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Unerwartete Unstimmigkeiten mit den USA
Netanyahus Freund Trump zögert

Will die Gespräche mit Trumps Nahost-Team «in den nächsten Tagen fortsetzen»: Israels Premierminister Benjamin Netanyahu.
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Benjamin Netanyahus Vertrauter Ofir Akunis, der Minister für regionale Zusammenarbeit in Israel, sprach es als Erster offen aus: Es gebe Unstimmigkeiten mit der US-Regierung. Deshalb konnte Netanyahu seine Zusage, am 1. Juli mit der Annexion von Teilen des Westjordanlandes zu beginnen, nicht einhalten. «Von mir aus hätte es heute passieren können, aber es fehlte die volle Zustimmung der US-Regierung», sagte der Minister in einem Gespräch mit Israels Armeeradio am Mittwoch. Es werde «noch im Juli passieren, aber nicht vor einer Erklärung des US-Präsidenten Donald Trump».

Treffen mit dem US-Botschafter

Am Vorabend hatte sich Netanyahu in Jerusalem mit dem US-Nahostgesandten Avi Berkowitz und US-Botschafter David Friedman getroffen. Danach sagte Netanyahu, die Gespräche würden «in den nächsten Tagen fortgesetzt». Damit war klar, dass er den von ihm genannten Stichtag für die Umsetzung seiner Pläne, die auf Trumps Nahostvision gründen, nicht einhält.

Es war nicht das erste Gespräch, das Netanyahu mit Mitgliedern von Trumps Nahost-Team, zu dem auch sein Schwiegersohn Jared Kushner gehört, in den vergangenen Wochen geführt hat. Seit der Präsentation des Nahostplans durch Trump Ende Januar gibt es Differenzen – vor allem über den Zeitplan. Noch in Washington hatte Netanyahu angekündigt, er wolle jenen Teil des Plans, der die Annexion von rund 30 Prozent des Westjordanlandes vorsieht, sofort umsetzen. Sogar ein Termin für einen Kabinettsbeschluss war angesetzt.

Kushner fordert via Interview mehr Geduld

Da richtete Kushner Netanyahu in Interviews öffentlich aus, dass er sich gedulden sollte. Während die USA auf die Bremse stiegen, trieb Netanyahu das Projekt weiter voran. Netanyahu schrieb selbst in den Koalitionsvertrag mit seinem nunmehrigen Partner Benny Gantz, dass er von 1. Juli an die Schritte dazu einleiten könne. Bei öffentlichen Auftritten sprach er stets vom 1. Juli als jenem Tag, an dem er sich an die Umsetzung machen würde.

Aber je näher das Datum rückte, desto grösser wurde der Widerstand – von verschiedenen Seiten. Jordanien und die Golfstaaten, mit denen Israel eine Normalisierung der Beziehungen angestrebt hatte, warnten vor einseitigen Schritten. Renommierte Militär- und Sicherheitsexperten befürchteten eine Destabilisierung.

Boris Johnson meldet sich in israelischer Zeitung

Einzelne EU-Staaten drohten mit Sanktionen. Der britische Premierminister Boris Johnson, der Netanyahu durchaus nahesteht, wandte sich am Mittwoch in einem Gastkommentar in der Zeitung «Jedioth Ahronoth» an seinen israelischen Amtskollegen mit dem Appell, nicht zu annektieren, sondern zu verhandeln.

Gastkommentar in der Zeitung «Jedioth Ahronoth»: Der britische Premierminister Boris Johnson, der Netanyahu durchaus nahesteht, wandte sich am Mittwoch an die Israelis.

Ausserdem zeigten Umfragen, dass die Unterstützung in der israelischen Bevölkerung zurückgeht. Ein Teil der Siedler trug das Projekt gar nicht mit, weil Trumps Plan auch einen palästinensischen Staat vorsieht – in dem 15 Siedlungen als Enklaven bleiben sollten.

Auch die Siedler sind nicht zufrieden

Zumindest auf die Kritik der Siedler ging Netanyahu ein, der laut einem Bericht des öffentlichen Senders Kan am Dienstagabend den amerikanischen Gesprächspartnern eine neue Landkarte unterbreitete. Sie zeigte mehr Land und breitere Korridore für die isolierten Siedlungen. Als Ausgleich sollten die Palästinenser Flächen in der judäischen Wüste bekommen.

Auch innerhalb der israelischen Regierung gibt es Unstimmigkeiten. Koalitionspartner Benny Gantz, der auch Verteidigungsminister ist, kommt bei der Umsetzung eine Schlüsselrolle zu. Für ihn hat nicht dieses Thema Priorität, sondern die Bekämpfung des Coronavirus. Die US-Regierung hat jedoch Einmütigkeit der israelischen Spitzenpolitiker zur Voraussetzung für ihre Unterstützung gemacht.

Im Gegensatz zu Netanyahu reagierte Gantz damit auf das Angebot der palästinensischen Führung, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Zuletzt hatte es 2014 direkte Gespräche gegeben. So blieb es im Westjordanland am 1. Juli ruhig, während sich im Gazastreifen – von der dort regierenden Hamas animiert – Tausende Palästinenser zu einem «Tag des Zorns» zusammenfanden.