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YB entlässt den Trainer
Wagner war für YB Verheissung und Wagnis zugleich

Nicht mehr YB-Trainer: David Wagner.
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Am frühen Montagnachmittag geht in Bern ein Experiment zu Ende: Um 13.57 Uhr orientieren die Young Boys über die Entlassung von David Wagner. Christoph Spycher muss sich zum ersten Mal als YB-Sportchef von einem Trainer trennen. Bis dahin durfte sich unter ihm zweimal ein Trainer für höhere Aufgaben empfehlen: Adi Hütter wechselte 2018 zu Eintracht Frankfurt, Gerardo Seoane drei Jahre später zu Bayer Leverkusen.

Und auf Seoane folgte bei YB eben er: David Wagner, Deutscher, ein Neuling in der Super League und so gesehen ein Experiment, jedoch kein Unbekannter in der Fussballwelt und so gesehen eine Attraktion. In England stieg er mit Huddersfield in die Premier League auf, in Deutschland blieb er mit Schalke einst während 18 Spielen ohne Sieg. Wagner vereinte Potenzial und Risiko, Wagner war für Spycher zugleich Verheissung und Wagnis.

Ein brillanter Start …

Der 50-jährige Wagner war in einem Sommer ohne viele Transfers der einzige Impuls, um dem Sättigungsgefühl in einer Mannschaft mit vier Meistertiteln in Folge entgegenzuwirken. Neun Monate später sagt Spycher: «Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir finden, dass wir einen neuen Impuls brauchen.»

Angefangen hat alles ganz gut, Wagner konnte sofort Erfolge feiern. Als erster Trainer im Schweizer Fussball überstand er gleich drei Qualifikationsrunden für die Champions League, in der Königsklasse starteten die Young Boys mit einem kleinen Wunder von Bern – einem 2:1-Sieg über Manchester United.

Ein Bild aus besseren Tagen: Im ersten Champions-League-Spiel gelang YB gegen Manchester United ein Sensationssieg.

Von diesen Momenten hat Wagner gezehrt, sie haben ihn durch einen Herbst mit ersten Schwierigkeiten getragen. Unlängst noch sagte er: «Ich als Trainer übernehme die volle Verantwortung. Für die jetzige Situation wie auch für die Resultate in der Champions League.» Rückblickend indes verfestigt sich der Eindruck, dass viel von dieser Energie ein Überbleibsel der Dynamik war, mit der YB in der vergangenen Saison die Konkurrenz überfahren und um 31 Punkte distanziert hatte.

Denn es zeigte sich, dass die Entwicklung unter dem Deutschen in vielen Belangen ausblieb. YB mangelte es zunehmend an Abgeklärtheit und Effizienz, in einer Vorrunde mit starker Belastung, vielen Absenzen und 33 Spielen auch an Frische. Die Leistungskurve zeigte immer mehr nach unten, nach dem Aus im Cup Ende Oktober beim FC Lugano blieb YB unter Wagner wochenlang ohne Sieg, schied später auch in der Champions League aus und verpasste die ersten beiden Saisonziele: Cupfinal und Überwintern im Europacup. «Wir vermögen Leistung und Resultat in der Analyse zu trennen», sagte Sportchef Spycher damals wie heute.

Dennoch gibt es Stimmen, die sagen, dass man beim Meister schon zu der Zeit über eine Entlassung von Wagner nachgedacht habe – bis dieser die Hinrunde mit einem überzeugenden 5:0 bei Verfolger Lugano beendete.

Im Winter tat sich auf dem Transfermarkt mehr als erwartet, YB verlor wichtige Spieler wie Michel Aebischer,  oder Silvan Hefti, in Jean-Pierre Nsame einen Hoffnungsträger, in Christopher Martins eine physische Stütze. Das Konstrukt begann noch stärker zu wackeln, Problem war nicht mehr die Effizienz, sondern ganz allgemein die Kreation im spielerischen Bereich. Allzu oft gaben die Berner in den letzten Wochen einen Vorsprung her, der Rückstand auf den FCZ wuchs innert zwei Monaten von acht auf kaum mehr einholbare 15 Punkte. «In der Rückrunde waren wir spielerisch nicht mehr auf dem Level, wie wir uns das vorgestellt hatten», sagt Spycher.

… endet in einem rasanten Abstieg

YB, der einstige Dominator, der Überflieger aus der Vorsaison, spielte plötzlich nur noch wie ein Durchschnittsteam. Im Vergleich zum designierten Champion FCZ wurde aus 41 Punkten Vorsprung im Sommer 2021 innert acht Monaten ein Rückstand von 15 Punkten. Ein sportlich rasanter Abstieg.

Dabei zeichnete sich noch im Januar ein Dreikampf um den Titel ab, mit einem YB, das dabei mehr als ein Wörtchen mitzureden imstande ist. Bei den Young Boys strotzten sie vor Zuversicht, David Wagner kündigte einen Angriff «mit voller Kapelle» an, Mittelfeldspieler Sandro Lauper rechnete vor, dass es bei acht Punkten Rückstand und zwei verbleibenden Direktbegegnungen mit dem FCZ im Prinzip nur noch zwei Zähler seien, die es aufzuholen gelte. Das beispiellose Verletzungspech aus der Hinrunde schien überstanden, dazu standen noch 18 statt 33 Spiele auf dem Programm.

Zum Verhängnis wurden Wagner dann die jüngsten Auftritte. Anfang Februar führte seine Mannschaft dank ungewohnter Abgeklärtheit beim FC St. Gallen nach einer Stunde 3:0 – und spielte noch 3:3. Sie kassierte ein spätes Gegentor bei GC, sie gab zuletzt auch in einem Heimspiel eine frühe 2:0-Führung gegen Luzern her. Die Gewissheit aus vier Meistersaisons, dass es immer irgendwie für YB läuft, der Nimbus der Nimmersatten, diese Selbstverständlichkeit des Seriensiegers – all das war innert wenigen Monaten verschwunden.

Das stellten auch die Spieler fest. Christian Fassnacht sagte nach dem Spiel gegen Luzern: «Wir haben unsere Prinzipien verloren, das ist nicht mehr die gleiche Mentalität.» Und das musste auch Wagner selbst einsehen, der noch nach der 0:1-Niederlage in Genf sagte: «Leider sind die Resultate und die Leistungen in der Meisterschaft nicht so ausgefallen, dass wir unsere Ansprüche erfüllt hätten.»

Wie schlägt sich Vanetta?

Bei Wagner hatte man stets den Eindruck, dass er sich vollends bewusst war, den Ansprüchen hinterherzuhinken. Aus seiner Zeit auf Schalke schien er überhaupt andere Gegenwindstärken gewohnt zu sein, als er sie in Bern erlebte. Kam er anfangs neben den anderen, so zurückhaltend votierenden YB-Exponenten bisweilen fast unverblümt daher, rutschte er zuletzt fast stoisch in die Krise.

Am Ende des Engagements von David Wagner in Bern steht ein Gespräch zwischen Trainer und Sportchef am vergangenen Sonntagmorgen, dem Tag nach dem 2:2 im Heimspiel gegen Luzern. Beide seien sie zur Übereinkunft gekommen, dass es besser sei, der Mannschaft einen neuen Übungsleiter vorzusetzen, so erzählt es Spycher.

Vorläufig der neue Chef an der Seitenlinie bei YB: Matteo Vanetta, seit 2018 Assistenztrainer in Bern.

Interimistisch wird bis zum Saisonende Matteo Vanetta übernehmen. Der 43-jährige Tessiner kam im Jahr 2017 als Defensivtrainer zum YB-Nachwuchs, seit Sommer 2018 ist er Assistent bei der ersten Mannschaft. Vanetta war als Fussballer Verteidiger, arbeitete danach beim nationalen Verband, dem Nachwuchs von Servette und dem Team Ticino. Mit Vanetta dürfte auch die Kommunikation mit den 17 frankofonen Spielern wieder einfacher werden. Während Wagner kein Wort Französisch sprach, ist es für Vanetta die zweite Muttersprache. Auch diesbezüglich stand das Engagement von Wagner unter einem schlechten Stern.

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