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Neuer Wirtschaftsminister
Ist er der Retter Argentiniens oder ein Gauner?

FILE - Then Finance Minister Luis Caputo attends a news conference at the Casa Rosada presidential palace, in Buenos Aires, Argentina, Dec. 30, 2016. Argentina's President-elect Javier Milei announced Wednesday, Nov. 29, 2023, that he has chosen Caputo as his economy minister. (AP Photo/Victor R. Caivano, File)
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Vielleicht muss man Luis Caputo erst einmal Respekt zollen. Der ehemalige Banker ist der neue Wirtschaftsminister von Argentinien, einem Land, das sich in einer allumfassenden ökonomischen Krise befindet: Die Inflation ist dreistellig, die Reserven der Zentralbank sind leer geräumt. Die Landeswährung Peso ist kaum noch das Papier wert, auf dem es gedruckt ist, und fast die Hälfte der Menschen in dem einst einmal so wohlhabenden südamerikanischen Land leben unter der Armutsgrenze. Der am Sonntag vereidigte Präsident Javier Milei will daher den US-Dollar als offizielle Währung einführen.

Kapitalflucht im ganz grossen Stil

Kurz: Es gibt viel zu tun für Luis Caputo (58), und glaubt man seinen Befürwortern, ist er genau der richtige Mann dafür. Er sei der «beste Trader Argentiniens», eine Koryphäe, ein «Messi der Finanzen». Allerdings ist da auch noch die andere Seite: Caputo, sagen Kritiker, sei kein Genie, sondern ein Geschäftemacher, verstrickt in Investmentfonds in Steueroasen und beteiligt an der Veruntreuung öffentlicher Gelder sowie Kapitalflucht im ganz grossen Stil. Caputo sei nicht der Retter in der Not, sondern ein Mitschuldiger an der katastrophalen Lage des Landes.

Supporters of Argentina's President-elect Javier Milei display placards with an image of the future president as they gather outside the Congress before his inauguration ceremony, in Buenos Aires on December 10, 2023. Javier Milei will on Sunday be sworn in as Argentina's president, as the country steels itself for harsh spending cuts and economic reforms aimed at curbing rampant inflation. (Photo by Luis ROBAYO / AFP)

Luis, Spitzname «Toto», Caputo hat Wirtschaftswissenschaften an der Universität von Buenos Aires studiert. Lange arbeitete er für die US-Grossbank JP Morgan, danach war er für die Deutsche Bank tätig, deren Vorsitzender in Argentinien er bis 2008 war. Sein Wechsel in die Politik begann 2015 mit der Präsidentschaft von Mauricio Macri: Unter dem wirtschaftsliberalen Staatschef wurde Caputo erst Staatssekretär im Finanzministerium, dann selbst Minister, und am Schluss bekleidete er noch das Amt des Präsidenten der Zentralbank.

Verfahren wegen Betrugs

Caputo half massgeblich dabei, einen seit Jahren schwelenden Schuldenstreit mit internationalen Gläubigern beizulegen und das Land wieder für die Kapitalmärkte zu öffnen. Das dafür nötige Geld stammte allerdings abermals aus Auslandsschulden. 2018 war Caputo dann auch daran beteiligt, dass Argentinien vom Internationalen Währungsfonds (IWF) einen Kredit über gigantische 57 Milliarden US-Dollar erhielt: mehr Geld, als je zuvor ein Land vom IWF bekommen hatte – und auch damals schon ein höchst umstrittenes Darlehen. Seit 2021 läuft ein Verfahren gegen Caputo und andere Mitglieder der damaligen Regierung, unter anderem wegen Betrugs durch Missmanagement.

Kritiker sind darum entsetzt, dass ausgerechnet er den Posten des Wirtschaftsministers bekommen hat. Und sogar Anhänger des neuen Präsidenten Milei sind wütend: Der hatte im Wahlkampf lautstark gegen die politische Elite in Argentinien gewettert, die er nur la casta nennt, die Kaste. Davon ist nun aber keine Rede mehr: Um sich Stimmen aus dem bürgerlichen Lager zu sichern, verbündete sich Milei, Eigenbezeichnung «Anarchokapitalist», vor den Stichwahlen ausgerechnet mit Ex-Präsident Macri.

Der Architekt des Wahlsiegs

Zustande kam dieser Kontakt wohl über Santiago Caputo, einen 38-jährigen Politikstrategen, den Javier Milei «Architekt meines Sieges» nennt. Davon abgesehen ist Santiago Caputo aber eben auch der Cousin des neuen Ministers, ebenso wie die beiden auch verwandt sind mit Nicolás Caputo, einem Baulöwen, den Ex-Präsident Mauricio Macri seinen «Seelenfreund» nennt. Gemeinsam haben sie das Colegio Cardenal Newman besucht, eine exklusive Privatschule, katholisch und englischsprachig, gelegen in einem der reichsten Vororte von Buenos Aires.

«Ein anderes Argentinien ist unmöglich mit den Gleichen wie immer», hatte der neue Präsident im Wahlkampf gern in die Menge gebrüllt. Das scheint vergessen zu sein: Auch in der neuen Regierung ist das Personal altbekannt. Das Einzige, was sich ändert in Argentinien, sind darum die Probleme: Jeden Tag werden sie ein bisschen grösser.