben gar keine Zertifikatspflicht in Betracht gezogen werden.»

Damit steht Graubünden allerdings ziemlich allein da. Zwar stimmen die anderen Kantone den Plänen des Bundesrats zu – auch eher konservative Regierungen in der Ost- und der Zentralschweiz. Aber sie fordern ein behutsameres Vorgehen. So betonen Luzern und Schwyz, dass diese Massnahmen nur denkbar seien, wenn eine Überlastung des Gesundheitssystems drohe. Ähnlich äussern sich auch Obwalden und die Ostschweizer Kantone Thurgau, St. Gallen und die beiden Appenzell. Auch der Kanton Zürich sieht den Schutz der Spitäler als wichtigstes Ziel.

«Wenn eine Überlastung des Spitalwesens droht»

Damit befinden sich diese Kantone im Einklang mit dem Bundesrat. «Die vorliegende Konsultation ist als vorsorglich zu verstehen», schrieb er an die Kantone. So könne die Regierung schnell handeln, wenn es die Situation erfordern sollte. Aber: «Der Bundesrat wird die konsultierten Massnahmen erst und nur dann in Kraft setzen, wenn eine Überlastung des Spitalwesens droht.»

Die Prüfung des Covid-Zertifikats wird wohl bald noch sehr viel häufiger notwendig sein als bisher – wie hier vor einem Clubbesuch in der Westschweiz.

Genau das verlangen die Westschweizer Kantone, die sich zwar für die Ausweitung der Zertifikatspflicht aussprechen, aber nur für den Fall, wenn es wegen der Hospitalisierungen keine Alternativen mehr gibt. «Die Alternative wäre ein erneuter Lockdown, und den wollen wir nicht», sagt der Neuenburger Staatsrat Laurent Kurth (SP). Die Westschweizer Kantone fügen eine weitere Bedingung hinzu: Die Massnahmen müssen schweizweit einheitlich sein, damit kein kantonaler Flickenteppich entsteht. Das fordern auch die Deutschschweizer Kantone: Alle wollen verhindern, dass etwa Restaurantbesucher auf einen Nachbarkanton ausweichen, weil dort in den Beizen keine Zertifikatspflicht gilt.

Der Bundesrat hat allerdings nicht deutlich gemacht, wann er eine «Überlastung des Spitalwesens» sieht. Insgesamt scheint sich die Zahl der täglich gemeldeten Hospitalisierungen zu stabilisieren. 54 sind es zurzeit im Durchschnitt. Ab 120 werde es kritisch, hatte der Bund vor einigen Wochen noch gesagt. Die Auslastung der Intensivstationen liegt in einzelnen Kantonen bei fast 100 Prozent, verschiedentlich mussten Patienten in andere Kantone verlegt werden. Die durchschnittliche Belegung von 75 Prozent gilt allerdings auch ohne Covid-19 als eine übliche Auslastung.

«Todesstoss» für die einen, sinnvoll für die anderen

Die Anwendung der Zertifikatspflicht am Arbeitsplatz lehnen die meisten Kantone ab. Damit kommen sie etwa dem Schweizer Gewerkschaftsbund und Travailsuisse entgegen, die gegen die Kontrolle im Betrieb sind. Das gilt auch für den Gewerbeverband. Hingegen befürworten die Gewerkschaft Unia und der Arbeitgeberverband diese Möglichkeit.

Ebenso gespalten ist die Reaktion in verschiedenen Branchen. Gastro Suisse, Vertreterin der Restaurantbesitzer, zeigt sich geradezu empört über die Vorhaben. Der Verband der Hoteliers hingegen befürwortet sie. Der Verband der Fitnesscenter spricht von einem «Todesstoss» für die Branche. Eine Arbeitsgemeinschaft von Grossveranstaltern, darunter etwa der Circus Knie, verschiedene Sportvereine und Open-Air-Festivals, begrüsst die Idee.

Westschweizer Kantone fordern den Bundesrat auf, präzise Aussagen zu möglichen Entschädigungen zu machen, sollte es Betriebe, Clubs oder sonstige Institutionen geben, deren Umsätze wegen der Zertifikatspflicht einbrechen.

Die Bündner Forderung nach einer Zertifikatspflicht für den ÖV taucht in der Romandie hingegen nirgends auf. Sie hätte auch auf den Tourismuskanton Wallis erhebliche Auswirkungen. Der dortige Gesundheitsdirektor Mathias Reynard (SP) ist überrascht. «Uns war nicht bekannt, dass der Kanton Graubünden die Zertifikatspflicht im ÖV fordert», sagt er. «Der Staatsrat hat darüber nie diskutiert und darum auch keine Position bezogen.»